So "rappelvoll" wird die 75. Frankfurter Buchmesse
Viele bekannte Autoren stellen ihre Neuerscheinungen vor. Zu dieser Ausgabe werden mehr Besucher als vor der Pandemie erwartet.

Von Heribert Vogt
Frankfurt. Mitten hinein in die turbulente Gegenwart mit ihren Kriegen und Krisen führt die 75. Frankfurter Buchmesse nach dem Zweiten Weltkrieg. Gleichwohl will die weltgrößte Bücherschau auch in ihrem Jubiläumsjahr vom 18. bis 22. Oktober ein Hotspot sein für super Storys und demokratische Debatten. Und das unternimmt die Messe mit Schwung: Die kommende Ausgabe werde "rappelvoll", prophezeite Buchmessen-Direktor Juergen Boos.
Demnach liegen die Ticketverkäufe 50 bis 60 Prozent über dem Vorjahr und sind sogar höher als vor der Pandemie. 2019 kamen mehr als 300.000 Besucher, 2022 nur 180.000. Auch die Zahl der Aussteller – im vergangenen Jahr waren es rund 4000 aus knapp hundert Ländern – hat um zehn Prozent zugelegt. Besonders stark gewachsen ist das Agentenzentrum, wo die internationalen Rechte gehandelt werden. "Die Branche braucht die Buchmesse als Kraftquelle und Inspiration", so Boos. Die internationalen Gäste seien zurück, Indien und China "so stark wie noch nie" vertreten. Russland jedoch habe, anders als die Ukraine, wiederum keinen Nationalstand.
Gastland Slowenien
Eröffnet wird die Buchmesse mit dem Gastland Slowenien am 17. Oktober von Bundeskanzler Olaf Scholz und der slowenischen Staatspräsidentin Nataša Pirc Musar. Schon am Tag zuvor wird der Deutsche Buchpreis verliehen. Und am Schlusstag der Messe (22. Oktober) erhält der weltberühmte indisch-britische Schriftsteller Salman Rushdie den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
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Konflikte, Kriege, Krisen – auf dem globalen Marktplatz der Kultur setzen sich in Frankfurt viele Akteure mit der derzeitigen Zerrissenheit der Gesellschaft auseinander. Auf der Literaturbühne, die von ARD, ZDF und 3sat bespielt wird, moderiert erneut die Schriftstellerin und Journalistin Jagoda Marinic´ – jetzt auch Leiterin des Internationalen Literaturfestivals Heidelberg – täglich um 15 Uhr die Veranstaltung "Sheroes – Streiterinnen für die Zukunft". Dort spricht Marinic´ mit engagierten Frauen, etwa der Klima-Aktivistin und Gründerin der Letzten Generation Lea Bonasera, der ehemaligen Femen-Aktivistin Zana Ramadani oder der Expertin für Künstliche Intelligenz Mina Saidze.
Am Messe-Mittwoch präsentiert der Münchner Wissenschaftler Thomas Meyer auf der Literaturbühne seine Biografie (Piper Verlag) über die jüdische Kult-Philosophin Hannah Arendt (1906-1975), die 1928 in Heidelberg bei Karl Jaspers promovierte. Und der Schriftsteller Frank Witzel, Heidelberger Poetikdozent des Jahres 2017, tritt mit seinem Geschichtenband "Die fernen Orte des Versagens" auf (Matthes & Seitz Verlag).
Über ihr aktuelles Buch "Judenfetisch" (Luchterhand Literaturverlag) spricht die jüdische Autorin Deborah Feldman am Samstag. Den Schlusspunkt im Mammutprogramm auf der Literaturbühne setzt die in Heidelberg geborene Weltmeisterin und Olympiasiegerin im Weitsprung Malaika Mihambo. Sie präsentiert am Sonntag ihr frisch erschienenes Buch "Spring dich frei. Aus dem Leben einer Spitzensportlerin. Mein Weg zu Achtsamkeit und innerer Stärke" (Edition Michael Fischer).
Meistererzähler und "Meisterwärke"
Hintergrund
Heidelberger Verlage in Frankfurt
Der Wissenschaftsverlag Springer Naturebefindet sich in Halle 4.0, Stand D 16. Eine besondere Rolle spielt dort die Künstliche Intelligenz. Am Freitagmittag beginnen die Autorenveranstaltungen mit einer
Heidelberger Verlage in Frankfurt
Der Wissenschaftsverlag Springer Naturebefindet sich in Halle 4.0, Stand D 16. Eine besondere Rolle spielt dort die Künstliche Intelligenz. Am Freitagmittag beginnen die Autorenveranstaltungen mit einer gesellschaftspolitischen, englischsprachigen Podiumsrunde, bei der junge Chinesen im Mittelpunkt stehen. Am Wochenende treten Autoren und Autorinnen aus dem Sachbuchprogramm bei einem einstündigen Event am Stand auf.
Der Universitätsverlag Winter ist in Halle 3.1, Stand B 140, präsent. Gezeigt werden etwa die Titel von Heike Hawicks und Harald Berger ("Marsilius von Inghen und die Niederrheinlande. Zum 625. Todestag des Gründungsrektors der Heidelberger Universität") sowie von Christoph Roth ("Ein ‚Meister der Druckkunst‘ in Heidelberg. Das Heidelberger Publikationsprogramm des Inkunabeldruckers Heinrich Knoblochtzer"). Eckhard Meinekes "Studien zum genderneutralen Maskulinum" stehen ebenfalls zum Hineineinlesen bereit.
Der Verlag Das Wunderhorn ist in Halle 3.1., Stand A 139, anzutreffen. Geboten werden dort Tamara Štajners Debütroman "Raupenfell" oder Arne Rautenbergs Gedichtband "sekundenfrühling". Hinzu kommt von Günter Kämpf und Vilma Link-Kämpf der Titel "Peter Kurzeck in Uzès", ein Autorenporträt und Reiseführer. Federico García Lorcas Flamenco-Manifest "Spiel und Theorie des Duende" wurde von Sabine Giersberg übersetzt. Ghayath Almadhoun und Sylvia Geist sind die Herausgeber des Buchs "Das arabische Europa", einer zweisprachigen Anthologie mit Gedichten von Autorinnen und Autoren, die in Europa lebend Arabisch schreiben.
Der Morio Verlag ist dem Mitteldeutschen Verlag angegliedert und in Halle 3.1, Stand A 146, zu finden. Zu den Neuerscheinungen zählt Gertraude Clemenz-Kirschs Titel "Die Picasso-Bande der Pariser Avantgarde. Guillaume Apollinaire, Max Jacob und Jean Cocteau". Herausgeber Hannes Hübner steuert den Band "Es war einmal … Die gestickte Märchenwelt von Gertrud Hübner-Nauhaus" bei. Und von Andreas Kühne sowie Christoph Sorger stammt das Buch "Strandgut am Acheron. Mythen, Träume und Fragmente", eine Anthologie mit Erzählungen und Gedichten.
Bereits am Vortag äußert sich der eng mit Heidelberg verbundene syrisch-deutsche "Meistererzähler" Rafik Schami am Stand der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu seinem jüngsten Roman "Wenn du erzählst, erblüht die Wüste" aus dem Hanser Verlag. Die Geburtstage zweier Großer werfen ebenfalls ihre Schatten voraus: Johann Wolfgang von Goethe hätte am 28. August 2024 seinen 275. Geburtstag.
Zu diesem Anlass hat der Beck Verlag die Hamburger, von Erich Trunz herausgegebene Goethe-Ausgabe mit 14 Leinenbänden im Schmuckschuber neu aufgelegt. Und im Vorgriff auf den 250. Geburtstag des Malers Caspar David Friedrich am 5. September 2024 spricht Bestsellerautor Florian Illies über sein neues Buch "Zauber der Stille. Caspar David Friedrichs Reise durch die Zeiten" (S. Fischer).
Komikerlegende Otto Waalkes befasst sich ebenfalls mit dem Schönen und Edlen, aber auch Lustigen: Er legt die Neuerscheinung "Ganz große Kunst. 75 Meisterwärke" im Heyne Verlag vor – und da dürfen auch die Ottifanten nicht fehlen.
Lesestoff für Groß und Klein
Zahlreiche weitere Prominente sind auf der Buchmesse mit ihren Novitäten vertreten, wie etwa die Schriftsteller Daniel Kehlmann ("Lichtspiel"), Monika Maron ("Das Haus"), Uwe Timm ("Alle meine Geister"), Elke Heidenreich ("Frau Dr. Moormann & ich"), Navid Kermani ("Das Alphabet bis S"), Ilija Trojanow ("Tausend und ein Morgen"), Terézia Mora ("Muna oder Die Hälfte des Lebens"), Sebastian Fitzek ("Elternabend") oder Michel Friedman ("Schlaraffenland abgebrannt").
Hinzu kommen die Theologin Margot Käßmann ("Kostbare Zeit. Das Buch für Großeltern"), der Historiker Christopher Clark ("Frühling der Revolution"), der Förster Peter Wohlleben ("Unser wildes Erbe. Wie Instinkte uns steuern und was das für unsere Zukunft bedeutet"), der Modedesigner Guido Maria Kretschmer ("19521 Schritte. Vom Glück der unerwarteten Begegnung") und der frühere Chefredakteur Kai Diekmann ("Ich war Bild").
Auch der Kinder- und Jugendbuchbereich ist auf der Buchmesse stark vertreten, etwa beim "Frankfurt Kids Festival" auf dem Messegelände und in der ganzen Stadt. So kehrt Erfolgsautorin Cornelia Funke nach über 15 Jahren mit "Die Farbe der Rache" in die Tintenwelt zurück. Und zu Otfried Preußlers 100. Geburtstag kommen Filmregisseur Thomas von Steinaecker und Biograf Tilman Spreckelse. Schließlich würdigt der in Heidelberg geborene Schauspieler Rufus Beck das 25-jährige Jubiläum von Joanne K. Rowlings Megaseller "Harry Potter" in Deutschland.
Info: Zur Buchmesse bietet die Stadtbücherei Heidelberg am 19. Oktober, 19 Uhr, im Literaturcafé bei Häppchen eine "Gebrauchsanweisung für Slowenien". Lisa Förster und Jonah Moritz Quast vom Theater Heidelberg lesen und reisen mit Texten des Autors Aleš Šteger in das Gastland der Messe. Auch werden slowenische Autoren und Autorinnen vorgestellt. Tickets gibt es für 12/8 Euro.