Warum Sie den Polizeiruf-Abgang von Raczek sehen sollten
Raczek und Ross ermitteln ein letztes Mal zusammen im Polizeiruf aus Frankfurt/Oder. Dabei tun sich "Abgründe" auf.

Von Katharina Schröder
Frankfurt/Oder. Diesmal wird es duster und das in vielerlei Hinsicht. Das wird schon in den ersten Sekunden des neuen Polizeirufs aus Frankfurt/Oder "Abgrund" klar. So viel vorweg: Es ist der letzte mit Hauptkommissar Adam Raczek (Lucas Gregorowicz). Erst in der vorangegangenen Folge hatte er mit Vincent Ross (André Kaczmarczyk) einen neuen Kollegen zur Seite gestellt bekommen.
Was ist passiert? Die polnische Geologin Magdalena Nowak liegt tot im Wald, am Rande eines ehemaligen Braunkohlegebiets beim Dorf Fehlow. Sie wurde erstickt mit einer Plastiktüte. Sie arbeitete an einem Bodengutachten im Rahmen der Rekultivierung des ehemaligen Abbaugebiets. Musste sie wegen des Gutachtens sterben? Als eine weitere Leiche auftaucht, werfen die Ermittler einen genaueren Blick in die Vergangenheit Fehlows. Und entdecken zahlreiche Geheimnisse, die in der Dorfgemeinschaft gehütet werden.
Worum geht es wirklich? Um persönliche Krisen, Traumata und die Auseinandersetzung damit. Manchmal stürzen Menschen in ein Loch und kommen nicht mehr hinaus.
Wie schlagen sich die Ermittler? Es geht. "Zusammenarbeit kommt von zusammen arbeiten", sagt Ross angesäuert zu Raczek. In diesem Polizeiruf ermitteln die beiden streckenweise recht abgekapselt voneinander. Raczek steht persönlich am Abgrund. Er ist vom Job desillusioniert und deprimiert. Die Tablettenabhängigkeit, die er inzwischen entwickelt hat, um sich vermeintlich am Laufen zu halten, droht zu eskalieren, als die beiden in dem Dorf unterkommen und er keinen Zugang mehr zu seinen Medikamenten hat.
Ross merkt das und spricht den Hauptkommissar unverblümt auf dessen Depressionen an. Davon will Raczek, der seine Probleme mit sich selbst ausmacht, aber gar nichts hören. Er wendet sich lieber Eva Wozniak zu, die in der Dorf-Gaststätte arbeitet, in der die Ermittler unterkommen. Hofft auf ein neues Leben, eine neue Liebe. Ross rüttelt einmal mehr an klassischen Rollenbildern. Und er tut es schon wieder: Er schminkt sich, trägt rosa und Kunstpelz.
Was ist die Stärke dieser Polizeiruf-Folge? Alles spielt im Mikrokosmos eines Dorfes. Diesem Polizeiruf gelingt eine starke Nähe zu den Einwohnern, ihren Biografien und Schicksalen. In gewisser Weise spiegeln die Dorfbewohner die vom Bergbau zerklüftete Landschaft wider.
Was sind die Schwächen? Es sind wirklich zu viele zu tragische Dramen, die sich abspielen und auch zu viele Leichen. Schade ist, dass es das Team Raczek und Ross nicht mehr gibt. Die beiden verkörpern verschiedene Bilder von Männlichkeit und personifizieren einen Generationenkonflikt. Das Team hatte Potenzial, statt aber aufzuzeigen, wie gut sie sich mit ihren unterschiedlichen Einstellungen ergänzen und vom Generationendialog profitieren, steht Ross nun erst einmal alleine da.
Und sonst? Schauspieler Lucas Gregorowicz verlässt den Polizeiruf auf eigenen Wunsch. Zum ersten Mal spielte er Raczek 2015.
Was kann man von diesem Polizeiruf fürs Leben lernen? Wer im Dorf etwas herausfinden will, muss in die Kirche und in die Kneipe.
Sonntag, 20.15 Uhr, lohnt es sich einzuschalten? Ja. Diesen Abgang von Raczek sollte man gesehen haben.