Marc Rebillet in Mannheim

Keiner rülpst wie Mister Sex-Appeal

Internet-Sensation Marc Rebillet elektrisierte beim Zeltfestival als hedonistischer Alleinunterhalter.

23.06.2022 UPDATE: 24.06.2022 06:00 Uhr 1 Minute, 41 Sekunden
Marc Rebillet. Foto: Delta Konzerte

Von Marco Partner

Mannheim. Ja, den Bademantel trägt er – und legt ihn irgendwann ab, um nur noch in engen Boxershorts weiterzufeiern. Marc Rebillet gilt als Youtube-Phänomen – bekannt wurde der 33-Jährige durch die Musikvideos, die er in seiner New Yorker Bude dreht. Leger gekleidet in Schlafrock oder Unterhosen kreiert der "Loop Daddy" dort Electro-Beats, spielt irre Keyboardmelodien und überrascht mit seiner souligen Stimme. Vor allem in Lockdown-Zeiten schnellten die Klickzahlen des verrückten Alleinunterhalters nach oben. Doch kann diese Art der Unterhaltung auch live gelingen? Ja, darf man nach dem Auftritt beim Mannheimer Zeltfestival sagen, obwohl Marc Rebillets One-Man-Show auf Kosten der Musik geht.

Schon beim Gang über das Maimarktgelände sieht man: Dieses Konzert wird etwas Besonderes. Junge Männer schlappen in bunten Bademänteln über die Festival-Zone, manche der Morgenmantelträger sehen ihrem Idol sogar zum Verwechseln ähnlich. Runde Hornbrille, kleiner Schnäuzer, halblanges, leicht lockiges Haar. Nur einen ganz so durchtrainierten Körper wie der Improvisationskünstler haben die Doppelgänger dann doch nicht.

Der 33-Jährige schlägt zur Begrüßung gleich mal ein Rad, liefert technoide Rhythmen – und erklärt den Konzertabend zum "Special Day". Schließlich ist jeder genau da, wo er sein will: bei ihm, Marc Rebillet himself, Mister Sex-Appeal. Wie ein Wrestler stolziert er in seinem Nylonumhang über die Bühne. Benutzt humorvoll Kraftausdrücke, flippt aus – und wirkt dabei sehr amerikanisch. Die Musik, die er mit Keyboard, Drum-Synthesizer und Loop-Station wie aus dem Nichts entstehen lässt, bildet im Grunde nur den Rahmen. Im Vordergrund steht das fleischgewordene Energiebündel, das singt, brüllt, auch mal ins Mikro rülpst (um das Geräusch prompt in einen Beat zu verwandeln) und schon nach einer Viertelstunde das tut, worauf alle – weibliche wie männliche Fans – gewartet haben: sich den Morgenmantel vom Leib reißen und nur in Unterhose dastehen.

Das ist unterhaltsame, softe Peep-Show. Aber auch viel Merchandise. Die Marc-Rebillet-Underwear kann man wie die Designer-Bademäntel kaufen. Loop Daddy ist inzwischen ein Produkt, seine Clips werden millionenfach angeklickt. Dabei bedient der Klangarrangeur rein musikalisch betrachtet eher eine Subkultur. Ähnlich gute Singer-Synthesizer-Talente sorgen lediglich in den Subway-Stationen Manhattans für Menschentrauben.

Aber Rebillet ist eben ein Kind des Internets – und weiß das zu nutzen. Durch seine mutig-skurrilen Heimauftritte ist er zur Marke geworden, und sein intimes Heim-Outfit zum Markenzeichen, mit dem sich die Fans identifizieren. Das gelingt auch live, wenn er eine Handvoll Anhänger zum Tanzen auf die Bühne bittet. Oder unangekündigt mit einer wild schäumenden Champagnerflasche ins Publikum springt. Nach zwei Jahren Pandemie wirkt der fast nackte Mann wie ein Kompass aus der Trägheit. Steht er doch für hemmungslosen Hedonismus – und eine einfache Botschaft: Sei du selbst und feiere das Leben – ob zu Hause in Unterhosen, oder auf dem Zeltfestival.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.