Wilhelm-Hack-Museum Ludwigshafen

Als aus dem Kotzen "Vegetation" wurde

Werke von Max Ernst ausgestellt - Paradebeispiel des deutschen Expressionismus

22.05.2018 UPDATE: 23.05.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 40 Sekunden

Geprägt von Blau- und Grüntönen: Max Ernsts Gemälde "Natur im Morgenlicht" entstand 1936 (Öl auf Leinwand, 25 x 35 cm). Es wurde vom Frankfurter Städel-Museum für die Ludwigshafener Ausstellung ausgeliehen. Foto: VG Bild- Kunst, Bonn / Städel / Hack-Museum

Von Milan Chlumsky

Ludwigshafen. Max Ernst studierte zwischen 1910 und 1914 an der Bonner Universität Kunstgeschichte. Zu dieser Zeit begann er auch zu malen. Er hatte das Glück, sich schon 1911 mit August Macke anzufreunden, der ihn bald darauf mit Guillaume Apollinaire und Robert Delaunay in Paris bekannt machte. Die beiden folgten Mackes freundlicher Einladung und besuchten ihn in Bonn.

Max Ernst wurde daraufhin von Mackes Freundeskreis unterstützt. Er durfte sich mit zwei Bildern am Ersten Deutschen Herbstsalon in der renommierten Galerie "Der Sturm" von Herwarth Warden in Berlin beteiligen. Ein Jahr später lernte er auch Hans Arp kennen und konnte wiederum zwei Jahre später nochmals in der "Sturm"-Galerie ausstellen.

Inzwischen war der Erste Weltkrieg ausgebrochen: "Kotzen hilft nichts. Ein Versuch, sich im Kontemplativen zu verkapseln, hat wenig Erfolg. Ein paar Aquarelle kommen heraus. (...) Genügt nicht. Also nur abwarten (durchhalten)", schrieb Max Ernst.

In der Sammlung des Wilhelm-Hack-Museums finden sich mehrere Bilder von ihm, darunter die "Vegetation". Sie unterscheidet sich radikal von allen seinen vorherigen Arbeiten. Hier finden sich zum ersten Mal drei Symbole, die in den folgenden Schaffensperioden immer bedeutungsvoller werden: Wald, Vogel und Schmetterling. Sie beziehen sich einerseits auf seine Kindheitsgeschichte, andererseits auf Kriegsereignisse, die Max Ernst - im Gegensatz zu George Grosz oder Otto Dix - nicht direkt thematisiert hat.

Er selber spricht von seinem Tod 1914 und seiner Wiedergeburt 1919. Eine Fotografie in dem zur Ludwigshafener Ausstellung erscheinenden Katalog zeigt den am Kopf und an der linken Hand offensichtlich schwer verletzten Künstler: für den einstigen Psychologiestudenten ein Grund mehr, sich dem Rationalen zu entziehen: "Wie besessen kreist die Katastrophe um mein Bett", notierte er 1914.

Die drei Natur-Motive finden sich immer wieder in Ernsts Oeuvre, die Vögel in den Jahren 1925, 1934, 1953 und 1955, der Wald 1954, 1956, 1963, die Schmetterlinge 1930/31, um nur bei den Bildern zu bleiben, die in dieser spannenden Ausstellung gezeigt werden.

Darüber hinweg finden sich Echos bei Salvador Dalí oder André Masson, ein Zeichen der geistigen Verwandtschaft, die Max Ernst mit den Dadaisten und nach seiner Übersiedlung nach Paris 1922 zunächst auch mit Paul Eluard, später mit den Surrealisten verband.

Die "Vegetation", gemalt im Kriegsjahr 1916, wurde oft als Paradebeispiel des deutschen Expressionismus bezeichnet. Erst die jetzige Ausstellung macht deutlich, wie intensiv diese Arbeit mit ihren drei Motiven das gesamte spätere Werk geprägt hat.

Der "Zoom-Reihe" des Wilhelm-Hack-Museums, die jeweils ein Bild der Sammlung ins Zentrum rückt und drumherum andere Arbeiten zur Erläuterung gruppiert, ist aufgrund dieser Präsentation eine Fülle neuer Erkenntnisse zu verdanken. Dazu gehört die Verwendung der Gestaltungsmittel, die Max Ernsts ganzes Schaffen begleiten. Ihm ging es um die Symbiose von Flora und Fauna und um die Verdichtung der Bildfläche.

Info: "Zoom 6, Max Ernst, Vegetationen, bis 8. Juli. Katalog im Wienand Verlag (18 Euro).

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