Abschied von Burkhard C. Kosminski
Dank für "Danke Mannheim" - Bald muss man nach Stuttgart dieseln

Wechselt vom Nationaltheater Mannheim zum Staatstheater Stuttgart: Burkhard C. Kosminski. Foto: Lys Y. Seng
Von Volker Oesterreich
Mannheim. Die Botschaft ist eindeutig: Am Ende des szenischen Bilderbogens "Danke Mannheim" erhebt sich das Nationaltheater-Publikum und spendet stehende Ovationen, die nichts anderes besagen als ein lautstarkes "Danke Burkhard". Nach zwölf Jahren an der Spitze der Schauspielsparte verabschiedet sich Intendant Burkhard C. Kosminski, um künftig in gleicher Position das Staatstheater Stuttgart leiten zu können.
Wechsel gehören zum Theater, aber Wehmut schwingt dennoch mit, weil Kosminskis Ära ein Glücksfall für unsere Region war. Der 1961 geborene Regisseur und Theaterleiter hat zusammen mit seinem Team eine Vielzahl höchst anspruchsvoller Inszenierungen ermöglicht. Hat den Blick geweitet auf die amerikanische und die zeitgenössische deutschsprachige Dramatik. Hat, anknüpfend an Schiller, den wechselnden Hausautorinnen und -autoren ein bedeutendes Podium geboten, insbesondere der "Wiederholungstäterin" Theresia Walser.
Hat Festivals wie die "Internationalen Schillertage" oder "Theater der Welt" gestemmt und dabei für einen großen künstlerischen "Mehrwert" gesorgt. Alles gemeinsam mit einem exquisiten Ensemble. Und er hat mit seinem Bürgerbühnen-Modell die partizipative Form des Theaters gepflegt. Sie wirkt weit hinein in die Stadtgesellschaft.
Beim Abschiedsabend mit einem "Best of" aus 15 Produktionen ist Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz des Lobes voll für Kosminskis Leistung. Er dankt für "zwölf intensive, inspirierende Jahre", erwähnt die abwechslungsreichen Spektakel in der Straßenbahn oder auf den Konversionsflächen. Kurz weist aber auch darauf hin, dass Kosminski strukturell und kulturpolitisch viel geleistet habe: sei es bei der Ablösung des Generalintendanten-Modells durch ein fünfköpfiges Leitungsteam oder bei den Debatten über die finanziell aufwändige Sanierung des Nationaltheaters.
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Erfreulicherweise werden sich daran der Bund und das Land Baden-Württemberg beteiligen. Das Nationaltheater ist zwar eine städtische Institution, sie hat aber eine bundesweite, ja sogar internationale Ausstrahlung, was durch die vielen Gastspieleinladungen oder die Auszeichnungen beim Mülheimer Dramatikerwettbewerb bestätigt wird.
Einziges Manko: Kosminski ist mit der überragenden Inszenierung von Tracy Letts "Eine Familie (August: Osage County)" nicht zum Berliner Theatertreffen eingeladen worden. Da hat die Jury des Festivals jämmerlich versagt. Kosminski ließ sich den Ärger nicht anmerken, der Fußball-Fan nahm’s sportlich.
Beim Abschiedsabend "Danke Mannheim" wurde aber mit einem kleinen Ausschnitt an die grandios gespielte und interpretierte Familienhölle des amerikanischen Dramatikers erinnert. Deren Star war Gabriela Badura, die einen furiosen Drachen spielte: bösartig, wutschnaubend und intrigant. Solche Charaktere gehören zu den dankbarsten Aufgaben versierter Bühnenkünstler. Man denke nur an den fiesen Franz aus Schillers "Räubern" oder an den intellektuell und rhetorisch glänzenden Mephisto aus Goethes "Faust".

In einem Stück des Amerikaners Tracy Letts sorgte sie für eine Sternstunde des Nationaltheaters Mannheim: Gabriela Badura, die Grande Dame des Hauses. Zu Burkhard C. Kosminskis Abschied trat sie noch einmal mit einer Kostprobe daraus auf. Foto: NTM
Gabriela Badura, die Grande Dame des Nationaltheaters, hat sich schon vor längerer Zeit von der Bühne zurückgezogen. Nun trumpfte sie aber noch einmal mit einer Glanznummer aus Tracy Letts szenischem Schlagabtausch auf. Ein Gänsehautmoment nicht nur für diejenigen, die sich an die vielen Rollen der Charakterdarstellerin in den vergangenen Jahrzehnten erinnern.
Das Abschieds-Potpourri für Kosminski von "Faust" bis zur "Jungfrau" mit Zwischenstationen bei "Peter Pan", Shakespeare, Brecht oder Jacques Malans kuriosem Monolog "Ein Abo namens Montag Blau" macht Geschmack auf mehr - mehr bei Kosminskis designiertem Nachfolger Christian Holtzhauer in Mannheim und mehr bei Kosminski selbst in Stuttgart.
Auch wenn man bald nicht mehr hindieseln darf, einen tiefergelegten Bahnhof bekommen sie ja, die Spätzle-Kapitalisten. Nur wenige Schritte von der gigantischen Bahnhofs-Baugrube entfernt liegt das Staatstheater. Nix wie hin!