Mannheim

"Wir müssen lauter werden!"

Der Jazztrompeter Thomas Siffling war einer von 14 Kulturschaffenden in der virtuellen Reihe "Die Bundeskanzlerin im Gespräch"

28.04.2021 UPDATE: 29.04.2021 06:00 Uhr 1 Minute, 49 Sekunden
Thomas Siffling.Foto: Rinderspacher

Von Matthias Roth

Mannheim. Der Mannheimer Jazztrompeter Thomas Siffling war einer von 14 Künstlern und Kulturveranstaltern, die am Dienstag Gelegenheit hatten, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Live-Stream nach ihrer Vorstellung des weiteren Kultur-Lockdowns und den Folgen der Pandemie für die Kulturwirtschaft zu befragen. Wir telefonierten anschließend mit dem Musiker.

Herr Siffling, haben Sie die Kultur-Statements der Bundeskanzlerin überzeugt?

Leider nicht. Ich war eher enttäuscht. Andererseits muss ich Frau Merkel auch in Schutz nehmen und hatte das Gefühl, da schwappt jetzt eine riesige Welle über sie hinweg. Sie versucht, die Vorgehensweise der Regierung zu rechtfertigen, aber sie ist letztlich nicht tief genug in der Materie drin, um nachhaltig an der jetzigen Situation etwas ändern zu können.

Der Kulturbereich ist auch sehr komplex...

Auch interessant
Pandemie: Deutsches Theater baut Außenbühnen
Kultur in der Krise: Rapper Marteria startet Spendenaktion für Clubszene
Testvorstellung: Berliner Bühnen öffnen für Pilotprojekt
Heidelberg: Die freien Künstler begehren auf
Kultur nach der Pandemie: Angela Merkel will Kultur in jedem Öffnungsschritt

Ja. Man hätte vielleicht die Kulturstaatsministerin Monika Grütters daneben setzen sollen. Ich fand auch die Gesprächsrunde zwar vielseitig, aber zu groß. Man hätte sich ein Nachgespräch in Untergruppen gewünscht, um wirklich etwas erreichen zu können. Die Kanzlerin hat ihr Interesse gezeigt, mehr nicht.

Es wird sich also nichts bewegen?

Das ist nicht anzunehmen. Wir müssen uns da als Kulturbranche vielleicht auch an die eigene Nase fassen und unsere Anliegen in Zukunft einfach besser vermitteln an die Politik. Es sind auch viel zu viele unterschiedliche System: der soloselbstständige Musiker ist etwas anderes als eine Buchhandlung, ein Theater oder eine Galerie. Im Dialog mit den Kommunal-, Landes- und und Bundespolitikern müssen wir einfach viel besser werden, um da mehr Verständnis zu erzeugen. Die wissen ja gar nicht wirklich, was wir eigentlich machen. Dass ich jeden Tag Trompete übe, wissen die nicht - die glauben, das sei wie Fahrradfahren.

Hat Sie etwas Bestimmtes geärgert im Gespräch mit der Kanzlerin?

Ja, schon: Dass Sie letztlich keine richtige Antwort gab auf meine Frage, warum wir Kulturschaffenden immer noch so weit hinten auf der Liste der ganzen Öffnungsszenarien stehen. Kulturveranstaltungen, die den Nachweis erbracht haben, dass sie am wenigsten die Verbreitung der Pandemie fördern, können nicht öffnen! Alle Hausaufgaben, die man uns gegeben hat, sind lange erfüllt.

Die Kanzlerin wiegelte ab mit dem Hinweis auf die Verkehrswege zum Veranstaltungsort: Ist das falsch?

Ich hätte der Bundeskanzlerin gern gesagt, dass unser Publikum auch mit dem PKW anreist und Schnelltests macht, um ins Konzert zu dürfen! Die Bewegung von 300 Leuten, die ins Theater, oder 70, die in einen Jazzclub gehen, kann nicht verglichen werden mit Schulbussen oder Feierabend-Nahverkehr. Das kann ich nicht akzeptieren.

Was muss sich ändern in der Szene, um in Zukunft besser dazustehen?

Die Crux des Künstlers ist, dass er kreativ ist und sich zu helfen weiß, auch in kniffligen Situationen. Andererseits sieht dann keiner, wenn er wirklich Hilfe braucht. Das vergangene Jahr zeigte deutlich: Wir müssen lauter werden! Wir müssen mehr Gehör finden. Wir müssen auch viel selbstbewusster auftreten. Wir müssen uns jetzt besser aufstellen für die Zukunft, denn solche Pandemien werden uns immer wieder begleiten.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.