Plus Liedfestival Heidelberg

Auch mit 50 Jahren braucht Jörg Widmann "immer Herausforderungen"

Unmittelbar vor Jörg Widmanns 50. Geburtstag widmet das Liedfestival dem Star-Komponisten einen besonderen Schwerpunkt.

14.06.2023 UPDATE: 14.06.2023 06:00 Uhr 1 Minute, 53 Sekunden
Akribisches Musikgenie: Jörg Widmann wird in den kommenden Tagen Workshops für Stipendiaten anbieten. Foto: Marco Borggreve
Interview
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Jörg Widmann
Komponist

Von Simon Scherer

Heidelberg. An diesem Mittwoch beginnt das Liedfestival des Heidelberger Frühlings. Fünf Tage lang wird sich an verschiedenen Orten der Stadt alles um das Lied drehen: Sei es klassisch in der Alten Aula der Universität, im Karlstorbahnhof, dem Völkerkundemuseum, dem Stift Neuburg oder dem Eugen-Biser-Saal im Haus der Begegnung. Neben unterschiedlichen Konzertformaten mit spannenden neuen Programmen steht dabei der Nachwuchs im Mittelpunkt. Die Stipendiaten der Liedakademie werden dieses Jahr nicht nur von Star-Bariton Thomas Hampson in zahlreichen Workshops unterrichtet, sondern auch von Jörg Widmann, der nicht weniger zur "Frühlings"-Familie zählt. Vorab erzählte der Klarinettist, Komponist und Dirigent von seiner Beziehung zum Festival, seinen Liedkompositionen und Zukunftsplänen.

Herr Widmann, was verbinden Sie mit dem Heidelberger Frühling? Und wo sehen Sie Ihre künftige Rolle bei diesem Festival? Während Sie früher als Klarinettist, Komponist und Dirigent präsent waren, hat man Sie zuletzt ja gar nicht mehr auf der Bühne erlebt.

Ich komme seit jetzt 20 Jahren zum Heidelberger Frühling. Ich liebe die Stadt, die Festival-Atmosphäre und den stets neugierigen experimentellen Geist des Festivals. Dass aus unseren ersten Gehversuchen vor 20 Jahren einmal so etwas wie die Kammermusikakademie oder das Streichquartettfestival werden würde, das hätten wir damals nicht zu träumen gewagt. Dass das wunderbare Heidelberger Publikum unsere oft ungewöhnlichen Wege neugierig mitgegangen ist, erfüllt mich mit großer Dankbarkeit. Dazu muss ich nicht jedes Jahr präsent sein. Es wird für mich immer etwas Besonderes sein, zum "Frühling" zu kommen, wie zum Beispiel jetzt am Vorabend meines Geburtstages.

Beim Liedfestival dreht sich ein Workshop und Konzert um Ihren Liederzyklus "Das heiße Herz". Sie selbst sind Klarinettist; was ist anders, wenn Sie eine Melodie nicht für Klarinette, sondern eine Singstimme komponieren? Und worin liegt das Besondere, wenn die Klarinette als Duopartner plötzlich eine Singstimme erhält wie in Ihrem Geburtstagskonzert, wo unter anderem Schuberts "Der Hirt auf dem Felsen" auf dem Programm steht.

Schubert versteht es gerade in diesem Lied genial, die Sopranstimme mit der Klarinette fast bis zur Ununterscheidbarkeit zu verschmelzen. Die Klarinette ist alter ego, Echo, Sehnsuchtsraum, alles in einem. Für mich wurde das Schreiben für die Stimme erst in den letzten Jahren viel wichtiger. Dieser Liederzyklus liegt mir sehr am Herzen; sowohl in meiner Babylon-Oper als auch im Arche-Oratorium sind trotz riesigen Orchesterapparats die Soli und Chorsätze zentral. Letzte Woche erst wurde beim Bachfest Leipzig meine neue Kantate für den Thomaner-Chor und das Gewandhausorchester uraufgeführt – immer öfter steht bei mir die Stimme im Zentrum.

Zum Abschluss des Liedfestivals wird ja in Ihren 50. Geburtstag hineingefeiert. Welche künstlerischen Projekte haben Sie sich für das nächste Jahrzehnt vorgenommen? Wollen Sie bestimmte Schwerpunkte in Ihrem Spagat zwischen Klarinette, Komponieren und Dirigieren setzen?

Wir werden sehen. Es liegt die Instrumentierung von Schumanns "Dichterliebe" vor mir, eine Art Schumann-Fantasie. Im September werde ich zum ersten Mal die Berliner Philharmoniker dirigieren. Als Klarinettist stehen größere Uraufführungen an. Ich brauche immer neue Herausforderungen, um künstlerisch am Leben zu bleiben, um zu atmen.

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