"Darf ich dich küssen?"
Das Heidelberger Theater zeigt in den breidenbach studios "How to date a feminist" von Samantha Ellis.

Von Moritz Mayer
Es gibt nur Feministinnen – ein Mann kann kein Feminist sein! Sicher eine steile These, aber was ist die Essenz dieser Aussage? Einerseits könnte es sich um eine Art Freifahrtschein für alle Männer handeln, das eigene Agieren nicht hinterfragen zu müssen. Andererseits könnte die Behauptung dazu anregen, Gegenteiliges zu beweisen. Eine Inspiration dafür findet sich im Theaterstück "How to date a feminist" der britischen Autorin Samantha Ellis. Darin spielt Steve (Daniel Friedl) den feministischen Protagonisten, der mit seiner ebenfalls feministischen Mutter Morag auf einem Friedenscamp nahe Greenham Common im Süden Englands aufgewachsen ist.
Zu Beginn der Produktion des Heidelberger Theaters in den breidenbach studios macht er seiner Geliebten Kate (Lisa Förster) einen Heiratsantrag. Doch bevor diese antworten kann, entschuldigt er sich entsprechend seiner gesellschaftlichen Sicht für das Jahrtausende alte Patriarchat. Aus diesen Gründen "ist die Ehe ein Riesenproblem", meint Steve.
Es wird nicht das letzte Mal sein, dass Gelächter im Publikum losbricht. Doch Kate möchte davon nichts hören: "Jetzt mach mir doch endlich den Antrag", drängt sie ihn und sagt "Ja!". Unmittelbar danach geht das Licht aus und Musik ertönt. Discokugeln strahlen ihre Lichtreflexionen auf die Bühne und in den Zuschauerraum. Man glaubt, durch Raum und Zeit zu reisen, während sich Steve und die Journalistin Kate kennenlernen.
Objektiv betrachtet ist es wohl nicht gerade die harmonischste Liaison, denn Kate ist noch nicht über ihren Ex, den 40-jährigen Zeitungsredakteur Ross, hinweg. Und Steve ist ebenfalls frisch getrennt von Carina. Gemeinsam versuchen sie, ihre früheren Lover auf einer Party eifersüchtig zu machen, doch schon bei der ersten Annäherung scheinen die beiden nicht so recht zueinander zu passen. Steve, der möchte, dass alles einvernehmlich geschieht, fragt vor dem ersten und dann auch bei jedem weiteren Kuss: "Darf ich dich küssen?"
Auch interessant
Kate ist hinsichtlich ihres Gefühlshaushalts eine Suchende und bekennt: "Ich weiß nicht, was ich will". Ein kurzer Satz nur – und dennoch der nachdenklichste des ganzen Stücks. Bei vielen Zuschauerinnen haben sich die nach oben gezogenen Mundwinkel schlagartig gesenkt. Von solchen Momenten hätte es in der sonst heiteren Aufführung gerne mehr geben können. Denn hätten jene Männer, die sich, anders als Steve, nicht als Feministen beschreiben, in den Publikumsraum geschaut, hätten sie sicher etwas lernen können.
Das hätte auch der religiös orientierte Joe gebrauchen können. Er ist Kates Vater und trifft in der nächsten Szene auf seine Tochter. Es ist einer von circa einem Dutzend Kostüm- und Rollenwechseln, die mit Musik und Discolicht auf offener Bühne vollzogen werden. Daniel Friedl übernimmt die männlichen Parts, Lisa Förster die weiblichen. Mit steigender Zahl der Rollenwechsel kommen die beiden erst richtig in Fahrt. Beeindruckend, wie sie in Sekunden ihr Typenprofil, Stimme und Mimik ändern. Die festgefahren Lebensansichten bekommen in den Dialogen mehr und mehr Risse.
Kate erkennt, dass sie keinen übergriffigen Mann wie Ross mehr haben möchte und will es mit Steve noch einmal versuchen. Sie brennt durch. Obwohl Steve als "Prototyp eines männlichen Feministen" beschrieben wird, schreibt ihm seine eigene Mutter diese Persönlichkeitsfacette ab. Männer könnten nie ganz verstehen, was es bedeute, in einer immer noch männlich dominierten Welt eine Frau zu sein. Das stimmt und zeigt das Dilemma der Diskussion. "Doch darum geht es doch gar nicht", meint Kate. Vielmehr zeigen die beiden, wie wichtig es ist, sich mit Verständnis zu begegnen und dabei den Gleichheitsgrundsatz zu berücksichtigen.
Info: Weitere Termine in den breidenbach studios: 28. April sowie 20., 24., 27. und 28. Mai.



