Fabienne Dür tritt beim Stückemarkt mit "Gelbes Gold" an
Nominiert für den Wettbewerb des Heidelberger Stückemarkts: Ein Gespräch mit der Autorin.

Von Volker Oesterreich
Heidelberg. Am Freitag beginnt der Heidelberger Stückemarkt mit Teresa Doplers Beziehungsstück "Das weiße Dorf", für das sie 2019 den Autor*innenpreis des Festivals erhielt. Gezeigt wird die Inszenierung von Ron Zimmering als Livestream. Am Samstag und Sonntag folgen jeweils in Dreier-Blöcken die szenischen Lesungen der sechs deutschsprachigen Wettbewerbsteilnehmerinnen und -teilnehmer dieses Jahres.
Am Samstag wird neben Texten von Anna Gschnitzer und Svenja Viola Bungarten auch Fabienne Dürs "Gelbes Gold" präsentiert. Sie wurde 1993 in Berlin geboren und hat bereits einen Preis in einem Kinder- und Jugendtheater-Wettbewerb gewonnen. Außerdem wurde sie vom Grips-Theater für den Berliner Kindertheater-Preis nominiert.
Herzlichen Glückwunsch, Frau Dür! Sie wurden mit Ihrem neuen Text "Gelbes Gold" zum Wettbewerb des Heidelberger Stückemarkts eingeladen. Haben Sie lange an Ihren Dialogen gefeilt?
Ja, das Stück hat sehr viele Veränderungen und Überarbeitungen durchgemacht. Angefangen habe ich Anfang 2019. Im Rahmen des Leonhard-Frank-Stipendiums des Mainfrankentheater Würzburg ist dann Ende 2019 eine erste Fassung entstanden, die auch meine Abschlussarbeit an der Universität der Künste in Berlin war. Im letzten Jahr hat sich das Stück dann noch einmal stark verändert, es ist z.B. noch eine zusätzliche "Chorebene" dazugekommen. Die Fassung, die jetzt auch eingeladen ist, sollte aber so langsam die letzte sein.
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Welche Konflikte oder Themenfelder sprechen Sie darin an – und wie setzen Sie die Inhalte künstlerisch um?
Ausgangspunkt des Stücks ist, dass die Protagonistin Ana an den Ort ihrer Kindheit zurückkehrt, weil sie mit ihrem Lebensentwurf in der Großstadt gebrochen hat und in gewisser Weise auch daran gescheitert ist. Ich glaube, dass sie ihre Lebensentwürfe hinterfragen (müssen) und sich vom Vertrauten und Gewohnten lösen und emanzipieren (müssen), was auch immer Scham und Widerstände auslöst. Das vereint alle Figuren des Stücks. Dabei sind diese Prozesse nicht nur innere, sondern auch durch äußere Veränderungen und Umstrukturierungen des Orts erzwungen. Der Suche und dem Streben nach Veränderung steht so etwas wie ein Chor, vielleicht eher Stimmen aus dem Vorort gegenüber. Sie lehnen ganz klar jegliches Abweichen von einer Norm ab und kommentieren das auch.
Notgedrungen werden die Stückemarkt-Lesungen nun online und nicht während eines quirligen Festivals unter Beteiligung vieler Expertinnen und Experten vorgestellt. Bedauern Sie das? Oder hoffen Sie auf eine größere Reichweite?
Es ist, wie Sie schon sagen, beides. Natürlich ist es schade, dass wir nicht vor Ort sein können, der Austausch wird ein anderer sein. Und es fehlt natürlich auch die Atmosphäre von Live-Veranstaltungen, die Begegnungen, der ganze Rahmen, das analoge Biertrinken. Andererseits können so viele die Lesungen und eingeladenen Gastspiele sehen, die sonst nicht hingefahren wären oder hätten hinfahren können.
Was meinen Sie, werden die jetzigen Pandemie-Erfahrungen Formen und Inhalte der neuen Dramatik beeinflussen?
Vermutlich. Die Pandemie hat einen großen Einfluss auf alles. Für mich persönlich hat sich auch der Schreibprozess verändert. Die Sehnsucht nach Austausch, nach kollektiverer, mehr an die Theaterpraxis angebundene Arbeit ist stärker geworden.
Wir haben in den letzten Jahren ständig neue Entwicklungen gesehen: Jelinek’sche Textteppiche, das neue Dokumentartheater, das mit Rechercheprojekten viel erreicht hat, oder die Arbeit von Expertinnen oder Experten des Alltags auf der Bühne. Möchten Sie einem bestimmten Trend folgen oder lieber selbst Trendsetter sein?
Weder noch. Ich versuche, mich nicht davon beeinflussen zu lassen, was momentan gut ankommt. Das funktioniert nicht immer und passiert sicherlich auch unbewusst, es ist ja auch schön, nicht abgekapselt und ohne Austausch zu schreiben. Aber ich glaube, wenn ich bewusst versuchen würde, einem Trend zu folgen oder etwas zu kopieren, würde vermutlich gar nichts bei rauskommen oder etwas sehr Krampfiges. Aber vielleicht würde das jemand von außen betrachtet ganz anders bewerten und viel stärkere Bezüge erkennen.
Wie wichtig sind Stückemärkte und Festivals überhaupt für junge Dramatiker?
Ich würde schon sagen sehr, weil eine große Aufmerksamkeit auf ihnen liegt und sie eine große Chance sind, besonders für Schreibende, die noch am Anfang stehen. Und im Falle des Heidelberger Stückemarkts steht die Konkurrenzsituation auch nicht so sehr im Mittelpunkt. Auch wenn zum Schluss nur eine oder einer gewinnt, wird sechs Autor*innen sehr viel Aufmerksamkeit geboten.
Info: Der deutschsprachige Autor*innenwettbewerb läuft am 1. und 2. Mai jeweils von 13.30-16.30 Uhr hier.
