Alte Feuerwache

"Casper" wurde in Mannheim frenetisch gefeiert

Sprechchöre, Crowdsurfing, wilder Pogo: Der 39-jährige Deutschrapper erweckte die Feiergeister aus der Corona-Pause.

10.05.2022 UPDATE: 11.05.2022 06:00 Uhr 1 Minute, 51 Sekunden
Casper. Foto: dpa

Von Marco Partner

Mannheim. Neues Album, neue Tour, altes Lebensgefühl: Beim Konzert des gefeierten Rappers "Casper" wird sogar ein Montagabend zur Nacht der Ekstase. Die Alte Feuerwache ist beim Besuch des Bielefelders restlos ausverkauft – und wirkt so voll und ausgelassen wie seit einer Ewigkeit nicht mehr. Die Band macht die Musik, die echte Party aber steigt im Publikum. Mit Sprechchören, Crowdsurfing bis hin zum wilden Pogo: Casper weckt die Feiergeister. Seine raue Stimme kann der 39-Jährige fast schonen, so textsicher singen die 1000 Fans von der ersten Sekunde bis zur letzten Zugabe mit.



Eigentlich schwappt die Energie von der Bühne zum Publikum. Manchmal ist sie aber auch schon vorher da. Da braucht es nur eine Anfangsmelodie und erste Zeilen wie "Heute lass’ ich den Job. Gott, ich hasse den Trott" ("Auf und davon") oder "Wir können alles und alles können wir sein. Verlorene Jungs, zu viel Zeit, zu viel Wein" ("Alles endet") – und schon drehen die Zuhörer durch. Bei Casper, der mit bürgerlichem Namen Benjamin Griffey heißt und sich aufgrund seiner blassen Erscheinung nach der bekannten weißen Comicfigur benannte, ist der Geist schnell aus der Flasche. "Mannheim ist wild heute Abend", stellt er schon nach seinem ersten Song "Alles war schön und nichts tat weh" fest.

Das Intro ist zugleich die Titelnummer seines neuen Albums, auf das die Fans fünf Jahre warten mussten. Obwohl der Chartstürmer (gleich zum Einstieg Ende Februar auf Platz eins) nicht mal drei Monate auf dem Markt ist, haben die Zuhörer Lieder wie "Gib mir Gefahr" oder "Zwiebel & Mett" längst verinnerlicht. Und nach zwei Jahren Pandemie gilt es einiges aufzuholen: "Will endlich die Jugend verschwenden, will alles auf einmal und viel, viel mehr", spricht Casper seinem Publikum aus der Seele.

Er ist immer noch eher rockender Rapper als rappender Rocker. Den Hip-Hop-Pfad lässt der Sohn eines US-Soldaten, der die ersten elf Jahre in Amerika aufwuchs und erst als Teenager richtig Deutsch lernte, musikalisch etwas hinter sich. Die Textzeilen aber klingen weiterhin charmant-düster, wenn von "Hölle", "Gift" und "Blut" die Rede ist. Bei Casper jedoch sind das "nur" starke Metaphern. Ein Gangster-Rapper ist der sympathische Westfale gewiss nicht, eher der Gegenentwurf. Ein nahbarer Star, der seine Zuhörer um Fürsorge und Empathie in "dunklen Zeiten" bittet und sich nicht nur bei "Lass es Rosen für mich regnen" über Blumenwürfe freut.

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Mannheim markiert für den Wahl-Berliner auch eine Rückkehr: 2013 zog der Rapper für kurze Zeit in die Quadratestadt, um das dritte Album "Hinterland" zu produzieren. Und es sind vor allem die älteren Stücke wie "Ganz schön okay", "Die letzte Gang der Stadt" oder eben "Hinterland", bei welcher die ansteckende Energie jeden Quadratzentimeter der Feuerwache einzunehmen scheint. "Geht in Deckung, geht in Deckung, alle!", singt Casper bei "Sirenen". Und tatsächlich begeben sich fast alle in die Hocke. "Ihr seid unfassbar", sagt Casper immer wieder. Nach der vierten Zugabe und 110 Konzertminuten kann er nur noch im Telegramm-Stil mitteilen: "Mannheim, Mai 2022. Unvergessen. Für immer."

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