Frauenpower: Arbeiten aus den 60er Jahren im Hack-Museum Ludwigshafen. Foto: Chl
Von Milan Chlumsky
Ludwigshafen. Einige Slogans, die von Studenten der 1960er Jahre erdacht wurden, haben mühelos ein halbes Jahrhundert überdauert und sind zu Symbolen einer ganzen Epoche geworden. Dabei haben sie oft oberflächlich auf Zustände hingewiesen, die nicht selten nur ein Teil der Wahrheit waren: meist jener, die man seinerzeit lieber verschwiegen oder zumindest in einem anderem Zusammenhang begriffen hätte. "Make love not war" ist jedoch etwas Spezielles: Eine Aufforderung an die Betrachter, den Krieg sein zu lassen. Ein Slogan, dem man auch heute beipflichten kann und muss.
Dahinter verstecken sich unterschiedliche Niveaus von revolutionären Intentionen. Etwa wenn es sich um die für die Befreiung der Frau demonstrierenden Studenten handelt, auch wenn einige darunter etwas anderes als die wahre Befreiung verstanden. Das Gleiche geschah in Mutlangen bei einem Sit-In mit Heinrich Böll, wo einige Protestierer gegen die Raketenmacht USA sich erfreut in der Nähe Bölls sonnten und gleichzeitig dem Titel des Jugendmagazins "Twen" beipflichteten: "Der Kochtopf macht die Frauen dumm", was für Böll eine grobe Vereinfachung gewesen wäre. Das waren eher Ausnahmen, jedoch symptomatische. In der Tat breitete sich Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre die Erkenntnis aus, dass sich die gesellschaftliche Ordnung und ihre Prinzipien verändern müssen.
Die deutschen Hochschulen beispielsweise litten unter verkrusteten Strukturen, die Regierung des damaligen Bundeskanzlers Kissinger sah jedoch keine Notwendigkeit, das Universitätssystem zu reformieren. Auf der anderen Seite führten die USA einen gnadenlosen Ausrottungskrieg in Vietnam, die Opfer in den eigenen Reihen wurden zu kollateralen Schäden heruntergeredet und von schrecklichen Bildern wie jenem des Polizeichefs von Saigon, der einen Vietcong auf offener Straße hinrichtet, begleitet.
Gegen solchen Grausamkeiten protestierten unzählige Studenten in Frankreich, den USA und Deutschland und demonstrierten ihren Willen zu friedlichen, aber dennoch radikalen Umwälzungen in der Gesellschaft: "Power to the People", Selbstbestimmung der Frau, Weg mit dem Abtreibungsparagrafen 218, und auch "Make love not war" trug dazu bei, dass sich die Gesellschaft tatsächlich veränderte.
Eine kleine, schöne Kabinettausstellung erinnert an diese Zeit vor 50 Jahren, die dann im August 1968 eine abrupte Wende erfuhr, als die Armeen des Warschauer Paktes die Tschechoslowakei okkupierten und die Idee eines neuen Regimes - des "sozialistischen Staates mit menschlichen Anlitz" - im Keim erstickten. Auch Künstler der westlichen Welt protestierten, etwa ein Klaus Staeck oder Wolf Vostell.
Eine der wesentlichen Erkenntnisse dieser Ausstellung liegt darin, dass trotz allen Fortschritts auf unserem Globus einige der gezeigten Arbeiten immer noch sehr aktuell sind - auch in verschiedenen europäischen Ländern.
Info: "Make love not war", Wilhelm Hack Museum in Ludwigshafen, bis 18. November.