"Neuland. Lied" Heidelberg

Schumanniade mit Sofas

Schauspielerin Martina Gedeck begleitete durch den Abend

13.04.2018 UPDATE: 14.04.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 41 Sekunden

Schauspielerin Martina Gedeck (l.) im Gespräch mit der Mezzosopranistin Anna Stéphany. Foto: studio visuell

Von Simon Scherer

Heidelberg. Kaum ist das Abschlusskonzert der Lied-Akademie verklungen, stand die Eröffnung des "Frühlings"-Binnenfestivals "Neuland.Lied" an. Nach reichlich Schubert nun eine Schumanniade, angelehnt an die Schubertiade, wo bei Privatkonzerten freundschaftliches Treffen mit literarisch-musikalischen Salons verknüpft wurde. Dementsprechend war auch die Bühne eingerichtet: mit gemütlichen Sofas und Wohnzimmertischen, an denen die Musiker saßen. Mitten unter ihnen Schauspielerin Martina Gedeck, die mit Briefzitaten und Tagebucheinträgen durch den Abend führte. Ganz der Tradition entsprechend gab es ein Thema: die tiefe wie schwierige Liebe Robert und Claras.

Nach einem Einstieg mit "Am Kamin" aus den Kinderszenen, die in verträumt-versonnener Art wunderbar in diese Idylle passten, drehten sich die ersten Lieder aus den "Myrthen" um die Liebe. Anna Stéphany gestaltete diese mit offenem Mezzosopran, der die Worte weit in die Stadthalle trug. Mit heller Färbung wurde jeder Vokal in ganzer Breite ausgekostet. Sehr grazil formte sie die Worte, die allesamt in melodische Linien eingebettet waren und im Ausdruck oft ein kindliches Staunen besaßen. Zwischen der Musik führte Gedeck Small-Talks mit den Solisten, plauderte über Leichtigkeit und Schwermut Schumanns oder Briefinhalte, in denen oft Schattenseiten thematisiert wurden.

Das war eine passende Überleitung zum 1. Satz seines 3. Trios g-Moll, wo Geigerin Tianwa Yang, Cellist Gabriel Schwabe und Nicholas Rimmer am Klavier Problem-Diskussionen in der Musik führten. Nachdrücklich wurde sich mit jedem Motiv eine gefühlte Ewigkeit aus-einandergesetzt. Da tat der liebliche Klarinettenton Han Kims in der Romanze op. 94 nur gut. Lediglich das Rauschen im Piano störte. Und so ging es im permanenten Wechsel weiter: Mal ein paar schöne Zitate über den Schleier, den Töne nie ganz ablegen sollten, der Fantasie, die durch nichts mehr beflügelt wird als durch Sehnsucht oder erneut ein Auszug aus den Kinderszenen.

Zu den damaligen Gepflogenheiten gehörte auch das Vorstellen neuer Werke. Hier war es "Verge" von Sebastian Currier, der von den Kinderszenen inspiriert wurde. Nach aufgebracht-gehetztem Getose war in den Folgesätzen tatsächlich eine Brücke zu erkennen, wo sich neugierig ins Ungewisse vorgetastet wurde. In weiteren Liedern aus den "Myrthen" wie der Hochländer-Witwe war bei Stéphany in sämtlichen Lagen jedes Wort zu verstehen, sodass sogar ihre Textinterpretation hörbar wurde.

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Im Allgemeinen kam der Hörer musikalisch voll und ganz auf seine Kosten. In den "Bildern aus dem Osten" hatten schließlich die Pianisten Rimmer und Sholto Kynoch ihren großen Auftritt, wo sie sich vierhändig neben inniger Intimität auch gegenseitig zu einem herrlich impulsgeladenen Gesamtkonglomerat befeuerten.

Nach Gedecks abschließenden Worten über das Schicksal, das uns trotz Qualen nie ändern mag, galt das Ende dieses kurzweilig Abends der Musik. So bescherte das Finale des Trios nach aller Schwermut doch einen Befreiungsschlag, der mutig nach vorne blickte.

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