Eine junge Frau geht in der Ausstellung »Konstruktion der Welt. Kunst und Ökonomie« in der Kunsthalle Mannheim an Werken der Künstler Philip Evergood mit dem Titel »Tanzmarathon« (1934), Gerhard Keil mit dem Titel »Turnerinnen« (1939) und Wladimir Wassiljew mit dem Titel »Die Familie des Kommandanten« (1938) vorbei. Die Ausstellung zeigt in der Gegenüberstellung zweier Epochen erstmals den dramatischen Einfluss der Ökonomie auf die Kunst. Foto: Uwe Anspach/dpa
Mannheim. (dpa-lsw) Zehn Jahre nach Ausbruch der globalen Finanzkrise thematisiert dieKunsthalle Mannheim den Einfluss der Ökonomie auf die Kunst. Am Freitag öffnet die Ausstellung "Konstruktion der Welt: Kunst und Ökonomie - 1919-1939 und 2008-2018". Zu sehen sind mehr als 240 Exponate von 130 Künstlern der Klassischen Moderne und der Gegenwart.
"Wir widmen uns einem äußerst komplexen Thema - nämlich dem Einfluss von ökonomischen Großbewegungen auf Künstler und Kunst in der Zwischenkriegszeit im 20. Jahrhundert", wie Direktorin Ulrike Lorenz am Mittwoch sagte. So zeigt die Ausstellung im ersten Teil, wie der ökonomische Fortschritt die Klassische Moderne in Deutschland, den USA und der früheren Sowjetunion geprägt hat. Darstellungen pulsierender Städte, starker Arbeiter oder mächtiger Industrieanlagen offenbaren ähnliche künstlerische Entwicklungen. Auf der anderen Seite aber auch unterschiedliche Deutungen.
Deutlich wird das etwa beim "Industriebild" von Karl Völker. Das um 1924 gemalte Bild zeigt einen Arbeiter, der skeptisch über die Fabrik - Sinnbild für die Entfremdung des modernen Menschen - blickt. Anders das Bild "Beim Bau neuer Werkhallen", das der Russe Alexander Deineka 1926 gemalt hat. Kein Arbeiter sinniert hier. Stattdessen zeigen sich Mann und Frau im Sinne kommunistischer Propaganda: zupackend, schön und optimistisch. Direkt daneben zeigt die Kunsthalle das Bild "Classic Landscape" des US-Amerikaners Charles Sheeler. Eine Fabrik, die mit Schornsteinen, Silos und Gleisen wie ein antiker Tempel wirkt. Von Entfremdung keine Spur im 1931 gemalten Bild. Teilweise herrschte im US-Kapitalismus ein ebenso ausgeprägter Optimismus wie in der kommunistischen Sowjetunion - zumindest bis zur großen Depression.
Der zweite Teil der Ausstellung thematisiert Globalisierung, Digitalisierung und Finanzwirtschaftskrise. Phänomene, die auf dramatische Weise die Erfahrungen des Menschen befördern, wie Sebastian Baden, Kurator für zeitgenössische Kunst an der Kunsthalle, sagte. Deutlich wird das etwa anhand einer Multimedia-Installation, die unterschiedliche Arbeitsbedingungen auf der Welt aufgreift. Das französische Künstlerduo Bureau d’etudes zeigt eine gigantische Weltkarte, die scheinbar das Netzwerk globaler Finanzmärkte bis hin zu Nachrichtendiensten offenbart. Und mit ihren Container-Bildern erhebt die deutsche Malerin Tatjana Doll das Symbol des globalen Warenverkehrs zum Kunstobjekt.