Gitarrist Michael „Kosho“ Koschorreck. Foto: vaf
Von Peter Wiest
Mannheim. Wirklich schade, dass dieses Konzert nicht draußen im Freien stattfinden konnte. Mensch, das wär’s doch gewesen: Kosho, Kleiner und Baldu mit ihren "Moonsongs" direkt auf dem Platz vor dem Mannheimer Wasserturm, über dem an diesem Abend der Vollmond in seiner ganzen Pracht stand und sein lächelndes Gesicht zeigte. Und dann vielleicht sogar noch vor "richtigem" Publikum: Na ja, träumen darf man schließlich noch. Auch und ganz besonders bei solcher Musik.
Aber immerhin: Fast war es so, als ob der Mond über Mannheim tatsächlich den Weg weisen wollte hinein in den Rosengarten und runter in den Keller, ins "Ella & Louis". Denn dort standen sie tatsächlich zusammen auf der Bühne: Der nicht nur als "Sohn Mannheims" bekannte Gitarrist Michael "Kosho" Koschorreck, der zu Recht als einer der besten Keyboarder weit über die Region hinaus geltende Ulf Kleiner und der ebenfalls in der Szene weit herumgekommene Schlagzeuger Tommy Baldu.
"Zusammengerechnet bereits ein gutes Jahrhundert als Musiker aktiv" hatte es in der Vorankündigung zu diesem als Livestream gesendeten Konzert geheißen. Diese jahrzehntelange Erfahrung war den Dreien dann auch deutlich anzumerken bei ihrem gut einstündigen Auftritt. Noch viel mehr allerdings war es die oft schier unbändige Freude am gemeinsamen Spielen, das ihnen sichtlich und vor allem auch hörbar so lange gefehlt hatte. "Mein erster Gig seit über einem halben Jahr", so ein strahlender Kosho: Ja, wirklich allerhöchste Zeit!
Nicht mal zehn Minuten dauerte es denn auch, bis sich Kosho, Kleiner und Baldu wieder zusammengefunden hatten und in ein ungemein grooviges, bluesiges, teilweise auch ein bisschen jazziges und stellenweise sogar poppiges Konzert einmündeten, wie man es so lange vermisst hatte.
In den Mittelpunkt stellten sie dabei ihre "Moonsongs", mit denen sie im Jahr vor Beginn der Pandemie erstmals öffentlich aufgetreten waren und damit viel positive Resonanz gefunden hatten: Neu arrangierte bekannte Stücke zum Thema "Mond" in den unterschiedlichsten Variationen. Das reicht von Neil Youngs "Harvest Moon" in einer leicht verjazzt daherkommenden Version mit ziemlich ungewöhnlichen Gesangstönen von Kosho über einen funkigen "Yellow Moon" der Neville Brothers mit schepperndem und knalligem Gitarrensolo und wunderbaren Keyboard-Klängen bis zum fast klassisch vorgetragenen Evergreen "Moon River" von Henry Mancini aus "Frühstück bei Tiffany", bei dem insbesondere Kosho erneut nicht nur seine instrumentalen, sondern auch seine gesanglichen Möglichkeiten ausleben durfte.
Dass im Live-Stream aus dem "Ella & Louis" gleich drei absolute Virtuosen spielten, zeigten immer wieder auch Ulf Kleiner und Tommy Baldu. Letzterer versteht es perfekt, ebenso leicht und locker mal mit dem Besen oder sogar einfach mit den Händen einen streichelnden und entstaubten Rhythmus zu legen – um dann an der richtigen Stelle im besten Sinne des Wortes auch mal kräftig auf die Pauken zu hauen.
Ulf Kleiner ist seinerseits ein zunächst fast immer eher zurückhaltender, dann aber schnell auch tonangebender Keyboarder, der insbesondere in einer Trio-Formation die grundlegenden Melodien zum jeweiligen Song legt und auf seine Art ebenso wie Baldu dessen Rhythmus vorgibt, um dann gerne und immer wieder ebenso wie der Gitarrist neben ihm in teils ausufernde Soli zu münden – Letzteres an diesem Abend dann auch mal bei diversen Stücken aus Koshos eigenem älteren Album "Snapshot Music Box", das auch dessen Qualitäten als Komponist unterstreicht und mittlerweile fast schon zeitlos daherkommt.
"Es tut so gut, die Jungs mal wieder live zu hören", postete einer der insgesamt begeisterten Teilnehmer im Livechat zum Konzert. In der Tat: Dem kann man sich nur anschließen. Am Schluss unterstrich dies noch der absolute Zugaben-Ultra-Hammer: "Mo‘ Better Blues" aus Spike Lees gleichnamigem Film, ein Song, der mehr als alles andere zeigte, wie wunderschön, aber auch wie melancholisch und traurig er gerade in der jetzigen Zeit daher kommt, der Blues.
Das konnten alle, die das Konzert daheim am Laptop verfolgten, danach auch beim Blick aus dem Fenster feststellen: Fast schien es so, als wollte der nach wie vor in seiner ganzen Pracht am Himmel stehende Vollmond ebenfalls applaudieren.