Udo Rauchfleisch
Braucht der Mensch Feinde?
Der Schweizer Psychologe Udo Rauchfleisch konstatiert in "Spektrum der Wissenschaft", dass leider nichts dafür spreche, dass der Mensch ein friedliebendes Wesen ist.
Stattdessen spricht er vom "arttypischen Aggressionspotential", welches in uns schlummert und jederzeit durchbrechen kann. "Offensichtlich besteht in uns ein Bedürfnis, Feinde in der Außenwelt zu definieren, gegen die wir – vermeintlich legitim – aggressive Impulse richten können", schreibt der Psychologe.
Bereits Kinder im Vorschulalter hätten eindeutige Vorstellungen davon, wie ein Feind auszusehen habe: "Er muss anders als man selbst sein, sich durch äußerliche Merkmale wie Kleidung oder körperliche Anomalien von dem gerade erst aus dem Umfeld abgeleiteten Menschenbild unterscheiden."
Diese Art von Schwarz-Weiß-Denken helfe schon Drei- bis Sechsjährigen dabei, ihre Gefühlswelt zu regulieren, ihren Ängsten und Ohnmachtsgefühlen entgegenzuwirken. Abschütteln lasse sich das schwer: Auch Erwachsene würden zu Entweder-Oder-Denken neigen.