Hintergrund - Kommentar
Sören S. Sgries zur Kommunikation der Landesregierung im Südwest
Als sich im Frühsommer die Lage an der Corona-Front entspannte, griff die Landesregierung gewissermaßen zur "Heckenschere": Der Wildwuchs der zahlreichen Verordnungen, die sich in den hektischen Frühjahrswochen angesammelt hatten, wurde deutlich ausgedünnt. "Übersichtlicher und verständlicher" sollten die Vorgaben werden. Klar: Wie sollen sich Bürgerinnen und Bürger an Regeln halten, die unübersichtlich, teilsweise auch widersprüchlich sind? Ein guter Ansatz – der inzwischen allerdings wieder vergessen scheint. Stattdessen wächst, mindestens kommunikativ, das Chaos.
Eindrücklichstes Beispiel: die Regeln für die Schulen. Am Donnerstag vor einer Woche erließ das Kultusministerium eine neue Verordnung. Angeblich "frühzeitig" – doch schon am gleichen Abend war der maßgebliche landesweite Inzidenzwert von 35 erreicht. Galt also sofort die Maskenpflicht im Unterricht? Es dauerte, bis klare Ansagen aus Stuttgart kamen. Eine Woche später dann die Meldung, dass es auf dem Schulhof jetzt doch "ohne" geht. Voraussetzung: Der 1,5-Meter-Abstand muss eingehalten werden – wovon man landesweit beispielsweise in Fußgängerzonen eher nicht mehr ausgeht, weshalb dort seit Anfang der Woche eine Maskenpflicht gilt.
Ist das alles logisch? In sich schlüssig? Nein. Mal heißt es hü, mal hott. Ein Problem. Zumal ja nicht einmal klar ist, warum die Corona-Politik so chaotisch wirkt. Eigentlich war doch alles vorbereitet: Anders als im März und April konnte die Regierung wissen, was auf sie zukommt. Und mit dem dreistufigen Pandemiekonzept, verkündet im September, lag eigentlich auch ein Fahrplan vor. Nur dass er zu zögerlich befolgt wird. Politik, die die Gesundheit ihrer Bürger schützen will, muss um Vertrauen werben, Sicherheit ausstrahlen. Das tut sie derzeit nicht.