Sie hatten einen guten Torwart

Ein Kommentar der "Rhein-Neckar-Zeitung"  

11.02.2013 UPDATE: 11.02.2013 06:20 Uhr 2 Minuten, 11 Sekunden
Salihovic: "Was soll ich da mitfühlen?!"

Ein Kommentar der "Rhein-Neckar-Zeitung"

Kennen Sie Christian Maicon Hening? Nein? Müssen Sie auch nicht kennen. Christian Maicon Hening, auch bekannt unter dem Künstlernamen Chris, hat in dieser Saison noch kein Bundesliga- Spiel für 1899 Hoffenheim gemacht. Ein Fehleinkauf. Wie er mal passieren kann. Obwohl es Hinweise gab, besser die Finger weg zu lassen. Der Brasilianer, immerhin schon 34, stand in den letzten zwei Jahren nur noch in 15 Bundesliga-Spielen auf dem Rasen. Häufig war er verletzt.

Chris hat nicht Schuld am tiefen Fall von Hoffenheim. Eine andere Personalentscheidung ist von weitaus größerer Tragweite. Sie könnte jetzt zum Verhängnis werden.

Warum musste ein neuer Torwart her? Obwohl der alte ordentlich gehalten hat. Tom Starke war nicht nur sportlich okay, die Fans liebten ihn. Er ist ein aufrechter, anständiger Kerl.

Sein Nachfolger Tim Wiese dagegen hat es seinem Umfeld und sich selbst von Anfang an schwer gemacht. Die mediale Zusammenarbeit war schwierig, obwohl er als Kapitän in der Pflicht stand. Beim letzten Heimspiel gegen Freiburg sagte er zu Journalisten: "Ich habe doch ein schönes Leben – im Gegensatz zu euch."

Damit wir richtig verstanden werden: Ein Profi muss nicht der Kumpel von Journalisten sein, für eine unbefangene Beurteilung ist das eher hinderlich. Mit unfreundlichem Verhalten können wir umgehen. Denn eigentlich finden wir – sorry, Herr Wiese – unser Leben schön, meistens jedenfalls.

Aber: Ein Profi sollte wissen, dass die Medien Mittler sind zwischen Fußballern und Fans. Dass die Öffentlichkeit ein Recht auf Informationen hat. Es sind nicht zuletzt auch die Leser der RNZ, die den Berufsspielern ein luxuriöses Leben ermöglichen. Wiese soll annähernd drei Millionen im Jahr verdienen. Sein Vertrag läuft bis 2016.

Einverstanden, als der ehemalige Nationaltorwart verpflichtet wurde, konnte man nicht wissen, dass er die Erwartungen dermaßen enttäuschen würde. Allerdings, es gab Hinweise. Bremen machte – milde ausgedrückt – keine großen Anstalten, um Wiese zum Bleiben zu bewegen. Er habe seine beste Zeit hinter sich, meinen Experten. Seine Schwächen waren bekannt. Nun haben sie ein Problem Ganz sicher sind weder Fans noch Medien dafür verantwortlich, dass der Torwart weniger gut hielt, als er vollmundig versprach. Auch wenn die in Erklärungsnot geratenen Entscheidungsträger jetzt absurde Schuldzuweisungen erheben. Der Druck sei unmenschlich geworden, hieß es. Das lässt sich kaum ändern bei einem Sport, bei dem Millionen zuschauen und bei dem es um Millionen geht. Wiese sei sensibel, schrieb Bild. Wer sensibel ist, sollte zurückhaltender sein. Denn: Wie man in den Wald hineinruft ...

Wie groß die Sehnsucht der 1899- Anhänger nach einem Spieler ist, den sie lieb haben können, hat das letzte Heimspiel gegen den SC Freiburg gezeigt. Heurelho Gomes stand noch keine halbe Stunde auf dem Platz, da flogen ihm schon die Herzen zu. Nur weil der neue Torwart nach einigen guten Aktionen gewunken und die Fäuste geballt hat. Um so bitterer ist sein Fehlgriff, der jetzt bei der 0:1-Niederlage in Hannover die Punkte kostete.

Dabei hätte man es wissen müssen, gerade im Kraichgau nach einer Ära umstrittener Torleute, die erst durch den guten Tom Starke beendet wurde: Torhüter gewinnen und verlieren Spiele.

Nein, wir hauen nicht auf Heurelho Gomes. Nach zwei Spielen lässt sich kein seriöses Urteil fällen. Aber: Wer den dritten Torwart von Tottenham verpflichtet, einen Reservisten, der zuletzt im November 2011 ein Pflichtspiel bestritt, einen Südamerikaner ohne Deutsch-Kenntnisse, der gesteht damit: Das Vertrauen in Tim Wiese, Koen Casteels und Jens Grahl kann nicht sehr groß sein.

Hoffenheim hat ein Torwart-Problem. Ein hausgemachtes und ohne Not verschuldetes. Hoffentlich führt es nicht zum Abstieg.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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