"Alles deutet auf Abstieg hin"
Hoffenheim hilft vielleicht nicht einmal ein Sieg zum Saisonabschluss in Dortmund

Hoffenheim hilft vielleicht nicht einmal ein Sieg zum Saisonabschluss in Dortmund
Hoffi, das mannsgroße Maskottchen, wirkte verloren und stapfte orientierungslos über die Grünfläche. Die Spieler blickten derweil runter auf den Boden, dann rafften sie sich auf und trauten sich, den Gang zur Bierkurve anzutreten. Sie waren verblüfft. Keine Pfiffe, keinerlei Proteste, kein Geschimpfe mussten sie sich anhören; die in der Arena verbliebenen Fans applaudierten sogar nach der 1:4 (0:2)-Niederlage gegen den Hamburger SV. "You’ll never walk alone" – die Fußball-Hymne begleitete die Hoffenheimer bei ihrem Trauermarsch in die Kabine, wo sie hohen Besuch erhielten. Dietmar Hopp war aus der VIP-Loge gekommen und hielt eine Ansprache. Aufmunterndes soll gesagt worden sein, hieß es. Der Mäzen hatte bereits im Stadion-Magazin das Vorwort ergriffen und sich als Seelentröster versucht: "1899 Hoffenheim wird den zuletzt eingeschlagenen Weg keinesfalls verlassen, sondern unter Markus Gisdol weiter mutigen und offensiven Fußball spielen. Und dabei konsequent auf unsere so erfolgreiche und hoch talentierte Jugend setzen und das eigentliche Gesicht der TSG auf diesem Weg neu beleben."
Hopps "festes Versprechen" muss mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Zweiten Liga eingelöst werden. "Alles deutet auf Abstieg hin", sagte Mittelfeldspieler Tobias Weis nach der ernüchternden Partie gegen den HSV. Ein "Matchball" wurde vergeben: Statt unmittelbar vor Toresschluss auf den rettenden 15. Tabellenplatz zu klettern, weil die Mitkonkurrenten FC Augsburg (0:3 beim FC Bayern) und Fortuna Düsseldorf (1.2 gegen Nürnberg) punktlos blieben, stürzten die Hoffenheimer noch tiefer in den Schlamassel. Die Situation ist düster vor dem Saisonabschlussspiel am Pfingstsamstag beim Champions-League-Finalisten Borussia Dortmund: Sogar bei einem wundersamen Sieg wäre "Hoffe" wegen des Zwei-Punkte-Rückstandes auf Pleiten von Augsburg (gegen "Schlusslicht" Greuther Fürth) und von Düsseldorf (in Hannover) angewiesen, um die Relegation oder direkten Nicht-Abstieg final zu schaffen. Nicht mal Hopp-Freund Franz Beckenbauer mag daran glauben: "Für Hoffenheim ist das Thema durch", sagte der "Kaiser".
Hoffenheim-Trainer Gisdol vertraute gegen den HSV wiederholt seinem Jugend-forscht-Projekt. So durfte für den gelbgesperrten Innenverteidiger Jannik Vestergaard der 17-jährige Niklas Süle seine Bundesliga-Premiere feiern, und in Jeremy Toljan, Andreas Ludwig, Robin Szarka sowie Patrick Schorr wurden gleich noch vier weitere Nachwuchsspieler in den Kader berufen. Ein Beleg haarsträubender Transfergeschäfte in dieser schrecklichen Saison. Wie zuvor beim 2:2 in Bremen stand am vergangenen Samstag in David Abraham lediglich ein Neuzugang von 15 verpflichteten Profis in der Start-Elf ...
Gisdols Jünglinge agierten freilich viel zu nervös, besonders in der ersten Halbzeit, in der sie durch Anfängerfehler den Hamburgern zwei Tore gestatteten (Son in der 18. Minute, Aogo in der 35.). Wenigstens ließen sich die Hoffenheimer selbst nach dem 0:3 (Jiracek, 60.) nicht hängen, Volland gelang der Anschlusstreffer (61.), ehe Rudnevs kurz vor Abpfiff das vierte HSV-Tor glückte. Trainer Gisdol machte dennoch einen gefassten Eindruck, sagte: "Wir fahren zuversichtlich nach Dortmund. Ich glaube, alles ist möglich." Amtshilfe bekam er von seinem Hamburger Kollegen Thorsten Fink: "Am letzten Spieltag sind schon viele verrückte Dinge passiert ..."
Nur noch die Geschichte muntert Hoffenheim auf: Am 29. April 1978 verlor Borussia Dortmund gegen Mönchengladbach 0:12. Nullzuzwölf!