Von Philipp Neumayr
Heidelberg. Sie sind 56, 34 und 21 Jahre alt. Sie haben wenig bis gar nichts miteinander zu tun. Aber sie verbindet eine Geschichte: die des Heidelberger Symposiums. Die traditionsreiche studentische Veranstaltung findet in diesem Jahr zum 30. Mal statt. Die RNZ hat vor dem heutigen Start unter dem Thema "Gleichgewicht" mit drei Organisatoren unterschiedlicher Generationen über ihre Erinnerungen und Erfahrungen gesprochen - und darüber, was für sie den Reiz des Symposiums ausmacht.
Sommer 1988: Peter Rippen, 26 Jahre, ist unzufrieden mit seinem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Ruperto Carola. Zu viel Theorie, zu weit weg von der Realität. So ergeht es auch Achaz von Quistorp und Benita von Koskull. Die drei Kommilitonen entscheiden sich, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Sie rufen das Heidelberger Symposium ins Leben. "Wir wollten einen Treffpunkt schaffen, wo Theorie und Praxis in den Dialog zueinander treten können. Etwas zur damaligen Zeit Einzigartiges", erinnert sich Rippen.
Dafür müssen die drei Studenten zunächst improvisieren. Das erste Büro ist zugleich Rippens Zuhause. "Alles, was störte, kam raus. Stattdessen haben wir behelfsmäßig drei Schreibtische aufgebaut", sagt Rippen. Doch auf Entgegenkommen stoßen er und seine Kommilitonen mit ihrer Idee nicht überall: "Einer meiner Professoren sagte zu mir: ‚Rippen, sie müssen wohl mal richtig auf die Schnauze fallen’", erinnert sich der heute 56-Jährige. Rippen und seine Freunde lassen sich davon aber nicht beirren. Beharrlich treiben sie Sachspenden ein, schreiben mögliche Referenten an, arbeiten Tag und Nacht. Mit Erfolg: Im April 1989 startet das erste Symposium. Es kommen knapp 500 Teilnehmer und rund 50 Referenten. Die müssen sich, anders als heute, ihre Anreise jedoch selbst finanzieren. "Das Einzige, was wir ihnen bieten konnten, war ein reservierter Tisch in der Mensa", sagt Rippen.
Knapp zwei Jahrzehnte später, bei der 18. Auflage des Symposiums, speisen Referenten und Besucher bereits in einem weißen Zelt auf dem Uniplatz. Das Organisationsteam bilden mittlerweile Studenten verschiedenster Disziplinen. Dazu gehört auch Matthias Kutsch. Gemeinsam mit seiner Mitorganisatorin Elisabeth Hage rief er damals den Kunst- und Kulturpreis ins Leben. Seitdem wird das Symposiums-Logo im Rahmen eines Wettbewerbs jedes Jahr von einer Jury ausgewählt.
Aber nicht nur Kutsch hat seine Spuren beim Symposium hinterlassen, auch das Symposium bei ihm: "Es war eine Erfahrung, die mir für mein späteres Leben viel gebracht hat." Durch die Organisationstätigkeit habe er einiges gelernt, etwa was Projektarbeit oder Gruppendynamiken betrifft. Vor allem die Zusammenarbeit mit den anderen Studenten hat Kutsch, der heute für die CDU im Gemeinderat sitzt, noch immer in guter Erinnerung. "Da sind Freundschaften entstanden, die ich nach wie vor pflege."
Junge Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund, ein gemeinsames Ziel: Das ist es, was auch Mareike Scheuermann am Heidelberger Symposium fasziniert. "Es sind die verschiedenen Sichtweisen auf ein Thema, die das Symposium mit Leben füllen", sagt Scheuermann. Die 21-Jährige studiert Soziologie im sechsten Semester und ist Teil des diesjährigen Organisationsteams. In den letzten Monaten hat sie vor allem eines erfahren: "Man muss sich seine Zeit gut einteilen können." Auch wenn die Organisation die ein oder andere Entbehrung mit sich gebracht hat: "Wenn man sieht, was wir auf die Beine gestellt haben, kann man stolz sein", sagt Scheuermann.
Eine Art Stolz, fast schon ungläubiges Erstaunen, erfüllt auch Peter Rippen: "Wir hätten uns damals nie erträumt, dass es die Veranstaltung auch 30 Jahre später noch geben könnte." Als Kurator ist er dem Heidelberger Symposium nach wie vor verbunden und steht dem jährlich wechselnden Organisationsteam mit Ratschlägen zur Seite. Eines beobachtet Rippen dabei regelmäßig mit Freude: "Es ist schön zu sehen, wie sich Menschen, die einander nicht kennen, jedes Jahr aufs Neue zusammenraufen und aneinander wachsen."