Stuttgart. (dpa/lsw) Die Lernplattform Moodle ist am Montag Opfer einer Attacke geworden. Das teilte ein Sprecher des Landeskriminalamts (LKA) am Mittwoch mit. Auf einem von rund 120 Servern der Plattform habe es so viele Zugriffe gegeben, dass der Server überlastet und schließlich lahmgelegt wurde.
Diesen Vorgang nennt man DDos-Angriff - "Distributed Denial of Service". Dabei werden Server mit einer Flut von Anfragen überschüttet und so verlangsamt oder in die Knie gezwungen. Daten seien nicht gestohlen worden, sagte der LKA-Sprecher. Zuerst hatte der "Reutlinger Generalanzeiger" berichtet.
Nach bisherigen Erkenntnissen zeichne sich kein gezielter Großangriff von Kriminellen ab, sagte der LKA-Sprecher. Am Montag war Moodle zu Unterrichtsbeginn in Ton und Bild immer wieder ausgefallen. Über Twitter beschwerten sich zahlreiche Lehrkräfte und Eltern.
Der Angriff wurde nach Auskunft des Kultusministeriums sofort bemerkt und umgehend abgestellt, der Ausfall sei kurzfristig gewesen. "Da DDoS-Angriffe kein seltenes Phänomen sind, war uns die Gefahr bewusst, weshalb wir im Voraus bereits Maßnahmen gegen solche Fälle ergriffen haben", sagte eine Behördensprecherin. Die Zentrale Ansprechstelle Cybercrime (ZAC) beim Landeskriminalamt sei schnell über den Angriff informiert worden.
Auch in anderen Bundesländern kam es auf Lernplattformen zu Wochenbeginn zu solchen Störungen.
Update: Mittwoch, 13. Januar 2021, 12.10 Uhr
Lernplattform läuft an Tag zwei nach den Ferien besser
Stuttgart. (dpa/lsw) An Tag zwei nach den Schulferien macht die digitale Lernplattform Moodle nach Ministeriumsangaben keine Probleme mehr. Moodle sei am Morgen landesweit reibungslos gestartet, teilte das Kultusministerium mit. Es gebe weder Überlastanzeigen noch Ausfälle. Die Plattform sei am Dienstagvormittag mit etwa 275 000 aktiven Nutzern stabil gelaufen. In der Nacht zu Dienstag seien weitere Optimierungen vorgenommen worden. Die Zentrale Ansprechstelle Cybercrime (ZAC) beim Landeskriminalamt prüfe darüber hinaus einen möglichen Angriff auf einen Moodle-Server und die Frage, ob die Probleme am Montag teils damit zusammengehangen hätten, erklärte ein Sprecher.
Am Montag war Moodle zu Unterrichtsbeginn in Ton und Bild immer wieder ausgefallen. Über Twitter beschwerten sich zahlreiche Lehrer und Eltern. Zur Eindämmung der Corona-Pandemie sollen Kitas und Grundschulen in Baden-Württemberg frühestens am kommenden Montag öffnen, alle anderen Schulen nicht vor Ende Januar. Der Fernunterricht soll unter anderem über Moodle laufen. Schüler und Lehrer können darüber online miteinander in Kontakt treten. Außerdem können Lerngruppen eingerichtet und Aufgaben verteilt und dann bearbeitet zurückgegeben werden.
Laut Oliver Hintzen, Digital-Experte beim Verband Bildung und Erziehung (VEB) Baden-Württemberg, gibt es aber weiter Probleme beim Fernunterricht. Dass Moodle am Dienstag wohl besser laufe, liege nur zum Teil an zwischenzeitlich unternommen technischen Verbesserungen. Die Zugriffszahlen auf die digitale Lernplattform Moodle seien deutlich gesunken. Denn an den Schulen griffen wegen der Probleme nun Lehrer "auf Plan B und C" zurück: andere Plattformen oder ganz und gar analoge Mittel.
Aus Rückmeldungen der Lehrer wisse er, dass manche nun Telefonkonferenzen mit ihren Schülern veranstalteten oder gar die einzelnen Schüler per Telefon abklapperten, erklärte Hintzen. Manche verschickten Arbeitsblätter per Mail, und wo nicht einmal das funktioniere, würden Eltern aufgefordert, die ausgedruckten Arbeitsblätter an den Schulen abzuholen. "Das ist ein Armutszeugnis." Ein Hauptproblem seien die unzureichenden Datenleitungen im Land.
Update: Dienstag, 12. Januar 2021, 12.23 Uhr
Moodle offline: Zum Schulstart am Montag gab es massive technische Probleme
Von Martin Oversohl
Stuttgart. Was für ein verkorkster Schulstart. Pünktlich zur ersten Stunde schwänzte am Montag ausgerechnet die wichtige digitale Lernplattform Moodle. "Die Technik hat teilweise funktioniert, aber im großen Teil nicht, so dass das System, mit dem wir arbeiten, teilweise zusammengebrochen ist", erzählt Susanne Lutz, die Rektorin des Ravensburger Spohn-Gymnasiums. Kein Einzelfall. (In den weiteren Artikel rechts oben lesen sie, welche Auswirkungen der Ausfall in der Region hatte.)
Betrieben wird Moodle über das Datennetz der wissenschaftlichen Einrichtungen des Landes Baden-Württemberg BelWü (Abkürzung für Baden-Württembergs extended LAN). Dort liest sich das am Morgen noch etwas anders: "Die Moodle-Plattform hat heute Morgen um Punkt 8 Uhr alle Rekorde gebrochen. Die meisten Instanzen halten dem Ansturm stand." Eben. Die meisten, keineswegs alle.
Das baden-württembergische Kultusministerium rechnete am Vormittag vor, es seien rund 200 Schulen betroffen gewesen. "In weiten Teilen Baden-Württembergs und bei der überwiegenden Mehrheit der Schulen funktioniert Moodle jedoch störungsfrei", betonte eine Sprecherin. Derzeit nutzten etwa 600.000 Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte und etwa jede zweite Schule die Lernplattform. In den Ferien seien die Kapazitäten des Videokonferenztools Big Blue Button, die Rechenleistung der Moodle-Server optimiert und ausgeweitet sowie die Pufferkapazität um 50 Prozent ausgebaut worden, warb das Ministerium um Verständnis.
Ein Wunsch, der bei vielen Eltern und Lehrern unerhört blieb. "Kann es denn wirklich sein, dass es seit März keiner hinbekommen hat im @KM_BW eine funktionierende digitale Infrastruktur aufzubauen?", kritisierte eine Nutzerin das Kultusministerium. Einige zeigten allerdings auch Verständnis: "Plötzlich ne halbe Million Schüler (alleine in Baden-Württemberg) auf einer Infrastruktur zu haben ist alles außer trivial. Egal ob von BelWü gehostetes Moodle, Zoom, Teams oder was auch immer", schrieb ein Twitter-Nutzer. Ein weiterer zieht amüsiert einen Vergleich heran: "Okay, ich erkläre es jetzt ganz einfach: Das ist so, wie wenn das komplette Kollegium um 7:45 vor dem Kopierer steht und jeder 500 Kopien machen will", twitterte er.
Die beißende Kritik von SPD und FDP ließ dagegen nicht lange auf sich warten: "Die Kultusministerin hatte über neun Monate Zeit, um ein funktionierendes Fernlernsystem auf die Beine zu stellen", sagte SPD-Generalsekretär Sascha Binder. "Aber sie war vermutlich einfach zu beschäftigt mit ihren Wahlkampfveranstaltungen." FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke warf Kultusministerin Susanne Eisenmann und Digitalminister Thomas Strobl (CDU) Totalversagen vor.
Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) forderte, Datenleitungen schneller auszubauen und die Anbindung von Schulen zu priorisieren. "Die Internetleitungen sind völlig überlastet, da zum normalen Datenverkehr nun alle Schülerinnen und Schüler in Deutschland hinzukommen", sagte VBE-Digital-Experte Oliver Hintzen. Die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein warf dem Ministerium vor, seine Hausaufgaben nicht gemacht und keine Voraussetzungen für Fernunterricht an allen Schularten geschaffen zu haben.
Die Moodle-Server dürften noch einige Zeit beansprucht werden. Nicht nur schalten sich in den kommenden Tagen immer mehr Schulen in anderen Bundesländern auf. Fernunterricht steht zudem in allen Bundesländern und den meisten Schularten bis mindestens Ende Januar auf dem Stundenplan.
Hacker hatten in Baden-Württemberg allerdings nicht ihre Hände im Spiel, wie das Kultusministerium betonte. Anders als in Rheinland-Pfalz, wo sie n der vergangenen Woche zum Schulstart massive technische Probleme verursacht hatten.