Zum Startschuss der 625-Jahr-Kampagne ließ die Universität Heidelberg auf dem Uniplatz riesige Buchstaben aufstellen. Dem Motto 'Dem Lebendigen Geist' fühlt sich die Hochschule verpflichtet. Archivfoto: Stefan Kresin
Von Jonas Labrenz
"Es war die schönste Zeit meines Lebens": Ein Satz über das Studium, der häufig von ehemaligen Magister- oder Diplomstudenten zu hören ist. Mit der Bologna-Reform sollte vieles besser werden: Die Studienzeiten kürzer, die Liste der erworbenen Kompetenzen länger. Studienabbrecher sollte es weniger geben. In vielerlei Hinsicht ist jedoch so ziemlich das Gegenteil eingetreten.
Dass es allerdings keinesfalls ein Makel im Lebenslauf ist, das Studienfach zu wechseln oder der Uni sogar ganz den Rücken zu kehren, zeigte die Studienberatung der Universität bei ihrer Veranstaltung "Spurwechsel". Denn es gibt einige sinnvolle Alternativen zur Hochschule - und bei vielen davon hilft auch ein abgebrochnes Studium weiter. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
Wann macht ein Wechsel Sinn? "Wenn Sie das Gefühl haben, dauerhaft am falschen Platz zu sein, dann lohnt es sich, über eine Kursänderung nachzudenken", erklärt Mira Wagner von der Studienberatung der Uni. Gründe dafür kann es viele geben. Simon Flohr hat das selbst erlebt: "Ich fühlte mich in der Anonymität der Universität versunken", erinnert sich der 26-Jährige, "außerdem hat man keine feste Struktur". Die mangelnde Selbstorganisation liegt bei der Liste der Gründe für einen Studienabbruch tatsächlich an dritter Stelle, hinter finanziellen Problemen und der fachlichen Überforderung. Fehlende Motivation und Integration belegen ebenfalls Top-Plätze. Dazu wird häufig eine fehlende Perspektive als Ursache angegeben: "Manchmal passt das Fach einfach nicht zum Menschen", so Wagner.
Wer hilft bei der ersten Orientierung? "Trauen Sie sich gerne, uns anzusprechen, und entwickeln Sie ruhig viele Ideen - aussortieren können Sie später immer noch", erklärt Wagner. Flohr rät: "Das Wichtigste ist, sich nicht abhängig zu machen von der Meinung der anderen", denn es sei ohnehin ein Punkt, an dem man sehr mit sich kämpfen müsse. Schließlich geht es meist um ziemlich zentrale Fragen: "Soll ich alles über Bord werfen?", geisterte es Flohr häufig durch den Kopf - und er ist froh, dass er genau das getan hat: Heute absolviert er eine Ausbildung bei einer hiesigen Bank. Das hätte er früher nie gedacht. Er bereut die Entscheidung jedenfalls nicht: "Das Studium war unheimlich wichtig. Ich bin dadurch viel kompetenter geworden." Das gelte auch, wenn das Studium sich fachlich nicht wirklich mit der Ausbildung überschneide.
Soll ich einfach etwas anderes studieren? Nicht nur der Wechsel des Studienfachs innerhalb einer Hochschule ist möglich - oft ist auch der Wechsel des Studienortes entscheidend. Vielleicht könne auch gleich eine andere Hochschulart gewählt werden, erklärt Petra Kuhn von der Agentur für Arbeit. Wer am liebsten theoretisch arbeitet, "der ist an der Uni richtig", so die Beraterin. Die Fachhochschulen dagegen hätten schon traditionell eine engere Verzahnung zwischen Theorie und Praxis. "Noch praxisnäher bin ich, wenn ich an der Berufsakademie oder einer dualen Hochschule studiere", so Kuhn. Daneben gebe es noch die Pädagogischen und Kirchlichen Hochschulen.
Oder ist ein Studium eigentlich überhaupt nichts für mich? Wer komplett mit dem Studium brechen möchte, der hat eine reiche Auswahl auf dem Markt für Lehrstellen. "Sie brauchen keine Sorge zu haben, dass ein Abbruch im Lebenslauf blöd aussieht - in vielen Fällen ist es ganz positiv", so Kuhn. Tilman Sieber etwa wechselte erst den Studiengang zu angewandter Informatik und begann dann eine Ausbildung zum Informatiker für Systemintegration. "Es war einfach super", sagt der 27-Jährige heute. Viele Stellen gibt es nicht nur im Bereich Industrie und Handel, sondern auch im Handwerk. "Und dafür werdet ihr inzwischen auch gut bezahlt", fügt Benedikt Sand von der Handwerkskammer Mannheim hinzu. Bei vielen Berufen seien Weiterbildungen möglich, ein Komplettpaket sei zum Beispiel der Meisterbrief. Die Arbeitslosenquote der Meister liegt sogar noch niedriger als die der Akademiker. Dazu kommen viele kombinierte Ausbildungsangebote. Wer bereits über 21 ist und gute Leistungen bringt, kann die in der Regel dreijährigen Ausbildungen sogar in zwei Jahren absolvieren.
Wer sind meine Ansprechpartner? Für einen Wechsel von Studienfach, -ort oder Hochschulart ist die Studienberatung die erste Anlaufstelle (E-Mail: studium@uni-heidelberg.de), aber auch die Agentur für Arbeit hilft bei der Orientierung. Für einen Wechsel runter von der Hochschule sind entweder die Industrie- und Handelskammer (IHK) oder die Handwerkskammer gute Ansprechpartner.