Ankunftszentrum für Flüchtlinge

Heidelberg kommt an die Kapazitätsgrenze

Die Stadt schafft mehr Unterkünfte für Ukrainer. Bis zu 90 Menschen müssen pro Woche neu untergebracht werden. Mehr Plätze soll es nun im Ankunftszentrum geben.

12.10.2022 UPDATE: 12.10.2022 06:00 Uhr 1 Minute, 58 Sekunden
Blick ins Patrick-Henry-Village. Foto: Stadt Heidelberg

Von Jonas Labrenz

Heidelberg. Die Stadt Heidelberg schafft neue Unterkünfte für 600 ukrainische Flüchtlinge und auch das vom Regierungspräsidium betriebene Ankunftszentrum für Flüchtlinge in Patrick-Henry-Village (PHV) wird von 2800 auf 3500 Plätze aufgestockt (siehe Hintergrund). "Wir kommen an unsere Kapazitätsgrenzen", erklärte Oberbürgermeister Eckart Würzner am Dienstag bei einem Pressegespräch.

1500 Ukrainer leben bereits in Heidelberg – darunter rund 450 Kinder –, für knapp 500 weitere ertüchtigt die Stadt drei Gebäude in PHV provisorisch, in direkter Nachbarschaft zum Ankunftszentrum. Und auch bei der Koordinationsstelle der Stadt auf dem ehemaligen Nato-Gelände in der Rudolf-Diesel-Straße sollen zukünftig bis zu 100 Ukrainer untergebracht werden können.

Die Fluchtbewegung sei heute "so groß wie in den Jahren 2015 und 2016", sagte OB Würzner. Im gesamten Jahr 2015 waren 100.000 Asylantragsteller in Baden-Württemberg geblieben, bis Anfang September 2022 sind es dieses Jahr bereits 125.000. Und der Zustrom geht weiter: Im Ankunftszentrum kämen täglich bis zu 300 Flüchtlinge an, der Stadt Heidelberg würden wöchentlich bis zu 90 Ukrainer vom Land zugeteilt, so Würzner.

Hintergrund

> Das Ankunftszentrum in Patrick-Henry-Village (PHV) wird vom Regierungspräsidium Karlsruhe betrieben und ist eine Einrichtung des Landes. Es beansprucht etwa zwei Drittel der Fläche von PHV und soll nach Fertigstellung eines Neubaus in den Norden des künftigen Stadtteils

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> Das Ankunftszentrum in Patrick-Henry-Village (PHV) wird vom Regierungspräsidium Karlsruhe betrieben und ist eine Einrichtung des Landes. Es beansprucht etwa zwei Drittel der Fläche von PHV und soll nach Fertigstellung eines Neubaus in den Norden des künftigen Stadtteils umziehen.

> Die Registrierung der Flüchtlinge in Baden-Württemberg ist die zentrale Aufgabe der Einrichtung. Danach werden die Bewohner auf die Kommunen verteilt. Vorläufer des Zentrums war die Ende 2014 in PHV eingerichtete Bedarfsorientierte Erstaufnahmestelle. Ursprünglich sollten dort maximal 1000 Flüchtlinge untergebracht werden, doch diese Zahl musste immer wieder nach oben revidiert werden. Weil die Einrichtung in Heidelberg angesiedelt ist, ist die Stadt von der Verpflichtung befreit, Flüchtlinge aufzunehmen.

> Für die Ukrainer gilt diese Regelung allerdings nicht. Sie dürfen nicht nur frei nach Deutschland einreisen, für sie gilt auch, dass sie umgehend Sozialhilfe beantragen können. Sie müssen nicht ins Ankunftszentrum, können es aber nutzen. Die Stadt wiederum muss die ihr zugewiesenen ukrainischen Flüchtlinge unterbringen. jola

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Die bereits hier untergebrachten Ukrainer lebten vielfach in Wohnungen von Privatleuten. "Verwaltung und Private leisten hier Enormes", so Würzner, der sich bei der Bevölkerung für das große Engagement bedankte.

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Um die geflüchteten Ukrainer nicht in Turnhallen oder Containern unterbringen zu müssen – wie es in anderen Städten bereits geschieht –, schafft die Stadt Heidelberg nun Abhilfe in PHV. Eines der drei Gebäude soll voraussichtlich bereits Ende Oktober zur Verfügung stehen. Hochbauamt, das Amt für Soziales und viele Mitarbeiter aus Schlosserei, Malerei, Elektro-Werkstatt und Schreinerei der städtischen Abfallwirtschaft würden mit externen Partnern "unter Hochdruck" daran arbeiten. "Das ist ein enormer Kraftakt", so Würzner.

Die Wohngebäude standen bislang leer, waren nicht an das Fernwärme-, Wasser- oder Stromnetz angeschlossen. Diese Leitungen wurden nun teilweise überirdisch vom Ankunftszentrum zu den Gebäuden gelegt. In den Wohnungen arbeitet die Stadt mit Stockbetten. Sie entsprechen also nicht dem Standard, der für normale Wohnungen in Heidelberg gilt.

So sieht es in den Bauten aus: Mitarbeiter der Stadt rücken in einem bezugsfertigen Zimmer noch Stockbetten zurecht. Foto: Stadt Heidelberg

Das Ankunftszentrum soll derweil wieder bis zu 3500 Plätze bieten. Hier waren zu Hochzeiten der Flüchtlingsbewegung rund 5000 Menschen untergebracht. Der Gemeinderat hatte vor Jahren allerdings beschlossen, dass höchstens 1500 Plätze belegt werden. Kurz nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs wurde in Absprache mit dem Land die Kapazitätsgrenze wieder auf 2800 erhöht.

Nun sei das Land erneut auf die Stadt zugekommen, so Würzner, und habe darum gebeten, mehr Flüchtlinge dort unterbringen zu können. Das wolle man ermöglichen. Die Stadt stehe mit ihrer eigens gegründeten "Task Force" im engen Austausch mit Ankunftszentrumsleiter Markus Rothfuß.

Eine Dauerlösung sei das aber nicht: "Der Beschluss gilt noch immer", so Würzner über die Höchstgrenze von 1500 Plätzen im Ankunftszentrum. Diese Kapazität sei auch für den Neubau innerhalb des PHV weiter vorgesehen.

Das Ankunftszentrum belegt zurzeit rund zwei Drittel der Fläche von PHV. Es wird langfristig in den Norden des künftigen Stadtteils ziehen, die Gebäude dafür werden neu gebaut. Bis es so weit ist, würden allerdings noch acht bis zehn Jahre ins Land gehen, erklärte Würzner.

Derweil entwickelt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) im Süden des Stadtteils ein Wohnquartier.

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