Sören Michelsburg will neues OB-Referat gegen Wohnungsnot
Der SPD-Kandidat traf sich zur Diskussion mit Bauministerin Geywitz. Die Regierung verspricht mehr Geld für Sozialwohnungen.

Von Arndt Krödel
Heidelberg. Auch Heidelberg steht als Kommune vor der großen Herausforderung, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen: In den letzten zehn Jahren seien die Preise "durch die Decke geschossen", stellte der sozialdemokratische OB-Kandidat Sören Michelsburg bei einer Wahlkampf-Matinee mit Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) im Regionalzentrum der Partei in der Bergheimer Straße fest. Junge Familien zögen weg, weil sie keine Wohnung finden, und auch die Situation für Obdachlose sei problematisch: "Man hat keinen Wohnraum für Menschen, die wenig oder gar kein Einkommen haben." Als Gegenmaßnahme stellt sich Michelsburg ein direkt beim Oberbürgermeister angesiedeltes Referat für bezahlbares Wohnen vor.
Ihr neu geschaffenes Ministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, so Geywitz, setze den Fokus auf die Transformation im Baubereich: Es sei notwendig, in Zukunft bezahlbare Häuser mit anderen Materialien und weniger Personal zu bauen – und sie mit Blick auf das Klima anders zu beheizen. Zudem sollen viel mehr Mittel in den sozialen Wohnungsbau investiert und die Mieter durch eine deutliche Erhöhung des Wohngelds gestärkt werden. Die Bundesregierung wolle sich auch um die Bekämpfung der Obdachlosigkeit kümmern. Darüber hinaus, so Geywitz, werde im Wohnbereich die Wohngemeinnützigkeit wieder etabliert werden – also Wohnungen, die dauerhaft in der Sozialbindung bleiben und durch besondere Steuermodelle attraktiv sind.
Bei der Entwicklung des neuen Stadtteils Patrick-Henry-Village (PHV) würde Michelsburg die Flächen von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) erst mal komplett ankaufen, "damit wir eine Hand drauf haben, wem wir diese Flächen zur Verfügung geben", also zum Beispiel Genossenschaften, gemeinnützigen Baugruppen oder der stadteigenen Wohnungsbaugesellschaft GGH. Damit könne man konkret für bezahlbares Wohnen sorgen, statt die Sache dem freien Markt zu überlassen. Zudem will Michelsburg das Erbbaurecht stärker nutzen: So blieben Flächen in städtischer Hand, wodurch man langfristig eine solide Haushaltspolitik schaffe. Die Stadt habe ein Vorkaufsrecht und könne zudem in die entsprechenden Verträge "viel mehr reinschreiben, als wenn man einfach nur den Grund und Boden verkauft". Laut Bundesministerin Geywitz kann die Bima Grundstücke jetzt auch preiswerter an Kommunen abgeben, das sei jeweils Aushandlungssache.
Als jemand, der vom Defizit im sozialen Wohnungsbau betroffen ist, meldete sich Lukas Essig zu Wort, seit zwei Jahren wohnungslos und im Wichernheim untergebracht, das "so rappelvoll wie seit Jahren nicht mehr" sei. Daran sehe man, wie nötig es sei, die im wohnungspolitischen Konzept für PHV beschlossene 30-Prozent-Quote für den sozialen Wohnungsbau massiv zu erhöhen. Die Quote sei gar nicht so entscheidend für das Schaffen preiswerten Wohnraums, meinte OB-Kandidat Michelsburg. Die Miete der Bestandswohnungen – habe die Bima vorgerechnet – sei wahrscheinlich günstiger als bei Neubauten, die gefördert vermietet würden. "Wir brauchen hier einen Mix", fasste er sein Konzept zusammen.
Beim Thema Obdachlosigkeit müsse man direkt mit dem Verein Obdach und dem Wichernheim zusammenarbeiten, um Wohnraum zu schaffen. In PHV solle Obdach ein oder zwei Häuser entwickeln, damit man das Problem nicht dem Markt überlässt. Die Bundesregierung, ergänzte Geywitz, wolle im nächsten Jahr einen nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit umsetzen, gemeinsam mit den Kommunen – hier sei zum Beispiel Mannheim sehr erfahren. "Im Prinzip sind wir für Fälle wie den Ihren da", wandte sich Peter Jacobs von der Baugenossenschaft Neu Heidelberg an den Wichernheim-Bewohner. Das Hauptkriterium sei aber die Dauer der Mitgliedschaft. Wenn er heute Mitglied würde, hätte er vielleicht in drei oder vier Jahren eine Chance, eine Wohnung zu bekommen, weil so viele gleich gelagerte Fälle bereits auf der Warteliste stehen.
Wohnungspolitik müsse viel stärker in den Fokus städtischer Politik gerückt werden, betonte Michelsburg: "Wir brauchen beim Oberbürgermeister ein Referat für bezahlbares Wohnen, das sich um Familien und Obdachlose kümmert und mit den Genossenschaften die Pachtverträge verlängert." Hier müssten alle betreffenden Themen gebündelt und bearbeitet werden – Freiburg mache das mit einem solchen Referat sehr gut vor.