Das DAI hat jetzt einen Betriebsrat
Das dreiköpfige Gremium wurde bei einer Wahlbeteiligung von 100 Prozent gewählt.

Heidelberg. (RNZ) Am Deutsch-Amerikanischen Institut (DAI) gibt es erstmals einen Betriebsrat. Dies teilte das Kulturhaus am Montag per Pressemitteilung mit. Fünf Angestellte waren angetreten, drei wurden gewählt: Filip Fehrmann (Grafik und Video), Adrian Gillmann (Programmassistent), und Brigitte Kipke (Finanzen DAI-Kindergärten). Die Beteiligung lag bei 100 Prozent: Alle 32 wahlberechtigten Angestellten hatten ihre Stimme abgegeben. Wer Vorsitzender des Gremiums wird, steht noch nicht fest.
Nachdem eine Gruppe von Mitarbeitern im Januar in einem anonymen Brief an den Trägerverein des DAI weitreichende Vorwürfe gegen die Leitung des Hauses erhoben hatte, wurde die Doppelspitze nach Vorliegen des Gutachtens einer Anwaltskanzlei von ihren Verwaltungsaufgaben abberufen. Der Interimsgeschäftsführer des Kulturhauses, Dietrich Firnhaber, berichtet am Donnerstag im nicht-öffentlichen Teil des Kulturausschusses über die Ergebnisse des Gutachtens.
Update: Montag, 28. März 2022, 20.15 Uhr
Weiterhin gibt es Unruhe am DAI
Dem potenziellen Rechtsbruch soll nun nachgegangen werden, die Fraktionen wollen über die Gutachten-Ergebnisse informiert werden. Derweil trat der Trägerverein-Vorsitzende Joachim Gerner zurück.

Von Sebastian Riemer
Heidelberg. Auch nach den Personalentscheidungen am Deutsch-Amerikanischen Institut (DAI) kommt das Kulturhaus nicht zur Ruhe. Die am Mittwoch anstehende Betriebsratswahl verstärkt die Lagerbildung unter den Angestellten. Manche stehen auf der Seite der von ihren Verwaltungsaufgaben abberufenen Doppelspitze. Andere Mitarbeiter stört, dass Jakob Köllhofer Programmchef bleibt und die bisherige Co-Geschäftsführerin im DAI weiterarbeiten und in der Bibliothek eingesetzt werden soll.
Auch interessant
Nach RNZ-Informationen hat die Untersuchung der Kanzlei Wellensiek viele der Vorwürfe der anonymen Mitarbeitergruppe gegen das bisherige Führungsduo bestätigt. Doch ist das Gutachten streng vertraulich und nur dem vierköpfigen Vorstand und den 15 Mitgliedern des Verwaltungsrats der Schurman-Gesellschaft – das ist der Trägerverein des DAI – bekannt.
Nun haben Grüne, SPD, "Heidelberger", Linke sowie die Stadträte Waseem Butt und Hilde Stolz beantragt, dass das Gutachten im nicht-öffentlichen Teil des Kulturausschusses am 31. März vorgestellt wird. Dies soll entweder einer der Wellensiek-Anwälte oder der DAI-Interimsleiter Dietrich Firnhaber übernehmen. Die Stadt Heidelberg ist der größte Zuschussgeber und steuert die Hälfte des Gesamtetats des DAI bei: 2020 wurden 800.000 Euro an das Kulturhaus überwiesen. Ein Stadtsprecher erklärte auf RNZ-Anfrage zu dem Antrag: "Die Verwaltung klärt in den kommenden Tagen, ob das ermöglicht werden kann."
Das DAI kündigte weitere Konsequenzen aus dem Gutachten an. Auf RNZ-Anfrage erklärte eine Sprecherin des Kulturhauses: "Soweit erforderlich, wird mit rechtlicher Unterstützung weiter untersucht, wo Rechtspositionen von Mitarbeitern verletzt wurden." Einem potenziellen Rechtsbruch der bisherigen DAI-Spitze werde mit "externer arbeitsrechtlicher Expertise" nachgegangen. Das Gutachten brachte laut Dietrich Firnhaber zutage, dass die Angestellten 2020 offenbar rechtswidrig kein Weihnachtsgeld erhielten.
Unterdessen ist Joachim Gerner als Vorsitzender des Vorstands der Schurman-Gesellschaft zurückgetreten. Diesen Posten hatte der Ex-SPD-Kulturbürgermeister (2005-2021) seit 2006 inne. Zu seinen Gründen sagte Gerner auf RNZ-Anfrage nichts. Der Verwaltungsrat hatte ihn und die drei anderen Vorstandsmitglieder in einer Sitzung am 11. März beauftragt, ein Konzept für eine professionelle Neuaufstellung des DAI zu entwerfen. Nach RNZ-Informationen erklärte Gerner daraufhin ad hoc – in der Sitzung – seinen Rücktritt. Einen Nachfolger gibt es noch nicht. Die Arbeit an dem Konzept hängt nun an den drei übrigen Vorstandsmitgliedern: der ehemaligen OB-Referentin Nicole Huber, dem emeritierten Jura-Professor Martin Sattler und der Kinderärztin Verena Mandelbaum. Laut DAI sollen auch Organisationsexperten, andere Fachkräfte und DAI-Mitarbeiter eingebunden werden.
Zurückgetreten ist auch ein Mitglied des Schurman-Verwaltungsrats: SPD-Stadtrat Mathias Michalski. Er erklärte auf RNZ-Anfrage: "Ich bin froh, dass es jetzt einen Betriebsrat geben wird. Da ich hierzu auch meinen Beitrag leisten konnte, ist meine Aufgabe für mich an dieser Stelle beendet."
Da der DAI-Trägerverein unter Leitung des Vorstandsvorsitzenden Joachim Gerner und des Verwaltungsratsvorsitzenden Eckart Würzner in der Vergangenheit nichts gegen die jahrelangen Missstände unternommen hatte, stehen auch diese Gremien auf dem Prüfstand. Die DAI-Sprecherin erklärt: "Vorstand und Verwaltungsrat werden sich im Zuge der Neuorganisation auch mit den Strukturen und Abläufen in den eigenen Gremien beschäftigen und daraus Maßnahmen ableiten."
Update: Freitag, 18. März 2022, 21 Uhr
DAI-Mitarbeiter gründen Betriebsrat
Von Sebastian Riemer
Heidelberg. Die Mitarbeiter des Deutsch-Amerikanischen Instituts (DAI) gründen einen Betriebsrat. In dem Kulturhaus wurde am Dienstag ein Vorstand für die am 23. März geplante Betriebsratswahl gewählt. Fünf Kandidaten treten für die dreiköpfige Arbeitnehmervertretung an. Die Stimmen werden am 28. März ausgezählt.
Der DAI-Trägerverein, die Schurman-Gesellschaft, hat am Freitag die bisherige DAI-Doppelspitze von ihren Verwaltungsaufgaben entbunden. Zuvor hatte ein Gutachten viele der weitreichenden Vorwürfe einer anonymen Gruppe von Mitarbeitern gegen Jakob Köllhofer und seine bisherige Co-Geschäftsführerin bestätigt. Köllhofer soll sich fortan nur noch um das DAI-Programm kümmern, sein Direktoren-Vertrag bleibt aber unverändert.
Update: Mittwoch, 16. März 2022, 20.45 Uhr
Das DAI soll "professionalisiert" werden
Nach Mitarbeiter-Vorwürfen und Gutachten: Die Doppelspitze wird abgesetzt und eine neue Verwaltungsleitung gesucht. Köllhofer bleibt jedoch Programmchef.
Von Sebastian Riemer
Heidelberg, Jakob Köllhofer muss nach 35 Jahren als Direktor des Deutsch-Amerikanischen Instituts (DAI) einen großen Teil seiner Führungsverantwortung abgeben. Der 74-Jährige wurde von seinen Verwaltungsaufgaben entbunden und ist künftig nur noch für das Veranstaltungsprogramm des Kulturhauses zuständig. Er wird auch abberufen als Geschäftsführer der Trägergesellschaft der drei Kindergärten sowie der Schule des DAI. Köllhofers bisherige Mit-Geschäftsführerin wird von ihren Leitungsaufgaben sowohl am Kulturhaus wie auch in den Bildungseinrichtungen komplett entbunden und soll künftig schwerpunktmäßig in der DAI-Bibliothek arbeiten. Damit ist die bisherige Doppelspitze am Deutsch-Amerikanischen Institut Geschichte.
Diese Entscheidungen hat der Verwaltungsrat des Trägervereins des Kulturhauses, die Schurman-Gesellschaft, in einer Sitzung am Freitagabend getroffen. Damit reagiert das Gremium auf das nun vorliegende Gutachten der Kanzlei Wellensiek, die am 24. Januar beauftragt worden war, die von zehn Angestellten in einem anonymen Schreiben erhobenen Vorwürfe gegen die Doppelspitze zu untersuchen. In dem Brief war unter anderem von "Misswirtschaft und ungenügendem Personalmanagement" die Rede. Die Mitarbeitergruppe forderte die Absetzung der Doppelspitze.
Hintergrund
Sebastian Riemer über die Neuaufstellung am DAI
Das DAI wird nun also einer Professionalisierungskur unterzogen und personell neu aufgestellt. Nach dem Gutachten der Kanzlei Wellensiek ist dies offenbar bitter nötig, denn nicht wenige Angestellte leiden
Sebastian Riemer über die Neuaufstellung am DAI
Das DAI wird nun also einer Professionalisierungskur unterzogen und personell neu aufgestellt. Nach dem Gutachten der Kanzlei Wellensiek ist dies offenbar bitter nötig, denn nicht wenige Angestellte leiden darunter, dass Zuständigkeiten unklar, Zeit- und Geldbudgets intransparent und Absprachen oft unverbindlich sind. Doch die Aufgabe ist knifflig, weil die Gefahr besteht, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Schließlich kann man ein Kulturhaus auch nicht führen wie eine Aktiengesellschaft. Es braucht weiterhin Raum für Kreativität und Improvisation.
Noch schwieriger aber wird die Herausforderung, die Arbeitsatmosphäre wieder zu verbessern. Denn die Belegschaft am DAI ist tief gespalten. Manche sehnen sich nach tiefgreifenden Veränderungen, andere sind schwer enttäuscht vom Vorgehen der anonymen Gruppe, welche die Vorwürfe gegen die Leitung öffentlich machte.
Indem Jakob Köllhofer weiter das Programm des DAI verantwortet, ist zunächst Kontinuität gesichert. Auf seine Erfahrung, Ideen und Kontakte ist in dem Kulturhaus alles zugeschnitten. Der 74-Jährige hat das DAI mit riesigem Einsatz in über drei Jahrzehnten zu einer strahlenden Kultureinrichtung gemacht. Dafür gebühren ihm Respekt und Dank. Doch zu professionellen Strukturen gehört eben auch, dass Führungspersonen in den verdienten Ruhestand gehen können, ohne dass die ganze Unternehmung in Gefahr gerät. Dafür braucht das Haus nun ein tragfähiges Zukunftskonzept. Damit Jakob Köllhofers Lebenswerk, das DAI, auch in ein paar Jahren noch weit über Heidelberg hinaus strahlt.
"Das Gutachten hat deutlich gezeigt, dass viele Mitarbeiter am DAI stark überlastet sind", sagt der Manager Dietrich Firnhaber, der das Kulturhaus als Mitglied des Verwaltungsrats seit Anfang Februar kommissarisch – und ehrenamtlich – leitet. Die Gründe dafür lägen in erster Linie in der mangelnden Organisation bei der Verwaltung des Hauses: "Es gibt grundlegende Probleme bei Prozessen, Kommunikationswegen und Zuständigkeiten." Klar sei: "Die Verwaltung des DAI muss professionalisiert werden." Zunächst wird deshalb die Leitung des Kulturhauses und der DAI-Bildungseinrichtungen getrennt. Köllhofer und seine Co-Chefin sind mit sofortiger Wirkung nicht mehr Geschäftsführer der "Heidelberg New School of Life gGmbH", der Trägergesellschaft von Schule und Kindergärten. Als Alleingeschäftsführer übernimmt Siegbert Moraw vom Vorstand des DAI-Freundeskreises.
Um die Verwaltung des Kulturhauses in der Sofienstraße professionell aufzustellen, soll der vierköpfige Vorstand der Schurman-Gesellschaft mit Ex-Kulturbürgermeister Joachim Gerner (SPD) an der Spitze ein Konzept entwerfen. Zudem wird eine "fachlich geeignete neue Verwaltungsleitung" gesucht, wie es in einer Pressemitteilung von Montag heißt.
Das anonyme Schreiben der zehn Mitarbeiter hatte der DAI-Leitung nicht nur Misswirtschaft, sondern auch "psychische Gewalt und Mobbing" unterstellt. Die weitreichenden, persönlichen Vorwürfe "wurden in dem Gutachten so nicht bestätigt", sagt Firnhaber. "Sicherlich war der Umgang mit den Angestellten in diversen Situationen nicht ideal." Es habe mehrere Einzelfälle gegeben, "bei denen Mitarbeiter sich derart unter Druck gesetzt fühlten, dass dies nicht mehr gesund war". Ein "systematisches Mobbing" aber habe der Doppelspitze nicht nachgewiesen werden können. Ein großer Teil der Belastung der Angestellten liege an den strukturellen Defiziten, die man nun angehe.
Firnhaber sagt deutlich: "Die programmatische Gesamtleitung des DAI bleibt bei Jakob Köllhofer." Der 74-Jährige habe das Haus mit seinen Konzepten und Ideen, seiner Zugkraft und seinen Kontakten in alle Welt zu einem kulturellen Leuchtturm Heidelbergs gemacht – und diesen wolle man unbedingt erhalten. Köllhofers Vertrag bleibe unverändert.
Im Rahmen der fünfwöchigen Untersuchung hatten zwei Anwälte der Kanzlei Wellensiek laut Firnhaber mit rund 60 Angestellten vertrauliche Gespräche geführt – damit haben sich knapp drei Viertel aller Beschäftigten des Kulturhauses, der Kitas und der Schule beteiligt. Zudem konnten Angestellte anonym Dokumente hochladen. Die Mitarbeitergruppe, deren anonymer Brief die Untersuchung ausgelöst hatte, stand über einen Anwalt in Kontakt zur Kanzlei Wellensiek. Die Kosten des Gutachtens sollten ursprünglich im fünfstelligen Bereich liegen. Nun könnte es laut Firnhaber aber teurer werden, weil die Untersuchung so umfangreich gewesen sei. Die Kosten teilen sich die Auftraggeber, die Schurman-Gesellschaft und der DAI-Freundeskreis.
Für Dietrich Firnhaber, der nun zunächst weitermacht als kommissarischer Leiter, steht im DAI jetzt der Betriebsfrieden im Mittelpunkt: "Die Mitarbeiter müssen wieder Vertrauen zueinanderfinden." Es sei wichtig, sie in die geplanten Veränderungen einzubinden. "Hier arbeiten viele unglaublich engagierte Menschen, die sich stark mit dem Haus identifizieren – aber natürlich ist die Verunsicherung zurzeit groß."
Erst einmal steht nun die Gründung eines Betriebsrats am DAI an. Bereits diesen Dienstag werden die Wahlvorstände gewählt, nächste Woche sollen die Angestellten dann die Mitglieder des Betriebsrats wählen.
Update: Montag, 14. März 2022, 20.42 Uhr
Untersuchung am DAI beendet
Das Ergebnis ist allerdings noch nicht öffentlich. Die Mitarbeiter planen nun einen Betriebsrat.
Heidelberg. (rie) Die externe Untersuchung der anonymen Vorwürfe von Mitarbeitern des Deutsch-Amerikanischen Instituts (DAI) gegen die Doppelspitze des Kulturhauses ist abgeschlossen. Das bestätigte der kommissarische Leiter des DAI, Dietrich Firnhaber, am Montag auf RNZ-Anfrage. Das Ergebnis der Untersuchung ist aber noch nicht bekannt.
Nach RNZ-Informationen stellt Rechtsanwalt Dirk Adam von der Kanzlei Wellensiek, der die Untersuchung geleitet hat, das Ergebnis noch diesen Dienstag dem Vorstand und Verwaltungsrat der Schurman-Gesellschaft als Trägerverein des DAI vor. Am Freitag soll das Gremium dann erneut zusammenkommen, um das weitere Vorgehen zu beraten. Anwalt Adam selbst ließ mehrere Anfragen der RNZ unbeantwortet.
Unterdessen bereiten DAI-Mitarbeiter die Bildung eines Betriebsrats vor. Das bestätigte Peter Müller von der Gewerkschaft Verdi der RNZ. Wann der Betriebsrat gegründet werden kann, stehe aber noch nicht fest, da "einige rechtliche Fragen noch nicht ganz geklärt" seien.
Zehn DAI-Angestellte hatten Mitte Januar anonym und schriftlich weitreichende Vorwürfe gegen die Geschäftsführung des Kulturhauses geäußert. Die Mitarbeiter, die sich auch namentlich an die RNZ gewandt hatten, warfen der Leitung etwa "Mobbing und Misswirtschaft" sowie die "Missachtung von Arbeitnehmerrechten" vor. Daraufhin hatte der Verwaltungsrat der Schurman-Gesellschaft die Untersuchung beauftragt.
Update: Mittwoch, 16. März 2022, 20 Uhr
Nach den Vorwürfen lässt die Doppelspitze die Leitung des DAI ruhen
Zehn Angestellte fordern in anonymem Schreiben Absetzung der Geschäftsführung des Deutsch-Amerikanischen Instituts. Das führte bereits zu ersten Konsequenzen.

Von Sebastian Riemer
Heidelberg. Während die Untersuchung der anonymen Vorwürfe von Mitarbeitern gegen die Doppelspitze des Deutsch-Amerikanischen Instituts (DAI) durch die Heidelberger Kanzlei Wellensiek angelaufen ist, ziehen sich die beiden DAI-Geschäftsführer vorerst zurück. In einer Sitzung des Verwaltungsrats der Schurman-Gesellschaft – des Trägervereins des DAI – am Dienstag boten beide an, ihre Leitungsfunktion so lange ruhen zu lassen, bis die Untersuchung der Vorwürfe abgeschlossen ist. Kommissarisch übernimmt nun ein Mitglied des Schurman-Verwaltungsrats die Leitung des Kulturhauses: der Jurist Dietrich Firnhaber.
Oberbürgermeister Eckart Würzner und Ex-Kulturbürgermeister Joachim Gerner bestätigten diese Entwicklung der Rhein-Neckar-Zeitung am Mittwoch auf Nachfrage. Würzner ist Vorsitzender des Verwaltungsrats der Schurman-Gesellschaft, Gerner steht dem Vorstand des Trägervereins vor. "Wir danken den beiden Geschäftsführern für das Angebot, die Leitung ruhen zu lassen", sagte Würzner. Es gehe nun darum, Ruhe in die Angelegenheit zu bringen. Die Prüfung der Vorwürfe müsse sauber und ruhig ablaufen. "Alles soll in Gänze aufgeklärt werden", so Würzner, "damit eines der wichtigsten Kulturhäuser unserer Stadt keinen Schaden nimmt." Am Mittwochmorgen habe man auch die Mitarbeiter informiert, dass nun interimsmäßig ein neuer Leiter übernehmen werde.
Hintergrund
DAI-Programm läuft weiter
rie. Die Untersuchung der Vorwürfe von etwa der Hälfte der Mitarbeiter des Deutsch-Amerikanischen Instituts (DAI) gegen die Leitung des Hauses beeinträchtigt das Kulturprogramm nicht. "Das Tagesgeschäft des DAI läuft wie
DAI-Programm läuft weiter
rie. Die Untersuchung der Vorwürfe von etwa der Hälfte der Mitarbeiter des Deutsch-Amerikanischen Instituts (DAI) gegen die Leitung des Hauses beeinträchtigt das Kulturprogramm nicht. "Das Tagesgeschäft des DAI läuft wie geplant weiter", so eine DAI-Sprecherin. Auch der kommissarische Führungswechsel habe "keinerlei Auswirkungen auf das Programm und das aktuelle Tagesgeschäft".
Die beiden Geschäftsführer lassen ihre Leitungsfunktion ruhen, solange die Untersuchung der Vorwürfe durch die Kanzlei Wellensiek läuft. Der Jurist Dietrich Firnhaber aus dem Verwaltungsrat des DAI-Trägervereins Schurman-Gesellschaft hat die Leitung kommissarisch übernommen. Laut der Sprecherin sind die beiden Geschäftsführer aber "weiterhin im DAI anwesend und führen ihr Tagesgeschäft weiter". Dies beinhalte "vor allem die Aufgaben der aktuellen Programmleitung und Programmplanung".
Zwei Termine im DAI wurden indes aus anderen Gründen abgesagt: Johanna Pinks Vortrag ("Der Koran heute") am Sonntag fällt aus, weil Pink erkrankt ist. Gabriele Berrer-Wallbrechts Vortrag ("Reisen – Wesen des Islams") am Montag wurde wegen der Pandemie auf 16. Mai verschoben.
Würzner dankte Dietrich Firnhaber für dessen Bereitschaft, die kommissarische Leitung des Kulturhauses ehrenamtlich zu übernehmen. Der Jurist und Top-Manager arbeitet bei der Covestro AG, einem Werkstoffhersteller mit Sitz in Leverkusen. Firnhaber ist nun bis zum Ende der Untersuchung am DAI für die Bereiche Personal, Finanzen und Organisation verantwortlich.
Die Untersuchung der Vorwürfe durch die Kanzlei Wellensiek ist indes in vollem Gange. Nach RNZ-Informationen führen zwei Anwälte seit Dienstag im Stammhaus in der Sofienstraße Einzelgespräche mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Zehn Angestellte des Kulturhauses hatten vor rund zwei Wochen in einem anonymen vierseitigen Schreiben an die Schurman-Gesellschaft, den DAI-Freundeskreis und Kulturbürgermeister Wolfgang Erichson weitreichende Vorwürfe gegen die Geschäftsführung des Kulturhauses geäußert. Unter anderem war darin die Rede von "Mobbing und Misswirtschaft" sowie der "Missachtung von Arbeitnehmerrechten". Daraufhin hatte der Verwaltungsrat am 24. Januar die Kanzlei Wellensiek mit der Untersuchung beauftragt. Laut Anwalt Dirk Adam soll diese im März abgeschlossen werden.
Update: Donnerstag, 3. Februar 2022, 6 Uhr
"Mobbing", "Misswirtschaft" und "toxische Atmosphäre" im DAI?
Von Sebastian Riemer
Heidelberg. Zehn Angestellte des Deutsch-Amerikanischen Instituts (DAI) Heidelberg erheben umfassende Vorwürfe gegen die zweiköpfige Geschäftsführung der Kultur- und Bildungseinrichtung. Die Gruppe hat als Initiative "Rettet das DAI" vergangene Woche einen anonymen Brief an die Schurman-Gesellschaft als Trägerverein des Kulturhauses, an den Freundeskreis des DAI sowie an Kulturbürgermeister Wolfgang Erichson geschickt. Beide Vereine stellten sich daraufhin hinter die Leitung des Hauses, haben aber eine externe Untersuchung eingeleitet.
In dem vierseitigen Schreiben, das dieser Zeitung vorliegt, ist die Rede von "Mobbing und Misswirtschaft" sowie von der "Missachtung von Arbeitnehmerrechten". Ein Satz aus dem Schreiben lautet: "Unsere Arbeitsverhältnisse sind von einer toxischen Atmosphäre, autokratischer Führung und dem Fehlen jeglicher Struktur und sachlicher Gesprächsführung geprägt." Den Geschäftsführern wird Fehlverhalten in zahlreichen Fällen vorgeworfen.
Die Angestellten fordern in ihrem Brief die Absetzung der DAI-Doppelspitze, die Einrichtung eines Betriebsrats sowie die Klärung des Sachverhalts durch einen neutralen Dritten. Die Beschäftigten geben an, dass "alle Versuche, die massiven Probleme mit der Leitung zu klären", gescheitert seien. Die kulturelle Arbeit des DAI liege ihnen "sehr am Herzen", heißt es weiter. Auch deshalb habe man die Situation "lange Zeit ertragen". Schließlich schreibt die Gruppe: "Eine Zukunft des DAI in würdevoller Zusammenarbeit, Transparenz und finanziell wie kulturell verantwortungsvollem Wirken in unserer Stadt, sehen wir nur mittels der Abberufung" der beiden Direktoren "von allen Leitungsfunktionen und einer restlosen Aufklärung der Vorgänge gegeben". Bei den zehn Beschäftigten, die sich namentlich an die RNZ wandten, handelt es sich um knapp die Hälfte der Mitarbeiter im Stammhaus in der Sofienstraße.
Die Geschäftsführer des DAI antworteten zwar nicht direkt auf die RNZ-Anfrage zu den Vorwürfen in dem anonymen Brief. Eine Sprecherin erklärte aber, dass beide in die von der Schurman-Gesellschaft und dem Freundeskreis abgegebenen Stellungnahmen eingebunden gewesen seien. Beide Vereine stellten sich auf RNZ-Anfrage ausdrücklich hinter die Leitung des Kulturhauses. In ihren Erklärungen hieß es, man spreche "der Geschäftsführung des DAI sein volles Vertrauen aus" und werde "der Sache durch die Einleitung einer unabhängigen Untersuchung zeitnah" nachgehen.
Oberbürgermeister Eckart Würzner – er ist Vorsitzender des Verwaltungsrates der Schurman-Gesellschaft – sowie Kulturbürgermeister Erichson erklärten auf RNZ-Anfrage in einer gemeinsamen Stellungnahme: "Es ist für uns selbstverständlich, dass die Vorwürfe restlos aufgeklärt werden müssen." Dafür gebe es "klare Kontrollstrukturen innerhalb des DAI", die mit der eingeleiteten Untersuchung bereits greifen würden. Auch Würzner und Erichson sprachen der DAI-Spitze ihr "volles Vertrauen" aus.
Die angekündigte Untersuchung der Vorwürfe wurde bei Sitzungen am vergangenen Wochenende auf den Weg gebracht. "In den jeweiligen Gremien wurde einstimmig beschlossen, eine unabhängige und neutrale Kanzlei mit einem Compliance-Verfahren zur Aufklärung und Begutachtung der erhobenen Vorwürfe zu beauftragen", schrieben der Vorsitzende des Vorstands der Schurman-Gesellschaft, Ex-Kulturbürgermeister Joachim Gerner, sowie Siegbert Moraw vom Freundeskreis-Vorstand, der RNZ am Montag. Weiter heißt es: "Mit großer Mehrheit wurde die Kanzlei Wellensiek als neutrale, objektive und unabhängige Instanz zur Durchführung des Verfahrens bestimmt." Der Rechtsanwalt Dirk Adam werde die Untersuchung übernehmen.
Adam erklärte gegenüber der RNZ am Dienstag, dass die Untersuchung bereits am Montag gestartet sei. Das genaue Verfahren und die einzelnen Schritte könne er aktuell nicht offenlegen, "um die Untersuchung und Begutachtung in ihrem objektiven Gehalt nicht negativ zu beeinflussen", so der Anwalt. Und weiter: "Es wird ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt, um den Maßgaben der ,rückhaltlosen Aufklärung’ zu genügen." Man arbeite "mit mehreren Berufsträgern gleichzeitig an diesem Projekt" und habe sich zum Ziel gesetzt, die Begutachtung bereits im März abzuschließen. Erklärtes Ziel sei es, einen möglichen Reputationsschaden für die bisher überaus erfolgreiche Institution DAI durch eine rasche Aufklärung gering zu halten.
Kleine Randbemerkung: Der bekannte Heidelberger Insolvenzverwalter Jobst Wellensiek, Seniorsozius der beauftragten Kanzlei, ist Mitglied des DAI-Freundeskreises. Darin sieht Anwalt Dirk Adam allerdings keine Hürde für eine unabhängige Untersuchung. Adam schreibt: "Die passive Mitgliedschaft unseres sehr geschätzten 90-jährigen Seniorpartners, der an der in meinem Referat betreuten Begutachtung und (forensischen) Prüfung nicht selbst mitwirkt und auf diese qua Satzung und Berufsrecht auch nicht beeinflussend einwirken kann (und will), ist kein rechtlicher oder tatsächlicher Hinderungsgrund für eine neutrale Begutachtung durch unsere Sozietät."
Nach RNZ-Informationen soll es in der Sitzung von Vorstand und Verwaltungsrat der Schurman-Gesellschaft am Sonntag auch Stimmen gegen die Beauftragung einer Heidelberger Kanzlei gegeben haben. Um eine unabhängige Untersuchung sicherzustellen, hätten sich Teilnehmer in der Sitzung dafür ausgesprochen, ein Zweitangebot von außerhalb Heidelbergs einzuholen. Sie seien aber überstimmt worden.
Die Anwaltskosten für die Untersuchung sollen nach RNZ-Informationen im fünf- oder sogar sechsstelligen Bereich liegen. Rechtsanwalt Adam erklärte gegenüber der RNZ, er könne dazu aktuell keine Aussage treffen. Die Frage, wer die Kosten trage, hänge "nicht zuletzt vom Ergebnis der Begutachtung ab". Zudem prüfe man potenzielle Erstattungspflichten durch eine sogenannte D&O-Versicherung – das ist eine Art Haftpflichtversicherung, die eine Einrichtung für ihre Organe und ihre leitenden Angestellten abschließen kann.
Die RNZ fragte auch bei Schurman-Vorstand Joachim Gerner nach, wer die Kosten der Untersuchung trägt. Eine Antwort blieb aus. Nach RNZ-Informationen wurde von den beratenden Gremien die Idee aufgebracht, die Kosten zwischen Schurman-Gesellschaft, Freundeskreis und der "New School of Life gGmbH" aufzuteilen.
Hintergrund: Das DAI
> Das Deutsch-Amerikanische Institut (DAI) Heidelberg in der Sofienstraße 12 ging in den 1970er-Jahren aus dem Amerikahaus hervor. Direkt nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden in vielen Städten Amerikahäuser, um die Demokratisierung der Deutschen anhand des Vorbilds Amerika voranzubringen. Heute ist das DAI eine breit aufgestellte Kultur- und Bildungseinrichtung mit umfangreichem Veranstaltungsprogramm, Sprachkursen und einer englischsprachigen Bibliothek. Zudem unterhält das DAI drei englischsprachige Kindergärten und seit September 2021 eine Schule. Träger der Aktivitäten des DAI sind zwei Vereine: die Schurman-Gesellschaft und der Freundeskreis des DAI Heidelberg. Finanziert wird das DAI von der Stadt Heidelberg (rund 800.000 Euro jährlich), Land und Bund (zusammen rund 400.000 Euro) und den selbst erwirtschafteten Einnahmen. Auch Zuwendungen des Freundeskreises aus dessen Mitgliedsbeiträgen fließen in DAI-Projekte.
> Die Schurman-Gesellschaft e.V. ist der gemeinnützige Trägerverein für das Veranstaltungsprogramm und die sonstigen Aktivitäten im DAI-Stammhaus in der Sofienstraße. Vereinszweck ist laut Satzung "die Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens" sowie "der dauernden Freundschaft zwischen dem deutschen und dem amerikanischen Volk". Zur Erreichung seiner Ziele unterhält der Verein das DAI. Vorsitzender des vierköpfigen Vereinsvorstands ist der ehemalige Kulturbürgermeister Joachim Gerner (SPD). Zudem hat der Verein einen aktuell 15-köpfigen Verwaltungsrat, der die Leitung des DAI wählt und abberufen kann. Ihm sitzt Oberbürgermeister Eckart Würzner vor.
> Der Freundeskreis des DAI Heidelberg e.V. hat knapp 5000 Mitglieder. Die Ärztin Peta Becker von Rose ist Vorsitzende des Vereins. Auch einer der beiden Geschäftsführer des DAI sitzt im Vorstand. Das im Heidelberg Innovation Park entstehende "Begeisterhaus", wo auch die internationale Schule des DAI untergebracht ist, ist ein Freundeskreis-Projekt. Zudem war der Verein für die Kindergärten zuständig – bis zur Gründung einer neuen gemeinnützigen Gesellschaft vor einem Jahr.
> Die Heidelberg New School of Life gGmbH wurde im Februar 2021 als neue Trägergesellschaft für die drei DAI-Kindergärten und die Internationale Schule gegründet. Der Freundeskreis ist Gesellschafter. Geschäftsführer der gemeinnützigen GmbH sind die beiden Geschäftsführer des Deutsch-Amerikanischen Instituts.
Update: Donnerstag, 27. Januar 2022, 20 Uhr