Heidelberg/Neckargemünd

Neckargemünder Anwalt verurteilt

Der 53-Jährige wurde am heutigen Donnerstag zu einer Geldstrafe in Höhe von 28.000 Euro verurteilt.

17.02.2022 UPDATE: 17.02.2022 20:00 Uhr 1 Minute, 57 Sekunden
Archiv-Foto: Alex

Von Sabrina Lehr

Neckargemünd/Heidelberg. "Ich bin nicht der, als der ich hier dargestellt werde", betonte der 53-Jährige am zweiten Verhandlungstag vor dem Heidelberger Amtsgericht. Er fühle sich "wie ein Schwerverbrecher". Kurz darauf nahm der Neckargemünder Anwalt regungslos das Urteil entgegen: Das Gericht verurteilte ihn wegen falscher Aussagen an Eides statt in zwei Fällen. Die Geldstrafe: 140 Tagessätze à 200 Euro, also 28.000 Euro samt Verfahrenskosten. Ein mögliches Berufsverbot, das zum Verfahrensauftakt noch im Raum gestanden hatte, war ebenso kein Thema wie ein dritter Fall, für den der Neckargemünder eigentlich angeklagt war: Dabei soll er versucht haben, durch falsche Behauptungen Nachbarn die Nutzung einer Sauna zu untersagen.

Umso mehr ging es um die beiden anderen Fälle: Im Oktober 2018 war es im Neckargemünder Gemeinderat zum Eklat gekommen, als Bürgermeister Frank Volk den Unternehmensberater Karl Malik nach einem Wortgefecht des Saales verwiesen hatte. Darauf hatte der damals anwesende Anwalt eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, nach der Malik weder Zwischenrufe abgegeben, noch geschrien habe und nicht von Volk ermahnt worden sei.

Aufklärung sollten nun sechs damals anwesende Stadträte bringen: Übereinstimmend berichteten Brigitte Oppelt, Petra Groesser, Anne von Reumont und Thomas Schwenk von Zwischenrufen Maliks mit "lauter Stimme". Sie sagten, dass Volk ihn zur Mäßigung aufgerufen habe, ehe er ihn rauswarf. Von "Stimmengewirr" und "Aufruhr" berichteten auch Giuseppe Fritsch und Lena Seidelmann.

Verteidiger Edgar Gärtner wollte unter anderem wissen, ob mit Mikrofon gesprochen wurde oder etwas die Akustik beeinträchtigte. Er beantragte unter anderem ein Gutachten eines Hals-Nasen-Ohren-Arztes. Sein Mandant leide unter einer eingeschränkten Hörfähigkeit. Es sei denkbar, dass der 53-Jährige damals Gesprächsinhalte nicht "abgrenzen und zuordnen" konnte und bei der eidesstattlichen Versicherung "ohne Vorsatz gehandelt" habe. Die Anträge wurden zurückgewiesen.

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Im zweiten Fall wollte der Neckargemünder mit einer einstweiligen Verfügung Stadtrat Steffen Wachert daran hindern zu verbreiten, dass die Hunde des Anwalts regelmäßig ausbüxten, Menschen gebissen und Hühner gerissen hätten. Laut Verteidigung hätten die Tiere nur einen Menschen gebissen und seien nicht regelmäßig ausgebüxt. Ein Biss, von dem eine Zeugin berichtet hatte, stamme nicht von den Hunden. Eine andere Zeugin berichtete, dass sie "oft mitgekriegt" habe, wie der Anwalt seine ausgebüxten Tiere suchte.

Staatsanwalt Jonathan Waldschmidt fand unzweifelhaft, dass die eidesstattlichen Versicherungen in beiden Fällen vorsätzlich falsch gewesen seien: "Er hat den Justizapparat wiederholt missbraucht, um eigene Interessen zu verfolgen." Er forderte eine Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren und eine Geldstrafe von 200.000 Euro. "So weit jenseits von Recht und Gesetz, dass ich ihn wirklich nicht ernst nehmen kann", fand Verteidiger Gärtner den Vorschlag und plädierte auf Freispruch. Sein Mandant habe "bekundet, was er damals gesehen und gehört hat".

Amtsrichterin Walburga Englert-Biedert betonte, dass die eidesstattliche Versicherung eines Anwalts als "Organ der Rechtspflege" besonderen Gehalt habe. Dass die Hunde nicht nur eine Person gebissen hatten, hielt sie für glaubhaft. Was den Gemeinderats-Eklat angeht, habe kein Zeuge "bestätigt, worauf Sie rauswollten". Nun "ein Hörproblem geltend zu machen, das angeblich nicht bemerkt wurde", hielt sie für "nicht darstellbar".

Die Verteidigung gab nach der Verhandlung gegenüber der RNZ an, in Berufung gehen zu wollen.

Update: Donnerstag, 17. Februar 2022, 20.07 Uhr

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