Amoklauf in Heidelberg

Universitätsprediger über die Trauer in der Peterskirche

Derzeit wird ein Netzwerk für Trauerarbeit aufgebaut. Doch neben Tränen und Verzweiflung gibt es auch Wut.

26.01.2022 UPDATE: 27.01.2022 06:00 Uhr 1 Minute, 21 Sekunden

Die Heidelberger Peterskirche. Symbolfoto: Philipp Rothe

Von Sebastian Riemer

Heidelberg. Seit der erschütternden Tat auf dem Campus am Montag ist die Peterskirche in der Altstadt zum Ort des Trauerns und Trostspendens geworden. Universitätsprediger Helmut Schwier hatte wenige Stunden nach der Tat gemeinsam mit der Evangelischen Kirche entschieden: "Wir halten die Universitätskirche als Ort der Trauer, des Gebets, des Zur-Ruhe-Kommens und des Bittens für die Menschen, die in großer Not sind, offen."

Und so ist die Kirche seitdem jeden Tag von 10 bis 22 Uhr geöffnet – und das bleibt noch die ganze Woche so. Durchgehend sind Seelsorger der evangelischen und katholischen Kirche als Ansprechpartner vor Ort. Der Peterskirche ist keiner Pfarrgemeinde zugeordnet, sondern nach einem Vertrag von 1896 der Universität als Gotteshaus überlassen.

"Ich war selbst viele Stunden da", sagte Schwier am Mittwochabend der RNZ. "Das Angebot wurde stark angenommen, von vielen Studierenden." Neben Tränen und Trauer gebe es viel Verzweiflung, "und auch Wut", so Schwier.

Das gemeinsame Zur-Ruhe-Kommen in der offenen Kirche helfe vielen. Manche kämen, um für sich alleine zu sitzen, eine Kerze anzuzünden oder ins Gebetsbuch zu schreiben. "Andere möchten mit einem Menschen über die Geschehnisse oder ihre Gefühle sprechen."

Auch interessant
Amoklauf in Heidelberg: Es soll einen dauerhaften Trauerort für Studierende geben
Amoklauf in Heidelberg: Wiener Waffenhändler trifft keine Schuld (Update)
Amoklauf in Heidelberg: In Trauer vereint - Schweigeminute an mehreren Orten
Amoklauf in Heidelberg: Fake News - Polizei veranlasst Twitter-Löschungen (Update)
Amoklauf in Heidelberg: Uni-Mitarbeiter und Täter "standen sich wohl Auge in Auge gegenüber"
Amoklauf in Heidelberg: Um 12.24 Uhr erreichten die Polizei sieben Notrufe in 43 Sekunden

Sehr bewegend war für den Universitätsprediger der Montagabend, wenige Stunden nach der Tat. Der Chor der Evangelischen Studierendengemeinde habe einfache Choräle gesungen. Schwier erzählt: "Alle waren gemeinsam in der Musik aufgenommen. Da war eine große Nähe zwischen den Menschen. Das trägt in Momenten tiefer Verzweiflung."

Das Angebot in der Kirche sei eine erste Möglichkeit, "das Unbegreifliche auszusprechen". Doch die richtige Trauerarbeit beginne erst. Dafür werde nun ein Netzwerk aufgebaut, gemeinsam mit der Fakultät für Biowissenschaften und deren Dekan Jochen Wittbrodt, mit Psychologen sowie Seelsorgern beider christlicher Konfessionen: "Wir ziehen alle an einem Strang, um ein breites, nachhaltiges Angebot zu schaffen", kündigt Schwier an.

Unterdessen laufen die Vorbereitungen für den Gedenkgottesdienst am Montag in der Peterskirche. Nach aktuellen Planungen soll er um 12.15 Uhr beginnen. Für 12.24 Uhr, genau eine Woche nach der Tat, ist eine stadtweite Gedenkminute geplant. 200 Menschen – und damit doppelt so viele wie zunächst gemeldet – sollen laut Schwier in der Peterskirche zusammenkommen können. Zudem wird der Gedenkgottesdienst im Internet live übertragen.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.