Neckar-Odenwald-Kreis

Pflege-Einrichtungen rechnen wegen Impfpflicht mit Kündigungen

In manchen Einrichtungen sind 100 Prozent der Mitarbeiter geimpft, in anderen wird noch Überzeugungsarbeit geleistet.

12.01.2022 UPDATE: 13.01.2022 06:00 Uhr 3 Minuten, 36 Sekunden
Einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen wollen sich nun doch gegen das Coronavirus impfen lassen – allerdings nicht aus Überzeugung, sondern aus wirtschaftlichen Gründen. Manche werden sich wohl aber auch nach Alternativen umsehen. Foto: Kern

Von Stephanie Kern

Neckar-Odenwald-Kreis. Hans-Jürgen Mössner sieht dem 15. März ganz gelassen entgegen. Ab diesem Tag greift in Deutschland die einrichtungsbezogene Impfpflicht. An diesem Stichtag müssen Beschäftigte in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen oder ambulanten Pflegediensten nachweisen, dass sie gegen das Coronavirus geimpft, von einer Impfung ärztlich befreit oder genesen sind. Ohne den Nachweis dürfen sie in bestimmten Einrichtungen nicht mehr arbeiten. Das betrifft auch Mitarbeitende in der Verwaltung oder in anderen Bereichen des jeweiligen Betriebs.

Im Tannenhof Neckarelz, der von Hans-Jürgen Mössner, geleitet wird, ist die Lage klar: Nur zwei Mitarbeiterinnen seien ungeimpft. "Und die wollen sich jetzt impfen lassen", sagt Mössner. Man habe schon von Anfang an eine hohe Impfquote gehabt. "Von daher muss ich mich auf keine Kündigungen einstellen." Sein Rezept für den nahezu und bald hundertprozentigen Impferfolg: reden. "Wir waren immer im Dialog, haben miteinander geredet und niemanden gezwungen." Zwei Allgemeinmediziner wurden eingeladen, haben Ängste und Bedenken angehört – und wohl auch ausgeräumt. Bei den Pflegefachkräften habe man schon die Impfquote von 100 Prozent. "Wir müssen nicht reagieren, denn wir haben im Vorfeld reagiert", meint Mössner. Der Schutz der Hausgemeinschaft stehe für alle an erster Stelle – deswegen gelte auch für die Besucher die 2G-Regel.

Um einiges mehr Mitarbeiter und Standorte hat die Johannes-Diakonie Mosbach. "Wir sind gerade dabei, die Regelungen zu schärfen und deutlich zu machen, dass alle, die bei uns arbeiten, betroffen sind", erklärt Michael Walter, Pressesprecher der Johannes-Diakonie auf RNZ-Nachfrage. Jetzt gehe es darum, die Impfnachweise vorzulegen. "Es gibt noch keine offiziellen Zahlen, aber natürlich weiß jeder Bereich, wer nicht geimpft ist", sagt Walter. Man bewege sich bei der Impfquote bei über 80 Prozent. "Schätzungsweise", so Walter. "Die Vorgesetzten sind nun angehalten, das Gespräch zu suchen, denn wir kennen ja die Zeitparameter." Sprich: Wer noch rechtzeitig Impfschutz möchte, muss sich zeitnah um einen Termin kümmern.

Nachdem nun auch in der Johannes-Diakonie die Vorbereitungen für den 15. März laufen, gebe es auch schon erste Rückfragen und Reaktionen, die beantwortet werden. Tatsächlich gebe es wohl aber auch in Einzelfällen Mitarbeitende, die eine Alternative sähen. "Das sind aber wirklich nur Einzelfälle", betont Walter. Doch jeder dieser Einzelfälle tut weh: "Es ist jetzt schon schwierig, Fachkräfte zu bekommen, und das wird durch diese Situation nicht leichter." Insgesamt sind bei der Johannes-Diakonie 3100 Menschen in unterschiedlichsten Berufen beschäftigt, an vielen verschiedenen Standorten. "Wir müssen uns dieser Impfpflicht stellen und versuchen, eine Lösung zu finden", betont Michael Walter.

Auch interessant
Impfpflicht für Pflegekräfte: "Jeder soll selbst entscheiden dürfen"
Neckar-Odenwald-Kreis: Wie die Pflege-Einrichtungen die Impfpflicht bewerten
Neckar-Odenwald-Kliniken: "Die Dauerbelastung ist körperlich und psychisch spürbar"

Dieses Credo könnte auch für die Neckar-Odenwald-Kliniken gelten: "Zum jetzigen Zeitpunkt hat ein Anteil unserer Belegschaft noch keinen Nachweis über den Immunisierungsstatus erbracht", sagt der Ärztliche Leiter der Kliniken, Dr. Harald Genzwürker. Die große Mehrheit der Mitarbeitenden sei – quer durch alle Berufsgruppen – geimpft oder genesen mit anschließender Impfung, und vielfach wurde auch das Angebot zur Boosterimpfung bereits genutzt.

"Wir betrachten das Thema Impfen als wichtigen Beitrag zur Pandemiebewältigung, sowohl für die Kliniken und andere Einrichtungen, aber auch für die gesamte Bevölkerung und wissen, dass es hier innerhalb wie außerhalb der Kliniken einen in der Breite getragenen Konsens gibt. Auch bei uns gibt es allerdings kritische Stimmen bezüglich der Verpflichtung zur Impfung und Unsicherheiten trotz eindeutiger Empfehlungen und wissenschaftlicher Evidenz", meint Genzwürker. "Wir versuchen hier, durch konsequente Information und Aufklärung auch die bisher Unentschlossenen zu erreichen." Eine Zahl nennt Genzwürker nicht: "Es gibt einige, die sich noch impfen lassen, tatsächlich gibt es hier eine Dynamik."

Notfallpläne für den Betrieb der Kliniken existieren für verschiedenste Szenarien, und das nicht erst seit der Pandemie. "Ob Teile der Belegschaft aufgrund Infektionen, Quarantänemaßnahmen oder fehlender Immunisierung ausfallen: Wir werden die Notfallversorgung der Bevölkerung rund um die Uhr sicherstellen", versichert diesbezüglich Harald Genzwürker.

Auch bei der Awo Neckar-Odenwald hat man sich vorbereitet: "Wir haben alle Mitarbeitenden informiert, die Nachweise auch schon eingesammelt", erklärt die Geschäftsführerin Petra Ilzhöfer. In der kommenden Woche soll es auch noch persönliche Gespräche mit denen geben, die noch nicht alle Nachweise abgegeben haben. "Ich schätze, die meisten Mitarbeitenden werden sich noch impfen lassen." Mit zwei bis drei Kündigungen rechnet die Geschäftsführerin allerdings. "Auch die tun richtig weh. Pflegekräfte fallen nicht vom Himmel", beschreibt Ilzhöfer. Trotzdem ist sie sicher, dass man die vielfältigen Aufgaben auch weiterhin gestemmt bekomme, "mit kleinen organisatorischen Änderungen". Man stehe gut da.

"Wir haben viel getan und auch viel sensibilisiert und nach dem Ausbruch in Osterburken hat es einen richtigen Schub gegeben", erläutert die Geschäftsführerin. Eines sei aber auch klar: Die Mitarbeitenden, die sich jetzt noch impfen lassen, machen es nicht aus Überzeugung, sondern weil sie es aus wirtschaftlichen Gründen müssen.

Denn nicht die Einrichtung stellt die ungeimpften Mitarbeitenden vom Dienst frei, sondern das Gesundheitsamt. "Da insbesondere pflegebedürftige Menschen und Personen mit akuten oder chronischen Grundkrankheiten ein deutlich erhöhtes Risiko für schwere, gegebenenfalls auch tödliche Covid-19-Krankheitsverläufe haben, kommt den Menschen die Kranke, Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung betreuen, eine besondere Verantwortung zu", heißt es aus dem Gesundheitsamt des Kreises.

"Wenn der Nachweis über eine Impfung oder Genesung nicht bis 15. März vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das zuständige Gesundheitsamt darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt die erforderlichen personenbezogenen Daten weiterzuleiten. Das Gesundheitsamt wird den Sachverhalt prüfen und für ermittelte grundlose Impfverweigerungen zeitnah zum 15. März Betretungsverbot aussprechen", beschreibt Dr. Martina Teinert die rechtliche Grundlage.

Um die einrichtungsbezogene Impfpflicht umzusetzen, sei mit einem nicht unerheblichen zusätzlichen Aufwand zu rechnen, um die Überprüfung überhaupt leisten zu können. Gelassen wie Hans-Jürgen Mössner können die Mitarbeiter des Gesundheitsamts nicht überall sein.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.