In Erinnerung an eine mutige Tat
Eine Gedenktafel wurde am Haus der Familie Müller in Ziegelhausen aufgehängt. Sie versteckten einst Mannheimer Juden vor den Nazis.

Von Thomas Seiler
Heidelberg. Die Erinnerung an die längst verstorbene Wäschereifamilie Frieda und Mathias Müller im Ziegelhäuser Rainweg ist nie ganz verblasst. Das Ehepaar spielte eine wichtige Rolle bei der Rettung der jüdischen Unternehmerfamilie Herzberg aus Mannheim in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs 1945. Die Müllers gewährten den durch die Gestapo Verfolgten in einer Getreidekammer Unterschlupf, bis die Amerikaner in den heutigen Stadtteil einmarschierten. Für diese mutige Tat wurde das Ziegelhäuser Paar von der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem posthum zu "Gerechten unter den Völkern" ernannt.
Stadtteilvereinsvorsitzender Raimund Beisel würdigte nun "die Heldentat der Waschfamilie Müller" mit einer Gedenktafel an dem mittlerweile sanierten ehemaligen Domizil der Müllers. Mit dabei waren Bürgermeister Wolfgang Erichson, Egon Müller, der Enkel der Ausgezeichneten, deren zwei Neffen, die einstige Ringer-Ikone der örtlichen "Germanen", Roland Kling, und der Oberschützenmeister der heimischen Schützengesellschaft, Bernhard Stadler.
"Im Gegensatz zu den Stolpersteinen wollen wir mit dem Schild den Mut der Bürger ehren, die gegen das Nazi-Regime Farbe bekannten", unterstrich Beisel den Ansatz des ebenfalls anwesenden Lokalhistorikers Norbert Giovannini. Der Stadtteilvereinsvorsitzende hob wiederholt die Anstrengungen der Müllers hervor, die "Monnemer Judde" vor der Deportation in das Konzentrationslager Theresienstadt zu bewahren.
Darauf ging auch Bürgermeister Erichson ein. Er erwähnte die große Zivilcourage, deren Zeigen sich "auch heute in den unruhigen Zeiten noch lohnt". Er sieht in der Erinnerungstafel neben einer Mahnung "auch eine gewisse Erwartungshaltung", sich immer wieder für gefährdete Personen einzusetzen.
Was Zivilcourage im Jahr 1945 bedeutete, erklärte Egon Müller am Beispiel seiner Großeltern. Damals sei es darum gegangen, trotz Einquartierung von Beschäftigten der Organisation "Todt", der Bauorganisation der Nationalsozialisten, unter Einsatz des eigenen Lebens jüdische Flüchtlinge zu verstecken. "Nach dem Krieg gab es noch Besuche meiner Großeltern bei den Herzbergs in Mannheim", sagte Müller. Eine dunkle Erinnerung an diese Begegnungen besitze er, da er als kleiner Junge in den 50er Jahren jene immer mal wieder begleitete und sich das Bild von Karl Herzberg bei ihm einprägte. "Er war wesentlich kleiner als seine doch sehr stattliche Frau", weiß er deshalb.
Der Bezirksbeirat der Grünen, Klaus Fanz, nutzte den Treff, um auf einen Antrag seiner Fraktion bei der nächsten Bezirksbeiratssitzung im November hinzuweisen. Diese wollen nämlich das namenlose Areal Richtung Neckar, das jeder auch nach der Eingemeindung 1975 immer noch inoffiziell als "Ebert-Platz" bezeichne, in "Frieda- und Mathias-Müller-Park oder -Anlage" umwidmen. "Heidelberg und sein Stadtteil sollten damit stets das Erbe der Menschlichkeit aus brutalen Zeiten im Auge behalten", erklärte Fanz.
Über die Haltung der Müllers berichtete bereits Ernst Hug in seinen "Ziegelhäuser Geschichten" anno 1986. Und auch der einstige Vorsitzende des Stadtteilvereins, Rektor Paul Schick, nahm sich ihrer Geschichte an, ebenso wie Giovannini in seinem Buch "Stille Helfer", das im Jahr 2019 erschien und das zu einer "Spurensuche in Heidelberg" anregt.