Asbach

Ehemaliges KZ-Außenlager soll untersucht werden

Zwischen Asbach und Daudenzell stand einst ein KZ-Außenlager. Eine archäologische Oberflächenbegehung soll hierzu neue Erkenntnisse liefern.

20.07.2021 UPDATE: 21.07.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 41 Sekunden
Die Spuren des Vandalismus sind noch frisch, als Neuzeit-Archäologe Attila Dézsi (r.) die Bürgermeister Stefan Kron (l.) und Achim Walter sowie die RNZ durch das Gelände führt, auf dem sich einst das „Waldlager Asbach“ befand. Foto: Noemi Girgla

Von Noemi Girgla

Asbach/Daudenzell. Der alte Sportplatz in Asbach liegt idyllisch am Waldrand. Viele haben hier gekickt, nur wenige wissen aber, was sich ein paar Meter in den Wald hinein befindet. Ein paar Steine und Ziegel liegen neben den Waldwegen, eine Gedenktafel beschriebt, wozu sie einst gehörten: "Nördlich des Sportplatzes, auf Daudenzeller Gemarkung, findet man bei genauem Hinsehen noch wenige Reste von Barackenfundamenten und Kuhlen von Abortgruben des ,Waldlagers Asbach’, das 1944/45 errichtet wurde", verrät Arno Huth von der KZ-Gedenkstätte Neckarelz. Er hat sich ausgiebig mit dem KZ-Außenlager im Hönigwald beschäftigt.

"Asbach wurde erstmals in einer Planung vom Mai 1944 als ,Lager für freie Ausländer mit einer Abgrenzung für Ausländerinnen’ vorgesehen. Einen Monat später legte das Architekturbüro von Daimler-Benz einen ersten Entwurf für das Lager Asbach für 1400 Ostarbeiter – also osteuropäische Zwangsarbeiter – vor. Die genaue Stellung der 23 Baracken sollte sich nach dem bestehenden Baumbestand richten. Der Wald sollte als Tarnung vor Luftangriffen dienen. Zudem waren weitere Funktionsbaracken vorgesehen. Bei einer Besprechung im Juli war einmal sogar die Rede von insgesamt 51 Baracken", weiß Huth. Letztlich seien 32 Baracken in Aussicht gestellt worden.

"Mitte Oktober 1944 oder kurz danach wurde schließlich ein Kommando von etwa 100 bis 150 Häftlingen in einer Baracke des Lagers Asbach fest einquartiert. Einer Quelle nach diente das Lager zum Aufbau eines Holzbarackendorfes, dem Wegebau, der Eröffnung eines Steinbruchs, um Baumstämme zu transportieren und Gräben anzulegen. Zuvor mussten Bäume gefällt, Baumstümpfe ausgegraben oder herausgesprengt werden, damit dann das Gelände für die Fundamente, Wege und Anlagen geebnet werden konnte", beschreibt Arno Huth die Planung. Ende März 1945 wurde das Lager aufgrund des Vormarsches der amerikanischen Armee gemeinsam mit den anderen Neckarlagern aufgelöst.

Die schriftlichen Quellen zum Lager in Asbach hat auch der Neuzeitarchäologe Attila Dézsi vom Landesamt für Denkmalpflege gesichtet. Auch Luftaufnahmen und ein Leader-Scan der Oberfläche liegen ihm vor. Dézsi hat schon viele ehemalige Lager untersucht. Von dem in Asbach verspricht er sich viel: "Es ist einzigartig unter den Lagern in Baden-Württemberg. Als einziger ist der Ort fast unangetastet und nicht überbaut. Hier ist wirklich noch etwas zu sehen", erzählt er der RNZ sowie den Bürgermeistern Achim Walter (Obrigheim) und Stefan Kron (Aglasterhausen) bei einer Begehung vor Ort.

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Daher hat sich der Archäologe entschieden, das ehemalige KZ-Außenlager etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Mit zwei Studierenden ist Dézsi an diesem Tag im Wald, um Vermessungen vorzunehmen und Fixpunkte zu setzen. Denn im August soll im Hönigwald eine archäologische Oberflächenbegehung ("Survey") mit Studierenden der Universität Tübingen stattfinden – und die gilt es, vorzubereiten. Neben Vermessungsdaten verspricht Attila Dézsi sich, auch Alltagsgegenstände aus der Zeit des Lagers zu finden. Eine alte Wanne und einen völlig verrosteten Benzinkanister hat er schon gesichtet.

"Drei Gebäude sind bereits klar zu erkennen. Vielleicht finden wir noch mehr Gebäudereste, ohne vorher graben zu müssen", berichtet er. Hier kann Bürgermeister Achim Walter weiterhelfen. Ihm sind Überreste eines alten Wachturms bekannt – "Das wäre dann Gebäude Nummer vier", so Dézsi. Wie viele der geplanten Baracken tatsächlich gebaut wurden, ist noch nicht gänzlich geklärt.

"Ob wir auch tatsächlich eine archäologische Grabung planen, wird sich nach dem Survey entscheiden", meint Dézsi. Es gelte immer abzuwägen, ob man das, was unter der Oberfläche verborgen liegt, auch wirklich an diese holen oder das kommenden Generationen überlassen soll. "Ausgrabung bedeutet nämlich auch immer zu einem Teil Zerstörung. Den originalen Fundkontext hat man nie wieder, wenn die Dinge erst einmal aus dem Boden heraus sind", erläutert er.

Spuren der Zerstörung sind aber leider auch heute schon zu sehen. "Das war im Dezember noch nicht so", sagt Dézsi und deutet auf zertrümmerte Überreste aufgemauerter Ziegel. Die Bruchkanten sind leuchtend rot; lange können sie noch nicht Wald und Wetter ausgesetzt gewesen sein. Wer so etwas macht und warum – das bleibt allen Anwesenden unbegreiflich.

Zum Survey im August soll laut den beiden Bürgermeistern auch ein Rahmenprogramm hinzukommen. "Man kann gar nicht oft genug auf das Thema aufmerksam machen und dafür sensibilisieren", findet Aglasterhausens Bürgermeister Stefan Kron. Derzeit ist ein Vortrag des Experten Arno Huth in Aglasterhausen geplant. Es soll am Freitag, 13. August, um 19 Uhr in der Sport- und Festhalle stattfinden.

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