Plattner-Stiftung macht Rolle rückwärts bei Fioneer (Update)
Nach anhaltender Kritik soll es nun doch keine Beteiligung an der SAP-Ausgründung geben.

Von Matthias Kros
Walldorf. Nach teils heftiger Kritik wegen möglicher Interessenkonflikte vollziehen die SAP und ihr Mitgründer und Aufsichtsratschef Hasso Plattner bei einem strategisch wichtigen Projekt eine überraschende Kehrtwende. Die Walldorfer wollen in dem neuen Gemeinschaftsunternehmen Fioneer, in das die SAP ihr Geschäft mit Software für Finanzdienstleistungen auslagern will, auf eine Investition der Hasso Plattner Foundation verzichten. Eine unabhängige Prüfung habe zwar ergeben, dass das passive Investment der Hasso-Plattner-Stiftung (HPF) über den Joint-Venture-Partner Dediq weder gegen geltendes Recht noch gegen Vorschriften der Regeltreue verstoßen habe, teilte die Stiftung am Donnerstag in Potsdam mit. Die wiederholt geäußerten Zweifel und Anschuldigungen seien vor diesem Hintergrund irritierend und bisweilen absurd. Dennoch wolle man dies auch nicht ignorieren.
"Wir waren uns sicher, dass der Deal unter allen Aspekten sehr sauber ist, unser Ausstieg soll nichts anderes suggerieren", sagte Rouven Westphal, Co-Vorstand der Stiftung, dem "Handelsblatt". "Die teilweise kritischen Berichte und internen Stimmen haben uns aber gezeigt, dass das, was legal und compliant ist, nicht automatisch von allen Stakeholdern akzeptiert wird." Um den Erfolg von Fioneer und den Ruf der Stiftung nicht weiter zu belasten, wolle man das Investment daher abgeben.
Die neue Einheit Fioneer soll bekanntlich Anwendungen für die spezifischen Bedürfnisse der Banken- und Versicherungsbranche entwickeln. SAP bringt dabei seine Produkte und Organisationseinheiten in das Joint Venture ein, hält aber nur noch 20 Prozent der Anteile. Die Mehrheit übernimmt der Münchener Finanzinvestor Dediq, der über 500 Millionen Euro investiert.
Dass neben diesen beiden Eigentümern auch die Hasso-Plattner-Stiftung als passiver Investor an Fioneer beteiligt ist, hatten bei der Ankündigung des Joint-Ventures im April SAP und Dediq allerdings verschwiegen. Das hatte zu einer Compliance-Diskussion geführt, da es für Plattner als Aufsichtsratschef und SAP-Großaktionär Interessenkonflikte geben könnte. Zudem forderten Kritiker mehr Transparenz.
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Eine Mitteilung sei nicht nötig gewesen, hatte ein Unternehmenssprechergekontert, da die Hasso-Plattner-Stiftung nicht von Hasso Plattner kontrolliert werde, also von ihm unabhängig sei. Tatsächlich operiert die 2015 gegründete gemeinnützige Stiftung, die sich etwa in den Bereichen Kultur und Bildung engagiert, formal von Plattner unabhängig. Stiftungsvorstand und Stiftungsrat werden laut Eintrag auf der Webseite allerdings von ihm "beraten".
Das SAP-Management hofft, dass jetzt Ruhe einkehrt. Für das Joint-Venture sei Stabilität wichtig, sagte SAP-Finanzchef Luka Mucic. Auch weil viele Mitarbeiter des Softwarekonzerns offenbar noch zögern, ob sie wirklich zu Fioneer wechseln sollen. Betroffen von der Abspaltung sind früheren Angaben zufolge rund 400 Mitarbeiter, größtenteils am Stammsitz Walldorf, wo das neue Unternehmen auch seinen Sitz haben wird.
Bei der Suche nach einem Investor werde die Hasso Plattner Foundation nun "einen geordneten Prozess, wahrscheinlich mit einer Investmentbank durchführen", sagte Co-Vorstand Westphal. "Wir haben schon die Fühler ausgestreckt." Ziel sei es, mit der Auswahl die langfristigen strategischen Interessen von SAP und Fioneer zu unterstützen.
Update: Donnerstag, 1. Juli 2021, 19.13 Uhr
Walldorf/Potsdam. (dpa) Nach Kritik wegen möglicher Interessenkonflikte steigt die Stiftung des SAP-Aufsichtsratschefs Hasso Plattner bei der Konzern-Ausgründung Fioneer als Investor aus. Eine Prüfung habe zwar ergeben, dass das passive Investment der Hasso-Plattner-Foundation (HPF) über den SAP-Joint-Venture-Partner Dediq weder gegen geltendes Recht noch gegen Vorschriften der Regeltreue verstoßen habe, teilte die Stiftung am Donnerstag in Potsdam mit. Öffentlich und anonym geäußerte Zweifel und Anschuldigungen seien vor diesem Hintergrund irritierend und bisweilen absurd. Dennoch wolle man dies auch nicht ignorieren.
"Was laut Recht und Gesetz legal ist, ist nicht immer automatisch in den Augen aller kritischen Stakeholder legitim", teilte die Stiftung mit. Für die Investitionsverpflichtung gegenüber Dediq wolle man daher einen adäquaten neuen Investor finden.
SAP hatte im April angekündigt, das Geschäft mit Finanzdienstleistern zu verselbstständigen und dafür die auf Softwareprojekte spezialisierte Investmentgesellschaft Dediq ins Boot geholt, die mehr als 500 Millionen Euro in das Gemeinschaftsunternehmen SAP Fioneer einbringt und dafür 80 Prozent der Anteile bekommt. An der Dediq ist die Hasso-Plattner-Foundation beteiligt, was rund um den Deal aber nicht aktiv kommuniziert wurde.
SAP teilte mit, die Zwischenberichte zweier beauftragter Gutachter hätten ergeben, dass die finanzielle Gegenleistung für SAP fair gewesen sei und dass der Deal keiner Zustimmung durch den gesamten Konzern-Aufsichtsrat wegen der Beteiligung verbundener Personen bedurft habe.
Die Finanzierung von SAP Fioneer in Höhe von mehr als 500 Millionen Euro sei durch den geplanten Verkauf der Dediq-Anteile durch die Stiftung nicht beeinträchtigt, hieß es von den Walldorfern. Insbesondere werde das Gemeinschaftsunternehmen keine Finanzierung durchführen und kein zusätzliches Kapital aufnehmen. "Vom hohen Potenzial von SAP Fioneer und von den hervorragenden Marktchancen sind wir nach wie vor fest überzeugt", sagte Finanzchef Luka Mucic.