Mit viel Geld gegen die Pandemiefolgen
Die Landesregierung stellt Eckpunkte zum Nachtragshaushalt vor. Auch Investitionen in Breitbandausbau und Wasserstoffprojekte sind vorgesehen.

Symbolfoto: dpa-Archiv
Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Die Haushaltskommission der Landesregierung hat sich auf Eckpunkte für den Nachtrag zum Doppelhaushalt 2020/21 verständigt – inklusive neuer Schulden. Die Hintergründe:
Warum ist ein Nachtragsetat notwendig? Erstens muss die Regierungsbildung mit einem zusätzlichen Ministerium und zusätzlichen Staatssekretären finanziert werden. Zweitens will das Land aktiv gegen die Folgen der Corona-Krise vorgehen. Und drittens sollen Co-Finanzierungen von Bundes- und EU-Programmen abgesichert werden. "Es ist kein reiner Krisen-Haushalt. Es ist ein Haushalt, der die Corona-Folgen im Blick hat", sagte CDU-Fraktionschef Manuel Hagel.
Welches Volumen hat der Nachtrag? Der Nachtrag hat ein Volumen von 2,5 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der reguläre Haushalt hat pro Jahr ein Volumen von 50 Milliarden Euro. "Das ist ein schlanker Nachtrag, der sich auf das Wesentliche konzentriert: die Bekämpfung der Pandemie", sagte Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne).
Wo kommt das Geld her? Zur Hälfte aus Reserven und Steuermehreinnahmen, zur anderen Hälfte soll der Nachtrag über neue Schulden in Höhe von 1,2 Milliarden finanziert werden. Dazu bedient sich die Koalition zweier Instrumente, die Ausnahmen vom Neuverschuldungsverbot zulassen. Zum einen will die Regierung die Corona-Pandemie erneut zur Naturkatastrophe deklarieren und über diesen Weg 950 Millionen Euro aufnehmen. Zum anderen will sie über die Konjunkturkomponente, die bei einem wirtschaftlichen Einbruch eine gewisse Neuverschuldung erlaubt, weitere 255 Millionen Euro aufnehmen.
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Wie viel kostet die Regierungsneubildung? Die Regierungsneubildung schlägt mit bis zu zehn Millionen Euro pro Jahr zu Buche. 95 neue Stellen werden geschaffen, mit 36 erhält das neue Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen die meisten neuen Stellen. Die größere Zahl der Staatssekretäre samt persönlichen Mitarbeitern wirkt sich ebenfalls aus. Fünf neue Leute sollen sich um den Ausbau der Windkraft im Staatswald kümmern. Die Ausweitung soll über Einsparungen in den Ministerien finanziert werden.
Wofür fließt das Geld hauptsächlich? Grün-Schwarz will einen Topf für sogenannte Haushaltsrisiken mit 1,8 Milliarden Euro speisen. Das ist das Herzstück des Nachtrags. Diese Mittel sollen hauptsächlich für Maßnahmen fließen, die im Zusammenhang mit Corona stehen. Dazu zählen die Fortsetzung der Teststrategie an den Schulen und eine mögliche Verlängerung der Impfzentren. 170 Millionen Euro sind für einen Rettungsschirm für den Öffentlichen Personennahverkehr reserviert. Die Details will das Land noch mit Kommunen und Busunternehmen besprechen. Aus dem Topf sollen aber auch Co-Finanzierungen von EU- und Bundesprogrammen gestemmt werden. Allein 400 Millionen Euro sind für Wasserstoffprojekte eingeplant.
Was ist noch geplant? Die Ministerien konnten Mehrbedarfe anmelden. Grünes Licht hat die Haushaltskommission unter anderem für die Weiterfinanzierung von 125 Lehrerstellen gegeben, die sonst ausgelaufen wären, sowie für einen 20-Millionen-Euro-Zuschuss für das vom Bund initiierte Programm "Rückenwind", das Schülern beim Aufholen des Lernstoffs helfen soll.
Wie sind die Reaktionen? SPD-Fraktionschef Andreas Stoch spricht von einem "kraft- und ideenlosen Aufschlag" und fordert unter anderem massive Investitionen im Bildungsbereich. "Mit dem Puderdöschen lassen sich tiefgreifende Corona-Folgen nicht kaschieren." Die FDP hält die neuen Schulden für unnötig, es seien genügend Reserven vorhanden. Man bereite deshalb eine Verfassungsklage vor, kündigte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke an. Die AfD hat nach eigenen Angaben schon vor der Wahl Klage gegen den Doppelhaushalt eingereicht.
Gibt es Beschlüsse für weitere Haushaltsjahre? Ja. Die Haushaltskommission hat sich auch auf Verpflichtungsermächtigungen verständigt. Das sind bindende Beschlüsse, die künftige Haushalte betreffen. Mehr als 700 Millionen Euro will Grün-Schwarz ab 2022 allein zur Co-Finanzierung des Breitbandausbaus zur Verfügung stellen, 25 Millionen Euro sind für die Fortsetzung der Digitalisierungsprämie für Mittelständler, 14,5 Millionen Euro zur Finanzierung eines neuen Landesentwicklungsplans und 18,5 Millionen Euro für Co-Finanzierungen von EU-Umweltprogrammen ab 2022 eingeplant.



