Mosbach

"Corona hat Situation für Schüler verschärft"

Immer mehr Anfragen, sogar aus Heidelberg, erreichen die Schulbegleitung des DRK-Kreisverbandes.

16.05.2021 UPDATE: 17.05.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 37 Sekunden
Carmen Humyn und Stefan Kohler gehen die neuen Anfragen durch, die sie von den Jugendämtern erreicht haben. Mittlerweile beschäftigt der DRK-Kreisverband 30 Schulbegleiter. 2018 startete das Angebot mit gerade einmal einer Handvoll Mitarbeiter. Foto: Caspar Oesterreich

Von Caspar Oesterreich

Mosbach. Carmen Humyn und ihre Mitarbeiter sind so gefragt wie nie. "Als wir 2018 das Angebot der Schulbegleitung im DRK-Kreisverband gestartet haben, waren wir nur eine Handvoll Kollegen – ich hätte nie erwartet, dass wir so schnell wachsen", berichtet sie: Drei Jahre später kümmern sich heute 30 Schulbegleiter um 31 Kinder und Jugendliche, Humyn koordiniert die Aufgaben, nimmt Anfragen der Jugendämter entgegen, sagt zu oder lehnt sie ab. "Die Coronapandemie hat die Situation für viele Schüler verschärft", macht sie im Gespräch mit der Rhein-Neckar-Zeitung deutlich.

Denn Lockdown, Kontaktverbote und geschlossene Schulen seien alles andere als förderlich für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. "Bei denjenigen, die vorher schon leichte Auffälligkeiten hatten, in ihrer Entwicklung etwas hinterhergehinkt haben, hat das vergangene Jahr die Probleme meist verstärkt", erklärt Humyn. Und all jene, die in ihrer Teilhabe an Bildung beeinträchtig sind, hätte Homeschooling und Wechselunterricht sowieso vor große Herausforderungen gestellt. "Die Coronakrise hat uns alle sehr viel Kraft gekostet", betont die Koordinatorin für Schulbegleitung noch.

Die Hilfestellungen, die ihre Mitarbeiter den Schülern geben, sind vielfältig und ganz individuell. "Das kann schon bei der Organisation des Schreibtisches beginnen, geht dann weiter beim Verständnis von Arbeitsblättern, der Wiederholung von Arbeitsanweisungen bis hin zum Vermeiden von Überforderungssituationen", sagt Humyn. "Manche Kinder brauchen Hilfe bei der Konzentration, andere wiederum bei der Kontaktaufnahme zu ihren Mitschülern", ergänzt Stefan Kohler, Abteilungsleiter Soziale Dienste beim DRK-Kreisverband. Selbst bei AGs, in den Mittagspausen oder bei Klassenfahrten und Ausflügen könnten die Schulbegleiter die Kinder und Jugendlichen unterstützen. Zwischen 15 bis 20 Stunden seien sie normalerweise in der Woche im Einsatz.

Auch während der Schulschließungen waren die Schulbegleiter für ihre Schützlinge da, betont Kohler. In Kurzarbeit sei niemand geschickt worden. "Sie waren per E-Mail oder Telefon erreichbar und haben die Schüler in der Notbetreuung unterstützt", sagt Humyn. Denn Kinder und Jugendliche mit zusätzlichem Betreuungsbedarf seien generell berechtigt, an der Notbetreuung teilzunehmen. Eine Begleitung zu Hause während des Fernunterrichts sei allerdings nicht möglich gewesen.

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Als man 2018 die Schulbegleitung beim DRK-Kreisverband initiierte, habe man zunächst nur den Altkreis Mosbach im Blick gehabt, sagt Kohler. "Mittlerweile sind wir im gesamten Neckar-Odenwald-Kreis sowie in den Randgebieten im Rhein-Neckar-Kreis und im Landkreis Heilbronn im Einsatz", ergänzt Steffen Blaschek, DRK-Kreisgeschäftsführer, stolz. Selbst aus Heidelberg hätte es schon Anfragen des Jugendamtes gegeben. "Ein Zeichen für uns, dass wir gute Arbeit leisten", freut sich Blaschek.

Leider dauert es häufig mehrere Monate, bis man den Schülern einen Begleiter zur Seite stellen könnte, erklärt Humyn. Zunächst müssen die Eltern einen Antrag auf Schulbegleitung beim örtlichen Jugendamt stellen. "In manchen Fällen wird dies von der Schule empfohlen, weil die Lehrer nicht mehr ausreichend unterstützen können, manchmal bemerken die Eltern den Hilfebedarf des Kindes, oder ein Therapeut weist auf die Schulbegleitung hin." Anschließend prüft das Jugendamt den Bedarf.

"Für die Bewilligung sind Diagnosen und medizinische Gutachten erforderlich – das alles kostet Zeit, gerade in der Coronakrise, als alle Ärzte überlastet waren, hat es gedauert", bedauert Humyn. Schließlich wendet sich das Jugendamt an entsprechende Institutionen wie das DRK oder private Anbieter, die eine Schulbegleitung ermöglichen. Bezahlt wird die Begleitung durch die Eingliederungshilfe.

Humyn würde gerne noch mehr tun, mehr Anfragen der Jugendämter annehmen und schneller aktiv werden. Doch Personal fehlt. Rund ein Drittel ihrer Mitarbeiter sind Fachkräfte, "etwa Sozialpädagogen, Erzieher, Heilerziehungspflege, Kinderkrankenschwestern". Die restlichen pädagogischen Hilfskräfte seien Quereinsteiger, die ein "Herz für Kinder brauchen" und schnell eine gute Beziehung zu ihren Schützlingen aufbauen können, erklärt sie. Aktuell suche man neue Mitarbeiter im Raum Mosbach, Haßmersheim, Limbach, Seckach und Walldürn, sagt Kohler. "Die Bezahlung erfolgt nach dem DRK-Reformtarifvertrag und wird auch in den Schulferien nicht ausgesetzt", verspricht er. Für bewährte Schulbegleiter sei auch eine Festanstellung möglich.

Humyn ist es wichtig zu betonen, dass die Schulbegleiter keine Ersatz- oder Nachhilfelehrer sind. Aufgabe sei stets die Unterstützung zur Teilhabe an Bildung. "Unser Ziel ist immer, den Schülern nur so viel zu helfen, wie nötig. Schließlich wollen wir zur eigenständigen Teilhabe ermutigen und uns selbst irgendwann entbehrlich machen", sagt sie.

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