Bürgermeister wettert auf Facebook gegen Corona-Politik von Bund und Land
"Ich kann nur noch den Kopf schütteln", schreibt Frank Volk. Er beklagt, dass es zu wenig Unterstützung für Kommunen gebe.

Von Christoph Moll
Neckargemünd. Frank Volk nimmt kein Blatt vor den Mund. Vor einem Jahr hat der Neckargemünder Bürgermeister in einem Brandbrief schonungslos die Folgen der Corona-Krise für die Kommunen aufgezeigt. Und nun sorgt der 53-Jährige erneut für Aufsehen. Auf Facebook schrieb Volk unter dem Titel "Es reicht!" alles zusammen, was seiner Ansicht gerade falsch läuft. Und erhielt dafür viel Zustimmung.
"Wenn ich so reflektiere, was in den letzten Tagen von unseren Bundes- und Landespolitikern und aus den Ministerien für ein Mist kam, dann kann ich nur noch den Kopf schütteln", schrieb Volk und ließ Beispiele folgen. Vor allem regte er sich über Freiheiten für Geimpfte auf. "Das kann man ja machen – nur, dann muss erst einmal jeder einen Zugang zu Impfstoff haben", so Volk. "Ich lehne es für mich persönlich ab, Ermessensspielräume auszunutzen, um an einem Impftermin zu kommen. Ich werde warten, bis ich dran bin – im Gegensatz zu anderen."

Der Bürgermeister kritisiert außerdem das Land und nennt als Beispiel, dass künftig in den Kindergärten und Schulen jede Person zweimal pro Woche getestet werden soll. In Neckargemünd seien dies 4613 Personen, also 9226 Tests pro Woche und 36.904 Tests pro Monat. Die Stadt erhalte für einen Monat aber nur 7146 Testkits vom Land. "Den Rest sollen die Kommunen auf eigene Rechnung besorgen – ob wir später das Geld bekommen, ist unklar", zeigt Volk auf, der sich weiter aufregt: "Vollmundig stellt sich die Landespolitik hin, und verkündet: "Wir erstatten den Kommunen 80 Prozent der Kindergartenbeiträge für Januar und Februar." Am Ende seien es aber nur etwa 40 Prozent gewesen. "Man sollte sich – anstatt zu schwafeln – lieber darum kümmern, dass die versprochenen Hilfen auch ankommen", so Volk.
Der Rathauschef prangert zudem an, dass es nach 13 Monaten Pandemie noch immer keine landesweit funktionierende, verlässliche Datenbank der Corona-Fälle gebe. Teilweise erfahre die Stadt von positiven Fällen, deren Quarantäne sie überwachen solle, erst einige Tage später. Auch fehle ein Impfregister. So sei es passiert, dass die Stadt für Impfungen vor Ort rund 500 Personen anschrieb, die aber schon die Spritze bekommen hatten. Weitere Kritikpunkte von Volk sind eine fehlende Warn-App wegen des Datenschutzes, Lockerungen als Weg in die dritte Welle, eine fehlende 14-tägige Pflichtquarantäne für Reiserückkehrer und die "Querdenker"-Demos.
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Kindergartenpersonal und Lehrkräfte seien seit Monaten nur noch ein Spielball des ständigen Wechsels von "Auf" und "Zu" und wechselnden Ankündigungen, meint Volk. "Politiker haben wahrlich keine einfache Aufgabe, schon gar nicht in dieser Zeit", so der Bürgermeister. "Was wir brauchen, ist jedoch, dass sie erst einmal nach- und zu Ende denken, und erst danach irgendwelche Ideen heraushauen." Auch könne nicht alles in Deutschland alleine geregelt werden. Es helfe nur ein europaweiter oder besser sogar weltweiter, sechs- bis achtwöchiger kompletter Lockdown, um das Virus einigermaßen in den Griff zu bekommen. Hätte man den im August oder September gemacht, könnten zum Beispiel Gastronomie und Einzelhandel bereits seit dem Herbst wieder offen sein.
Gegenüber der RNZ erzählt Volk, dass er über Ostern ins Nachdenken gekommen sei. "Man wird manchmal wahnsinnig von all dem, was Politiker so von sich geben", sagt er. "Wir in der Verwaltung fühlen uns manchmal vergackeiert und alleine gelassen." So würden Verordnungen oft erst spät veröffentlicht und hätten dann andere Inhalte als angekündigt. Zudem müsse man Klimmzüge machen, um die Bevölkerung mit Test- und Impfzentren zu schützen. "Wir werden oft hängen gelassen – und das ärgert uns", so Volk. "Das musste ich auch mal öffentlich machen." Dafür habe er viel Unterstützung bekommen.