Heilbronn

Wie sich die "experimenta" auf die Öffnung vorbereitet

Lernen, erleben, nachdenken: Interaktives Wissenschaftszentrum "experimenta" in Heilbronn hat Superlative im diesjährigen Programm - Jetzt muss es nur noch losgehen

28.02.2021 UPDATE: 01.03.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 53 Sekunden
In der „experimenta“ kann man in der Simulation sehen, wie sich Naturereignisse, etwa Sonneneinstrahlung, auf die Welt auswirken. Foto: dpa

Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. "Uns fehlen die Menschen", sagt Professorin Bärbel Renner, zuständig für die Kommunikation bei der "experimenta" Heilbronn. Und sie sagt auch: "Wir haben keinen Dornröschenschlaf gehalten." Mit "Optimismus und Tatendrang" sei man an das Programm 2021 gegangen. Ausstellungen und ihre Begleitveranstaltungen, Aktionen, Workshops: Sie müssen für das Heilbronner Science-Center immer von langer Hand geplant werden, auch immer öfter wegen der international agierenden Partner und eines meist erheblichen Aufwandes. Mit einem Highlight will man im Sommer starten – in der Hoffnung, dass dann wieder Menschen kommen können.

Es ist die Ausstellung "Wasserwelten" des American Museum of Natural History in New York. Die Exponate waren schon einmal in Heilbronn, aber dann durften die Mitarbeiter aus New York nicht mehr anreisen. Was die Besucher ab Juni auf 800 Quadratmeter Ausstellungsfläche erwarten soll, ist ein Blick in die unendlichen Tiefen der Meere, flankiert von einer ganzen Reihe von Workshops und Vorträgen.

Auf den Makrokosmos der Meere folgt dann ein Ausflug in den Mikrokosmos im Menschen: "Darm mit Charme," die erfolgreiche französische Produktion, wird im Anschluss daran ebenfalls zum ersten Mal in Deutschland zu sehen sein.

Die Besucher haben der "experimenta" nicht nur gefehlt. Sie sind in den wenigen Monaten, in denen es möglich war, auch gekommen, immerhin genau 127.847 waren es. Und die aufwändig umgebaute "MS experimenta", die auch am Neckar in Heidelberg unter dem Motto "Vier Flüsse, zehn Städte, 800 Kilometer" anlegte, war ebenfalls stets ausgebucht.

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Geschäftsführer Wolfgang Hansch und Ausstellungsleiter Christian Sichau haben nicht nur die Besucherstatistik im Blick, wenn sie die lange Schließzeit bedauern: "Wir brauchen Kontakte." Denn auch Kultur und Bildung seien von ihnen abhängig. In Anbetracht dieser Erkenntnis bietet ein weiterer Schwerpunkt des Programms viele Denkanstöße. Unter dem Stichwort "interaktiv" geht es darum, die digitalen Welten zu hinterfragen. Hansch sagt dazu, dass das Jahr 2020 eines der Reflexion und der Transformation für die "experimenta" gewesen sei. Das Programm zeigt diesen Ansatz auch da, wo digital auf analog trifft. Im "Maker Space" – untergebracht im Nebengebäude, dem Hagebucher-Ölspeicher – geht es sehr analog zu, aber die "experimenta" trägt ja auch die Bezeichnung "Science-Center". Und schon deshalb gibt es immer wieder Schnittmengen zur Forschung, sind die Lernangebote nicht nur wissenschaftlich, sondern auch erkenntnisbasiert.

Freude am Lernen, Lust am Schauen und Mitmachen in allen Altersstufen sollen in diesem Jahr nicht zu kurz kommen – und ebenfalls nicht die Mädchen, um sie noch mehr für die "Mint"-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik zu begeistern. Mit den Programmen des "Girls‘ Day College" und "Girls‘ Digital Camps", unterstützt vom Wirtschaftsministerium, geht die "experimenta" vor ihre Haustüre: Gemeinsam mit dem Verein "Didaktik aktuell" und der Pädagogischen Hochschule Heidelberg als Verbundkoordinatorin setzt sie die "Girls‘ Digital Camps" in sieben Regionen um, darunter im Raum Rhein-Neckar und in Heilbronn-Franken.

Auch der Bundeswettbewerb "Jugend forscht" findet in diesem Jahr über alle Stufen in der "experimenta" statt – der Landeswettbewerb Baden-Württemberg vom 22. bis 24. März digital, das Bundesfinale vom 27. bis 30 Mai als Präsenzveranstaltung. So ist es zumindest geplant. Die speziell für Jugendliche und junge Erwachsene konzipierten "SciDay"-Vorträge greifen zukunftsweisende Themen auf: International anerkannte Wissenschaftler referieren beispielsweise zu Themen wie Batterietechnik, Service-Robotik oder Computer-Linguistik.

Richtige "Hingucker" auch zum Anfassen gibt es ebenso, etwa das Windobjekt "Strandbeest" des niederländischen Künstlers Theo Jansen, das im Foyer des dritten Stocks steht. Besucher können an einer neuen Mitmachstation ihr eigenes Strandtier konstruieren und testen. Viele Zuschauer wünscht man sich auch für die Kooperation mit dem Theater Heilbronn. Das Stück "Schwarze Schwäne", dem der "Science Dome" mit seiner hochmodernen Technik eine besondere Bühne bietet, soll am 16. April Premiere feiern. Für "Schwarze Schwäne" hatte Christina Kettering im Jahr 2019 den ersten Preis beim "Science & Theatre"-Dramenwettbewerb gewonnen, den das Theater und die "experimenta" ausgelobt hatten. Darin geht es um künstliche Intelligenz und die ethischen Fragen dazu im Zusammenleben der Menschen.

Im November wir der Wettbewerb fortgesetzt. Dann stehen ethisch-moralische Fragen im Bereich Forschung und Wissenschaft im Fokus. Wer darüber auch mal den irdischen Problemen entfliehen möchte, kann das in der Sternwarte auf dem Dach tun. Etwa im August beim Beobachten der Perseiden-Schwärme.

Auch Corona wird man in der "experimenta" nicht einfach abhaken. Thomas Wendt, er leitet den "Maker Space", kann sich einiges dazu vorstellen, auch um das Thema zu verstehen und "das, was hier passiert". Die Pandemie hat die "experimenta" auch ganz konkret getroffen. Viele der mehr als 200 Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, für gut hundert der 450-Euro-Jobber entfiel der Verdienst ganz. Bärbel Renner bedauert, dass es für sie keine anderen Lösungen gab. Auch sie warten darauf, dass die "experimenta" wieder öffnen kann und dass es wieder losgeht.

Hintergrund

Das bisher größte Projekt der "experimenta" ist auch schon in Vorbereitung. Und dafür wird das Wissenschaftszentrum sogar zu klein sein. Im Sommer 2022 ist es Gastgeber für die Jahreskonferenz des europäischen Netzwerks "Ecsite" (European Collaborative for Science, Industry

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Das bisher größte Projekt der "experimenta" ist auch schon in Vorbereitung. Und dafür wird das Wissenschaftszentrum sogar zu klein sein. Im Sommer 2022 ist es Gastgeber für die Jahreskonferenz des europäischen Netzwerks "Ecsite" (European Collaborative for Science, Industry & Technology Exhibitions). Rund 1100 Experten und Praktiker von 350 Mitgliedseinrichtungen aus aller Welt und allen Bereichen der Wissenschaftskommunikation werden in Heilbronn erwartet. Die Tagung gilt als eine der größten Konferenzen der professionellen Wissenschaftskommunikation in Europa. Räumlicher Mittelpunkt der Konferenz wird eine eigens für die "Ecsite 2022" errichtete Zeltstadt auf dem Volksfestplatz Theresienwiese sein. Zuvor fand die Jahrestagung schon in Kopenhagen, Genf, Porto und Graz statt. bfk

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