Mosbach

Am Ende liegt es an den Kunden

Gastronomen ziehen nach drei Wochen erste Zwischenbilanz des recircle-Pfandsystems. Dabei gibt es Kritik an zu geringer Größe der Boxen.

18.02.2021 UPDATE: 19.02.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 29 Sekunden
Souschef Jürgen Herzog richtet die bestellten Essen in den recircle-Mehrwegboxen an. Neben der Gaststätte Ludwig beteiligen sich noch fünf weitere Mosbacher Wirte an dem Pfandsystem. Foto: Ibelshäuser

Von Caspar Oesterreich

Mosbach. Die Idee klingt ebenso effektiv wie simpel: Um Verpackungsmüll zu vermeiden, bieten sechs Mosbacher Gastronomen seit Anfang Februar ihre Gerichte zum Mitnehmen auch in Mehrwegboxen an. Bei allen teilnehmenden Restaurants können diese von den Kunden wieder zurückgegeben werden. Bis Ende April soll die Testphase – angestoßen von der Stadtverwaltung – laufen. Danach wollen die Wirte entscheiden, ob sie das Pfandsystem der Firma "recircle" fortführen. Nach knapp drei Wochen fällt ihr Zwischenfazit gemischt aus.

"Zur Müllvermeidung ist das natürlich eine gute Sache", sagt Rolf Wörns, Geschäftsführer des "Amthaisong". "Alles, was die Umwelt schützt, ist unterstützenswert", betont auch Thorsten Ubl, Inhaber der Gaststätte "Das Indische Haus". Den ökologischen Aspekt des Pfandsystems heben ebenso die anderen teilnehmenden Wirte vom "Mythos", "Ludwig", "Fellini" und "Landgasthof Hirsch" im Gespräch mit der RNZ hervor. "Wirtschaftlicher als die Einwegverpackungen ist das für uns allerdings nicht", erklärt Simon Heidmann, einer von drei Geschäftsführern im Ludwig.

Dabei zahlt Heidmann mit rund 25 Cent pro Einwegverpackung schon etwas mehr als seine Kollegen. "Die komplett kompostierbaren Behältnisse sind es mir aber wert." Die andern Wirte sprechen von Stückkosten zwischen 15 bis 20 Cent für ihre Pizzakartons oder Alu- und Styroporbehältnisse.

Demgegenüber klingt die Pauschale von 13,5 Cent, die die Gastronomen je Nutzung der "recircle-Mehrwegboxen" an die Firma abtreten müssen, erst einmal günstiger. "Da kommen dann allerdings noch die Kosten für die Reinigung dazu", erklärt Ubl. Und auch die Rücknahme der Mehrwegboxen kostet Zeit, ihre regelmäßige Verteilung unter allen teilnehmenden Restaurants ebenfalls, ergänzt Heidmann. Zumal das Pfandsystem viel Kapital binde – bei zehn Euro Pfand pro Box schnell ein hoher Betrag zusammenkomme. Ein Mehraufwand, den alle sechs Gastronomen zur Müllvermeidung aber gerne auf sich nehmen.

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Für echte Kritik sorgt da vielmehr die Größe der Mehrwegboxen. "Wir nutzen eigentlich nur die größte Größe, und die ist trotzdem noch zu klein für unsere Salate", sagt etwa Burak Öztürk vom Fellini. "Und eine geeignete Box für unsere Pizzen wäre auch nicht schlecht. Die fehlt noch, wobei durch die Pizzakartons bei Weitem der meiste Müll anfällt."

Rolf Wörns vom Amthaisong wünscht sich stattdessen eine zweigeteilte Box. Damit Hauptspeise und Beilage sich nicht so vermischen und nicht mehr mehrere Boxen pro Essen nötig sind. "Manchmal brauche ich drei Gefäße für ein Gericht. Wenn dann eine ganze Familie bestellt, überschreitet der Pfand – immerhin sind es ja zehn Euro pro Box – schnell mal 100 Euro. Da schrecken einige vor zurück", berichtet auch Lothar Stadmüller, Inhaber des Landgasthofs Hirsch. Seine Stammkunden würden deshalb oft ihre eigenen Mehrwegboxen mitbringen.

Während das umweltfreundliche Pfandkonzept im Landgasthof Hirsch sowie im Mythos eher schleppend anläuft, freuen sich die Wirte im Ludwig, Fellini, Indischen Haus und Amthaisong über die anfänglich große Nachfrage. "Allerdings flacht der erste Hype jetzt langsam wieder ab", sagt Heidmann.

Je 50 recircle-Boxen stellte die Stadt Mosbach den sechs Gastronomen zum Start der Testphase gratis zur Verfügung. Fürs Amthaisong hat Wörns noch einmal 110 Mehrwegboxen nachbestellt und auch Ubl wartet auf Nachschub fürs Indische Haus. "Die Rückgabe der Boxen gestaltet sich eher schwierig. Viele Kunden bringen sie erst bei ihrer nächsten Bestellung zurück", gibt Wörns zu bedenken.

"Wir müssen jetzt einfach abwarten, wie sich das Konzept in den nächsten Wochen und Monaten entwickelt und dann weitersehen", fasst Christos Stamoulis vom Mythos den Plan der Wirte zusammen. "Je nachdem, wie das Pfandsystem von den Kunden angenommen wird, machen wir dann weiter oder lassen es." Thorsten Ubl überlegt sogar, die umweltschädlicheren Einwegverpackungen seinen Kunden separat in Rechnung zu stellen und so das Mehrweggeschirr trotz des Zehn-Euro-Pfands finanziell attraktiver zu machen.

Sobald sie ihre Gaststätten wieder für den normalen Betrieb öffnen dürfen, wollen auch das "Lamm", "Mosbacher Brauhaus", "Tante Gerda" und "fideljo" das Pfandsystem ausprobieren. Am Ende liegt es an den Kunden, ob die Initiative der Stadt Erfolg hat und durch die Mehrwegboxen langfristig Müll vermieden werden kann.

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