100 Tage Corona-Lockdown

Wie ist die Lage bei den Mosbacher Gastronomen?

Das Glas ist immer noch halb voll: Von Zuversicht, Sehnsucht und relativierten Hilfen.

09.02.2021 UPDATE: 10.02.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 29 Sekunden
Ein bisschen wie im Winterschlaf: Seit 2. November sind Restaurants (hier am Ludwigsplatz) coronabedingt geschlossen. Die RNZ hat bei Mosbacher Gastronomen nachgefragt, wie man die Lage nach 100 Tagen im Lockdown einschätzt – und überraschende Erkenntnisse gewonnen. Foto: Heiko Schattauer

Von Heiko Schattauer

Mosbach. 100 Tage ohne "echte" Gäste. Für einen Gastwirt ist das eine lange Leidenszeit. Seit 2. November sind Restaurants und Kneipen geschlossen, im Dauer-Lockdown. Wann die Gastronomie sich auch tatsächlich wieder als Gastgeber einbringen darf, steht in den Sternen. Kontakt zur Kundschaft gibt es in der anhaltenden Coronakrise nur übers Telefon oder an der Abholtheke. Die RNZ hat nach 100 Tagen Zwangsschließung bei Gastronomen aus der Stadt nach Stimmung, Lage und Aussichten gefragt – und einige erstaunliche Erkenntnisse gewonnen.

"Jammern braucht man nicht", finden Claudio und Antonio Gentile, die seit mehr als vier Jahrzehnten (!) die Gaststätte des FV Mosbach betreiben. Die sympathischen Brüder haben in ihrem Berufsleben als Gastwirte schon viel erlebt; vom Coronavirus lassen sie sich nicht umhauen. "Für uns ist das Glas halb voll", erklärt Antonio Gentile, dass man sich den Optimismus so leicht nicht nehmen lässt. Im Großen und Ganzen sei man zufrieden: Finanzielle Hilfe vom Staat sei da, die Gäste bleiben zum Gutteil treu, Abhol-Angebote werden gut genutzt. "Auch wenn es derzeit nicht so viel ist wie im ersten Lockdown im Frühjahr", wie Claudio Gentile erläutert. "Es ist okay."

Natürlich fehlen den Brüdern die Fußballer, die Kegler, die Stammtische, die zu normalen Zeiten für Leben in der Wirtschaft sorgen. "Dafür haben wir gerade viel mehr Freizeit als sonst – und das ist auch mal ganz schön", verdeutlichen die Gentiles die positive Seite der aktuellen Situation. Dass sie schon bald wieder öffnen können, daran glauben die MFV-Gaststätten-Wirte bei allem Optimismus nicht. "Im März wird wohl noch nichts gehen", schätzt Claudio Gentile.

Diese Einschätzung teilt auch Thorsten Ubl vom "Indischen Haus". Er rechnet nicht vor Ostern mit einem Ende des Gastro-Lockdowns. Für Ubl wäre die Wiedereröffnung nach der zweiten coronabedingten Schließung gleich in doppelter Hinsicht ein Neustart. Mitte Dezember schloss das Indische Haus nämlich in der Fußgängerzone seine Türen, um sie dann Mitte Januar am östlichen Stadteingang an der B 27 (ehemals Wintergarten) wieder zu öffnen – zumindest für Abholungen. Für das Take-Away-Angebot sei der neue Standort bestens geeignet, freut sich Ubl, der zugleich von "überraschend guter" Nachfrage nach dem Lieferservice am Samstag berichtet. An den restlichen Öffnungstagen in der Woche laufe dieser Bereich dagegen eher schleppend.

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Auch beim Betreiber des Indischen Hauses überwiegen Optimismus und Zuversicht: "Wenn die Gäste wieder zu uns kommen und auch im Restaurant bleiben dürfen, dann wird es einen kleinen Run geben", ist sich Thorsten Ubl sicher. "Ich merke das ja an mir selbst – die Leute sehnen sich danach, raus zu kommen." Mit Blick auf die finanziellen Hilfen sagt der Gastronom: "Die Hilfe bringt uns weiter, ganz klar." Allerdings relativiert er auch: Die finanzielle Unterstützung komme immer ein wenig verzögert und auch nicht in der Höhe, wie es verkündet worden sei. "Bei uns war die Novemberhilfe beispielsweise ungefähr 40 Prozent des Vorjahresumsatzes." Dankbar ist Ubl dennoch: "Ich kann davon leben." Außerdem ist er davon überzeugt, gestärkt aus der Krise herauszukommen.

Dass man zumindest anders aus der Krise kommt als man hineingegangen ist, das wünscht sich Christos Stamoulis. "Nach jedem Untergang gibt’s einen Aufschwung", sagt der Chef der Taverna Mythos am Mosbacher Marktplatz. "Aber es wäre schön, wenn diese Krise die Menschen ein bisschen zum Nach- und Umdenken bringt." Er jedenfalls sei dankbar für die Unterstützung, auch wenn sie verzögert kommt. "In manch anderem Land bekommen die Gastwirte gar keine Unterstützung", sagt Stamoulis, dem in der Gesellschaft mitunter zu viel gejammert und gemäkelt wird. Schwierig sei es allerdings, zu planen: Die derzeitigen Aussagen seien kaum zu deuten; wann die Gastronomie wieder Gäste im Lokal empfangen und bewirten dürfe, lasse sich kaum absehen. Dass man bereits 100 Tage in einer Art Ausnahmezustand verharrt, mache ihm auch zu schaffen, räumt der Mythos-Wirt ein. "Da wird man langsam ein bisschen schwermütig", sagt Stamoulis, um dann gleich wieder den Schalter umzulegen: "Aber wir haben schon Schlimmeres erlebt – es geht schon weiter!"

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