"Bürgerwerkstatt" soll Stadt attraktiver machen
Elf Einzelprojekte - Ehrenamtliche Zusammenarbeit engagierter Bürger - "Alle sind mit großem Eifer bei der Sache"

Von Andreas Hane
Osterburken. Eine verlässliche Nachmittagsbetreuung für Grundschüler, ein Mehrgenerationentreff oder auch der Neustart des Jugendhauses – das sind nur einige der elf Projekte, die die sogenannte "Bürgerwerkstatt" in Osterburken zur Wirklichkeit werden lässt. Das Ganze läuft unter dem Motto "Wir in Osterburken – Raum für Ideen". Darin steckt vieles, was das 2019 ins Leben gerufene Projekt ausmacht: gemeinsames bürgerschaftliches Engagement, um letztendlich die Attraktivität der Römerstadt zu steigern, wobei alle davon profitieren sollen. Wir haben uns mit Bürgermeister Jürgen Galm, einem der Initiatoren, über das Projekt mit Vorbildcharakter unterhalten.

"Eine ,Lieblingsgruppe‘ habe ich nicht", verrät er. Denn "alle Themen sind gleichermaßen wichtig und sinnvoll für die weitere Entwicklung der Stadt." Die elf Themen der "Bürgerwerkstatt" haben vor allem eines gemeinsam: eine Lösung für "in der Bevölkerung vielfältige und durchaus nachvollziehbare Bedürfnisse und Wünsche, die wir als öffentliche Hand mangels personeller und finanzieller Ressourcen nicht oder zumindest nicht alleine erfüllen können", zu bieten.
Ein Teil der Lösung dabei ist die Beobachtung, dass "es offenbar doch viele Mitbürgerinnen und Mitbürger gibt, die bereit wären sich bürgerschaftlich zu engagieren und diesen Bedarf zu bedienen", berichtet Galm. "Beides gilt es zusammenzuführen, um letztlich das soziale Miteinander zu stärken und die Menschen auch generationenübergreifend zusammenzuführen."
Bereits in den letzten Jahrzehnten habe sich gezeigt, dass das bürgerschaftliche Engagement in Osterburken groß sei, lobt der Bürgermeister. Hierbei seien Hilfsorganisationen zu nennen wie etwa die Feuerwehr, das DRK, die Hospizgruppe oder die Bürgerhilfe Osterburken (BHO), die einen Fahrdienst beispielsweise zum Arzt oder zum Einkaufen anbietet. Auch die zahlreichen Vereine engagierten sich ehrenamtlich vor allem in den Bereichen Sport und Kultur.
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Hintergrund
> Raum für Kreativität: Es sollen Räumlichkeiten gesucht und zur Verfügung gestellt werden, die verschiedene kreative Tätigkeiten zulassen.
> Römerspielplatz mit Wasser: Es könnte ein gemeinsamer Treffpunkt geschaffen werden. Anbieten würde sich, den Bouleplatz
> Raum für Kreativität: Es sollen Räumlichkeiten gesucht und zur Verfügung gestellt werden, die verschiedene kreative Tätigkeiten zulassen.
> Römerspielplatz mit Wasser: Es könnte ein gemeinsamer Treffpunkt geschaffen werden. Anbieten würde sich, den Bouleplatz an der Baulandhalle zum zentralen Erlebnisspielplatz mit dem Thema "Wasser" umzugestalten.
> Verlässliche Nachmittagsbetreuung für Schulkinder: Durch Ehrenamtliche könnte ein verlässliches Nachmittagsprogramm für Schulkinder erstellt werden, um berufstätige Eltern sowie Alleinerziehende zu entlasten.
> Eltern-Kind-Treff 1+: Ziel ist die Bildung einer Eltern-Kind-Gruppe, die sich regelmäßig zum Spielen und Austausch trifft.
> Neustart Jugendhaus: Ein offener Treffpunkt für Jugendliche und junge Erwachsene soll mit sozialarbeiterischer Unterstützung eingerichtet werden.
> Belebung der Friedrichstraße: Vorstellbar ist etwa die Einrichtung eines Strick- oder Büchercafés, die Bemalung von Pflanzenkübeln, ein Bioladen.
> Mehrgenerationen-Treff: Ziel ist die Schaffung eines zentralen Ortes zur altersübergreifenden Begegnung sowie gemeinsamen Freizeitgestaltung.
> Öffentlichkeitsarbeit: Hier ist etwa die Erstellung eines Verzeichnisses von Freizeit-, Kultur-, Wirtschafts-, Sozial- und gewerblichen Angeboten denkbar, aber auch die Einrichtung einer Osterburken-App. Ziel ist es, möglichst viele Bürger über das örtliche Geschehen zu informieren und zur Teilhabe zu bewegen.
> Projekt "Bahnhof": Dem Bahnhofsgebäude (Foto) soll neues Leben eingehaucht werden. Im Vordergrund steht die Suche nach Nutzungsideen und die Erstellung eines Raumprogramms.
> Wohnungs-Börse: Hier ist die Idee, eine Plattform für Wohnungsangebote und Wohnungsbedarfe anzubieten. Leerstände könnten so erfasst werden, aber vielleicht finden sich auf diese Weise auch Personen, die aufgrund von Platzmangel bzw. Platzüberhangs die Wohnungen tauschen möchten.
> Notfallplanung: Die Bevölkerung soll für Krisenfälle und Notlagen sensibilisiert werden.
Zu diesen bestehenden Einrichtungen wolle die "Bürgerwerkstatt" keineswegs in Konkurrenz treten, wie Jürgen Galm betont. Ziel sei es vielmehr, "die Bandbreite der bestehenden Angebote in der Stadt zu erweitern und auch Synergien zu schaffen". Auch die traditionellen Vereine und Gruppen sollen also vom Mehr der Bürgerbeteiligung profitieren. "Damit steigt die Attraktivität der Stadt insgesamt", so Galm.
Auch zum Beispiel dadurch, "dass wieder mehr Leben in die Stadt – vor allem in die Innenstadt – kommt. Denn innerstädtisches Leben, das sich wie in der Vergangenheit fast ausschließlich über den Einzelhandel definiert hat, wird es in der Zukunft so selbst in größeren Städten nicht mehr geben" informiert das Stadtoberhaupt. Dieser positive Effekt sei allerdings nicht der Ausgangspunkt in den ursprünglichen Überlegungen gewesen.
Hierbei stand vielmehr im Mittelpunkt, "wie man das vorhandene Potenzial an bürgerschaftlichem Engagement aktivieren kann". Diese Frage habe man im Gemeinderat diskutiert, wobei vor allem Erwin Knörzer-Ehrenfried, der Vorsitzende des Gewerbevereins, als Impulsgeber fungiert habe.
"Letztlich hat der Gemeinderat einem Vorschlag von mir beziehungsweise der Verwaltung zugestimmt, einen Betrag von rund 5000 Euro zur Verfügung zu stellen, um dies auch mit fachlich fundierter Unterstützung angehen zu können", berichtet Jürgen Galm. "Im Weiteren wurde dann über die Bürgerschaft ein Förderantrag gestellt und auch bewilligt. In der Folge hat das Diakonische Werk im Neckar-Odenwald-Kreis angeboten, das Thema mit zu begleiten."

Anschließend habe man eine Steuerungsgruppe eingerichtet, der neben dem Bürgermeister die ehemalige Hauptamtsleiterin Elke Ander, der nach ihrem Eintritt in den Ruhestand Hauptamtsleiter Julian Schneider nachfolgte, der Gewerbevereinsvorsitzender und Stadtrat Erwin Knörzer-Ehrenfried, Guido Zilling als Geschäftsführer der Diakonie Neckar-Odenwald-Kreis sowie der Diplom-Sozialarbeiter der Diakonie Bernhard Goldschmidt angehören.
Diese Steuerungsgruppe hat sich mehrfach mit Claudia Peschen getroffen, die man über das Förderprogramm als Prozessmoderatorin gewinnen konnte. Hierbei wurde abgestimmt, wie man das Ehrenamtsprojekt ins Leben rufen könne. "Zunächst haben wir sogenannte Schlüsselpersonen angeschrieben und im Herbst 2019 zu einem Treffen eingeladen. Diese Schlüsselpersonen haben wir aus den bekannten Institutionen und Vereinen ausgewählt, um alle Interessen möglichst repräsentativ abzubilden", so Galm.
Vor ziemlich genau einem Jahr, nämlich am 25. Januar 2020, fand das erste "große Treffen" statt, bei dem die Bürger aufgerufen waren, sich mit einzubringen. "Der Zuspruch war gut, und der Auftakt auch vielversprechend, haben sich an diesem Abend doch gleich elf Projekte herauskristallisiert und teilweise Arbeitsgruppen gebildet", erinnert sich der Bürgermeister.
Anfang März folgte ein Treffen mit den Vertretern der Arbeitsgruppen, ehe Corona alles Weitere stoppte. Die Arbeitsgruppen hatten Ende Juli noch die Gelegenheit, sich und ihre Projekte in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung vorzustellen. "Und um nicht alles einschlafen zu lassen", gab es im November ein kleines Treffen mit je einem Vertreter der Gruppen und der Steuerungsgruppe. Die "Sprecher" der Arbeitsgruppen sollen das Großprojekt immer mehr federführend begleiten und somit die Stadtverwaltung und die Steuerungsgruppe unterstützen.
Apropos unterstützen: Auch wenn sich schon viele Osterburkener einbringen – es kann nie genug geben. "Deshalb wünschen wir uns noch weitere ,Mitmacher‘. Sie sind herzlich willkommen", appelliert Bürgermeister Jürgen Galm. "Die Stadt Osterburken vermittelt gerne den Kontakt zu den Ansprechpartnern."
Denn die Umsetzbarkeit sei oft von der Zahl der Mitstreiter oder auch von rechtlichen Voraussetzungen abhängig. Wenn es nach dem Einsatz dieser "Mitstreiter" geht, steht der Realisierung der einzelnen Projekte nichts im Weg. "Alle sind mit großem Eifer bei der Sache", zeigt sich Galm erfreut. Doch er weiß auch: "Es wird sicher so sein, dass sich das eine Projekt einfacher und ein anderes schwieriger umsetzen lässt." Von daher sei es normal und nicht schlimm, wenn das eine oder andere Projekt etwas länger brauche. "Hauptsache ist, das Ziel wird erreicht."