Der Ausbau des Glasfasernetzes ist ins Stocken geraten
Offene Gräben statt schnelles Internet: Aufgerissene Gehwege sorgen für Ärger.

Von Christoph Moll
Meckesheim. Groß war die Freude im Frühjahr 2019 bei den Spatenstichen für den Glasfaserausbau sowohl in Meckesheim als auch im Ortsteil Mönchzell. Das schnelle Internet schien zum Greifen nah. Doch es klang schon damals fast zu schön, um wahr zu sein: Die Breitbandversorgung Rhein-Neckar (BBV) versprach den Ausbau in nur rund sechs Monaten. Inzwischen sind anderthalb Jahre vorbei und die Realität sieht so aus: Am Netz sind nur wenige Kunden, stattdessen gibt es umso mehr aufgerissene Gehwege.
"Die BBV Rhein-Neckar beendet mit sofortiger Wirkung ihre Zusammenarbeit mit dem Generalunternehmer Telsita GmbH beim Glasfaserausbau", teilte das Unternehmen kürzlich mit. "Damit reagiert der Netzbetreiber auf in den vergangenen Wochen aufgetretene massive Beschwerden von Ausbaukommunen und Bürgern über ungesicherte Baustellen, Aushubhalden und andere Vorkommnisse." Baustellen sollen nun verkehrssicher und winterfest gemacht werden. Es sei mit Verzögerungen in den laufenden Ausbaukommunen zu rechnen.
So auch in Meckesheim. "Die Arbeiten waren zuletzt noch einmal mit mehr Personal forciert worden", erinnert sich Bürgermeister Maik Brandt. "Wir waren guter Hoffnung, dass diese nun endlich zu Ende gebracht werden." Dann habe man gehört, dass es um das Bauunternehmen finanziell nicht gut stehe. Wenig später sei schon Ausstattung von den Baustellen abgezogen worden.
"Wir sind seit Langem nicht zufrieden, teilen dieses Leid aber mit anderen Kommunen", so Brandt. Und dabei ging es nicht nur um den langsamen Ausbau. Bei den Arbeiten sei kein System zu erkennen gewesen. "Die Bautrupps waren mal hier und mal dort", erinnert er sich. Brandt geht davon aus, dass erst Gebiete ohne Leerrohre in Gehwegen ausgebaut wurden. Denn diese seien noch nicht von der BBV gekauft worden. Hier geht es um einen niedrigen sechsstelligen Betrag.
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Hintergrund
> Die "Breitbandversorgung Rhein-Neckar GmbH" (BBV) hat ihren Sitz in Dreieich bei Frankfurt und wurde im Jahr 2014 gegründet. "Unser mittelfristiges Ziel ist die Breitbandaufrüstung weiterer unversorgter oder schlecht versorgter Haushalte und Unternehmen in der Region,
> Die "Breitbandversorgung Rhein-Neckar GmbH" (BBV) hat ihren Sitz in Dreieich bei Frankfurt und wurde im Jahr 2014 gegründet. "Unser mittelfristiges Ziel ist die Breitbandaufrüstung weiterer unversorgter oder schlecht versorgter Haushalte und Unternehmen in der Region, aber auch überregional", heißt es auf der Internetseite. Die BBV ist in mehreren Gebieten im Rhein-Neckar-Raum aktiv – eines davon ist das "Cluster Sinsheim", zu dem mehrere Städte und Gemeinden im Kraichgau zählen. So auch Meckesheim und dessen Ortsteil Mönchzell.
> Bei der Technik setzt die BBV auf "Fiber-to-the-Home" (FTTH). Glasfaserkabel werden also direkt in jedes Haus gelegt. Das ermöglicht Geschwindigkeiten im Gigabit-Bereich. Dafür müssen jedoch auch Gehwege und Vorgärten aufgegraben werden.
> In Meckesheim und Mönchzell hatten 578 und 880 Haushalte sowie Firmen einen Vorvertrag mit der BBV für 600 Euro abgeschlossen. Nach eigenen Angaben investiert das Unternehmen in Meckesheim 4,5 und in Mönchzell 5,5 Millionen Euro. Als Ziel hatte die BBV ausgegeben, "dass Meckesheim und Mönchzell zu einer führenden Glasfaserkommune in der Region und in Baden-Württemberg werden".
> In Spechbach hat die BBV Anfang des Jahres die Werbetrommel gerührt. 389 Kunden schlossen einen Vertrag ab. Die 1,5 Millionen Euro teuren Arbeiten haben hier noch nicht begonnen. Auf der Internetseite findet sich auch kein Zeitplan. Auf RNZ-Nachfrage sagte BBV-Sprecher Thomas Fuchs, dass der Ausbau im zweiten Quartal 2021 beginnen soll – "wenn das Wetter passt". (cm)
Die Gemeinde hatte außerdem Zweifel daran, dass die aufgerissenen Gehwege wieder ordnungsgemäß hergestellt werden. Der Aufbau eines Gehwegs sei in Deutschland genau vorgeschrieben. "Es hat sich gezeigt, dass das in anderen Ländern anders ist", sagt Brandt. Ein Ingenieurbüro wurde beauftragt, die Arbeiten zu überwachen. Und auch ein Wasserrohr sei angebohrt worden.
Die BBV habe zudem ohne Not unrealistische Zeiträume für den Ausbau genannt und damit Erwartungen geweckt. "Es hieß, dass Meckesheim und Mönchzell Leuchtturmprojekte seien", blickt der Bürgermeister zurück. "Und jetzt hängen wir hintendran."
Brandt spricht von einem "Fiasko" und hat den Kontakt mit den Verantwortlichen gesucht. "Es muss etwas passieren", betont der Rathauschef. "Ich hoffe, dass es zeitnah weitergeht." Der Wille bei der BBV sei da und das Unternehmen sei "bemüht".
Auf RNZ-Nachfrage sagte BBV-Sprecher Thomas Fuchs, dass das Unternehmen nun beim Ausbau "zusätzliche Kapazitäten akquirieren" werde. Aktuell seien in Meckesheim noch rumänische Bautrupps vor Ort, die aber am 11. Dezember zum Weihnachtsfest in die Heimat aufbrechen. "Ab der zweiten Januarwoche wird der Ausbau forciert", verspricht Fuchs. Wann die Arbeiten abgeschlossen werden, hänge dann aber auch vom Wetter ab. Einen Termin könne man deshalb noch nicht nennen. "Wir gehen mit Schwung ran und hoffen, dass wir zügig durchkommen", so Fuchs.
Bürgermeister Brandt betont, dass die Gemeinde kein Geld verloren habe. "Der Ausbau hätte uns fünf bis acht Millionen Euro gekostet", weiß er und verteidigt die Unterstützung der BBV durch die Gemeinde. Beim Zweckverband "Fibernet" hätte man zehn Jahre auf den Ausbau warten müssen. "Dann warte ich lieber noch etwas auf die BBV und zahle nichts dafür", so der Rathauschef. Selbst wenn das Unternehmen in Probleme gerate, finde sich ein neuer Investor, meint er. Es gebe keinen Grund, "sich verrückt zu machen". Zudem seien bereits Kunden am Netz und zufrieden, so Brandt weiter.
Was die aufgerissenen Gehwege wie zum Beispiel in der Zeppelinstraße angeht, hat die Gemeinde der BBV nun eine Frist gesetzt. "Es sieht teilweise furchtbar aus", gibt Brandt zu. Wenn die BBV nicht aktiv werde, gehe die Gemeinde in Vorleistung. Dann werde der Bauhof die offenen Gräben verfüllen.
Ansonsten sei der "Leidensdruck" der Einwohner nicht so hoch, meint Brandt. An einem schnellen Vodafone-Kabelnetz mangele es zwar, doch die Telekom habe ihr Netz doch noch mit der Vectoring-Technik aufgerüstet und so Geschwindigkeiten von bis zu 100 Megabit pro Sekunde hergestellt. "Eigentlich hat jetzt fast jeder schnelles Internet", so Brandt.