Motorradfahrer wehren sich gegen Tempo 50
Der Verein kritisiert das Tempolimit auf der Unfallstrecke der Landesstraße L535. Jedoch fahren hier zu viele zu schnell, sagt der Kreis.

Von Lukas Werthenbach
Heiligkreuzsteinach. Unter Motorradfahrern regt sich Widerstand gegen die jüngst beschlossenen Maßnahmen auf der Landesstraße L 535 zwischen Heiligkreuzsteinach und Abtsteinach. Nach mehreren schweren Unfällen – darunter zwei tödliche allein in diesem Sommer – brachte das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises Ende August bekanntlich verschiedene Instrumente auf den Weg, um die für Motorradfahrer wohl gefährlichste Strecke der Region zu entschärfen. Nun hat sich mit Ricky Lowag der Erste Vorsitzende des Östringer Vereins "Rennleitung#110" mit einem "Widerspruch zur Geschwindigkeitsbeschränkung" auf dem genannten Abschnitt zu Wort gemeldet.
Neben der Herabsetzung des Tempolimits von 70 auf 50 Kilometer pro Stunde für Motorradfahrer gehörten auch die Installation von Hinweistafeln und mehr Kontrollen zum Maßnahmenpaket des Kreises. Lowag hatte in der RNZ davon gelesen und schrieb nun einen offenen Brief an Axel Brandenburger als stellvertretenden Leiter des Straßenverkehrsamts im Landratsamt. Darin kritisiert der Vorsitzende des Vereins, der sich nach eigenen Angaben "der Unfallverhütung bei Motorradfahrern verschrieben hat", insbesondere die Geschwindigkeitsbeschränkung für Biker als "unbedingt zu korrigierenden Fehler". Zur Begründung führt er drei schwere Motorradunfälle dieses Sommers auf der L 535 an, von denen "keiner zwingend auf nicht angepasste Geschwindigkeit zurückzuführen" sei: Ein schwer verletzter Fahrer hatte Mitte Juli wie berichtet gegenüber der Polizei angegeben, dass er einem Hasen ausgewichen sei; beim tödlichen Unfall eines 16-jährigen Leichtkraftradfahrers sei noch keine Ursache ermittelt, Lowag berichtet aber von "Mutmaßungen" über einen Wildwechsel als Auslöser; und nach dem Unfalltod eines 59-jährigen Bikers wurde bekannt, dass ein Auto ihm die Vorfahrt genommen hatte.

Nachdem das Tempolimit auf der Strecke erst im Frühjahr dieses Jahres für alle Fahrzeuge auf 70 Kilometer pro Stunde herabgesetzt worden war, beschreibt Lowag die nun erfolgte Senkung auf 50 nur für Motorradfahrer als "nicht akzeptabel". Zum einen sei diese Beschränkung "selbst für wenig versierte Motorradfahrer nicht das Höchstmaß dessen, was unter den gebotenen Umständen gefahrlos gefahren werden" könne. Zum anderen befürchtet er "aufgrund des Geschwindigkeitsunterschiedes konfliktträchtige Begegnungen zwischen Auto- und Motorradfahrern".
Die auf die für Biker hohe Unfallgefahr hinweisenden Schilder indes hält Lowag für ein "probates Mittel". "Geben Sie doch dieser Maßnahme zuerst die Chance, ihre Wirkung ohne das einseitige Tempolimit zu entfalten", appelliert er an die Kreisbehörde. Zudem regt er an, "einen potenziellen Wildwechsel durch Zäune zu regulieren und damit vom kurvigen Bereich weg zu lenken".
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Brandenburger verfasste darauf eine Antwort, die ebenfalls der RNZ vorliegt. Zur Begründung des Tempolimits nennt er Geschwindigkeitsmessungen von Kreis und Polizei auf dem Streckenabschnitt, wonach "ein großer Teil der Motorradfahrenden zu schnell" unterwegs sei. Ein Viertel der Biker fuhr demnach schneller als die bisher vorgeschriebenen 70 Kilometer pro Stunde. "Dass diese Geschwindigkeitsbeschränkung ungeeignet ist, um Unfälle zu verhindern, hat sich bereits gezeigt", so Brandenburger. Eine Auswertung der Unfälle des bereits 2017 von der Polizei als "Unfallhäufungsstrecke" gemeldeten Abschnitts habe ergeben, dass zwei Drittel der Unfälle der vergangenen drei Jahre unter Beteiligung von Motorrädern geschehen seien. "Bei 85 Prozent der Unfälle mit Beteiligung eines Motorrades wurden diese von Motorradfahrenden aufgrund von nicht angepasster Geschwindigkeit verursacht." Brandenburger erklärt zudem, dass das Tempolimit für Biker "nicht leichtfertig getroffen" worden sei, sondern "als nächste, mildeste Maßnahme, die uns verkehrsrechtlich noch zur Verfügung steht."
Sollte der Kreis an der Geschwindigkeitsbegrenzung für Motorradfahrer festhalten, will Lowag offiziell Widerspruch gegen die Maßnahme einlegen. Auf Nachfrage erklärte er dazu: "Ich habe erst mal die Hoffnung, dass das Landratsamt das Tempo 50 in Eigeninitiative aufhebt. Wenn nicht, bin ich auch zu einem Widerspruch bereit, der dann weiter an das Regierungspräsidium Karlsruhe geht."