Löbel-Firma hat 25 Monatsmieten auf einmal bezahlt
Ein Rechtsgutachten setzt sich mit Untermietverhältnissen in der CDU-"Parteizentrale" auseinander und entlastet den Abgeordneten.

Nikolas Löbel. Archivfoto: Gerold
Von Alexander Albrecht
Mannheim. Der in die Kritik geratene Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel geht in die Offensive. Auf seinen Vorschlag hin hat der von ihm geführte CDU-Kreisverband ein Gutachten der Mannheimer Rechtsanwaltskanzlei Rowedder/Zimmermann/Hass eingeholt, das sich mit den Mietverhältnissen in der CDU-Geschäftsstelle auseinandersetzt. Verfasst und unterschrieben hat es der ehemalige CDU-Stadtrat Ralph Landsittel.
Laut der Expertise hat der Kreisverband Anfang Mai 2016 insgesamt 187,41 Quadratmeter Fläche in einem Haus in der Elisabethstraße 3 angemietet. Dazu zählen vier Büros, ein Besprechungsraum und sogenannte Allgemeinflächen, die sich im Grundriss in die Bereiche Empfang/Arbeitsplatz, WC, Bad und Küche gliedern. Die monatliche Nettomiete beträgt 1750 Euro, das sind 9,33 Euro pro Quadratmeter. Nach einem Beschluss des Kreisvorstands von Ende 2015 darf der Kreisverband Räume untervermieten, wovon er auch Gebrauch macht. Alle drei Untervermieter zahlen 9,50 pro Quadratmeter Miete und dürfen auch die "Allgemeinflächen" nutzen.
Die Junge Union: Dem Parteinachwuchs steht der 35 Quadratmeter große Bereich "Empfang/Arbeitsplatz" zur Verfügung. Warum die JU für eine allgemein zugängliche Fläche den selben Quadratmeterpreis aufbringen muss, wie die anderen Untervermieter – insgesamt 322,50 Euro im Monat – bleibt in Landsittels Stellungnahme offen
Löbels Abgeordnetenbüro: 20 Quadratmeter stehen dafür zur Verfügung. Den Untermietvertrag mit dem Bundesparlamentarier hat Kreisgeschäftsführerin Mareike Pilz unterschrieben. Laut Gutachten ist das zulässig und kein In-sich-Geschäft. In diesem Fall hätte Pilz als CDU-Vertreterin einen Vertrag mit sich selbst abgeschlossen.
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Löbel Projektmanagement GmbH: Die Ein-Mann-Firma mit dem Abgeordneten als Alleingesellschafter nutzt ebenfalls ein 20 Quadratmeter großes Büro, der Vertrag datiert vom 15. Mai 2019. Diese Konstellation hat für Wirbel gesorgt. Interessant ist, dass die GmbH Miete und Nebenkosten nicht monatlich, sondern jährlich begleichen muss. Das Unternehmen habe, wie es im Gutachten heißt, am 14. September dieses Jahres per Einmalzahlung 25 Monatsmieten bis einschließlich Mai 2021 überwiesen, insgesamt 4750 Euro. Juristisch ist das für Landsittel zwar nicht zu beanstanden. Er empfiehlt aber, ab Mai nächsten Jahre auf monatliche Zahlungen überzugehen, "um Irritationen zu vermeiden". Mit Blick auf die heutige Null- und Negativ-Zins-Politik sei der CDU kein Schaden entstanden.
Zulässig ist aus Sicht des Juristen zudem, dass vor der Geschäftsstelle ein Schild auf die laut Mareike Pilz nicht mehr existierende "Nikolas Löbel pr.event.marketing" hinweist. Der Gutachter ist der Auffassung, dass Mietverträge konkludent, das heißt durch schlüssiges Verhalten, verändert werden könnten. Die sei hier der Fall gewesen.
Ex-Vorstände erneuern Kritik - Reaktion auf CDU-Gutachten
Das Gutachten in der Causa Löbel ist aus Sicht des Mannheimer CDU-Sprechers Christian Hötting eindeutig: "Es gibt keinerlei Anhaltspunkte für Rechtsverstöße." Das sehen Chris Rihm und Andreas Pitz anders. Beide nahmen am 12. Oktober Einsicht in die Untermietverträge, die der CDU-Kreisverband abgeschlossen hatte. Nachdem das Duo einige Ungereimtheiten entdeckt haben will und sich Löbel angeblich uneinsichtig zeigte, legten sie ihre Ämter im Kreisvorstand nieder.
Wobei Pitz damals gegenüber der RNZ forderte, die CDU müsse zur Aufarbeitung eine externe Kanzlei beauftragen, was ja nun geschehen ist. Auf Basis eines Gedächtnisprotokolls – Fotos und Kopien der Unterlagen durften beide bei ihrem Termin nicht anfertigen – sehen sie auch nach der Expertise ihres Parteifreunds Ralph Landsittel nicht alle Fragen beantwortet und kommen in einzelnen Punkten zu anderen Ergebnissen.
In ihrer ausführlichen Stellungnahme von Mittwochabend schreiben die Ex-Vorstände, es sei kein gewöhnlicher Vorgang, dass Kreisgeschäftsführerin Mareike Pilz Verträge mit Kreisverbandschef Löbel schließe. Unter Transparenz-Gesichtspunkten sei zu erwarten gewesen, dass einer der stellvertretenden Parteichefs dazu herbeigezogen werde. Zudem sei der Inhalt der Verträge nicht durch einen Vorstandsbeschluss gedeckt.
Rihm und Pitz fragen sich auch, warum die erforderliche Einwilligung des Vermieters (nicht der Kreisverband) für den Untermietvertrag mit der Projektmanagement GmbH zum Zeitpunkt ihres Termins in der Geschäftsstelle noch gar nicht eingeholt worden sei, wie der Gutachter andeutet. Und sie wundern sich, weshalb Landsittel bei der Firma nur von der Kaltmiete spricht, kein Wort aber über die Nebenkosten verliert.
Fragwürdig finden Rihm und Pitz die Einschätzung des Anwalts, dass sich der Abgeordnete bei dem Schild der "Nikolas Löbel pr.marketing.event" vor der Geschäftsstelle auf die tatsächliche Handhabung und nicht auf eine schriftliche Änderung des Mietvertrags berufen könne. Indes prüft die Staatsanwaltschaft, ob ein Anfangsverdacht für strafbares Verhalten gegen Herrn Löbel besteht. "Dies ist nicht gleichbedeutend mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens", teilte eine Behördensprecherin mit.