Schwetzingen zeigt, was man für bedrohte historische Gärten tun kann
Gartenverwaltungen schlagen Alarm: Anlagen massiv von Folgen des Klimawandels bedroht - Finanzielle Hilfe gefordert

Schwetzingen. (cab) Jens Spanjer sprach dramatisch von einem "Jahrhundertproblem". Sicher ist, dass der Klimawandel auch die historischen Gärten bedroht und der Zustand der Gartendenkmale immer besorgniserregender wird. Das gilt auch für den 74 Hektar großen Schwetzinger Schlosspark, wie aus der Schadensbilanz dieses Jahres hervorgeht. Mit dieser beschäftigte sich jetzt das "Initiativbündnis historische Gärten im Klimawandel" bei seiner Herbstsitzung. "Es ist nicht mehr fünf vor zwölf. Es ist inzwischen 12 Uhr für den dauerhaften Erhalt der historischen Gärten", sagte Bündnis-Sprecher Michael Hörrmann, der auch Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg ist. Im Bündnis ist Spanjer sein Stellvertreter.
Beide appellierten an die Politik und die Behörden: "Jeder Euro, der jetzt zusätzlich zur Verfügung gestellt wird, hilft doppelt. Alle durch Personalmangel unterlassenen Pflegeanstrengungen werden in den kommenden Jahren ein Mehrfaches an Mitteln notwendig werden lassen." Doch warum sind gerade die historischen Gärten so wichtig? Sie seien nicht nur unverzichtbares kulturelles Erbe, sondern auch Vermittlungs- und Erlebnisort für Einheimische und Touristen, so Hörrmann. Die Gärten sind diesbezüglich also auch ein Wirtschaftsfaktor vor Ort. Zudem würden sie als Kälte-, Frischluft- und Feuchtigkeitsspeicher für Städte und Regionen dienen, "als Genpool und Biodiversitätsinseln für den botanischen und zoologischen Reichtum unseres Landes", so Hörrmann. Angesichts des Ernstes der Lage komme es auf schnelle Hilfe an. Schwetzingen ist dafür ein gutes Beispiel.
Auch im dortigen Schlossgarten sieht man, wie die Bäume leiden. Die massive Unterversorgung mit Wasser, die Hitze und intensive Sonneneinstrahlung stressen gerade alte Baumbestände. Diese werden zudem anfälliger für Schädlinge. So mussten dieses Jahr in Schwetzingen rund 70 Bäume notgedrungen gefällt werden. Im langjährigen Durchschnitt waren es bislang etwa 20 gewesen.
Zudem stieg der Pflegeaufwand, und auch dieser kostete Geld. Weitere Mehrkosten entstanden durch die Sicherung der Wege für die Besuchenden. "Laufend müssen die Fachleute in Baumbeschauen den Zustand der Bäume kontrollieren, und Totholz muss entfernt werden", so Hörrmann. Nur wenn die Gäste sicher seien vor Astbruch und umstürzenden Bäumen, könne man die Schlossgärten offen lassen. Mit der Situation seien die meisten Gartenverwaltungen inzwischen aber "massiv überfordert". Denn nur selten seien in den letzten Jahren die Pflegeetats und der Personalbestand den gewachsenen Aufgaben angepasst worden. Wobei Schwetzingen bei diesem Trend mit gutem Beispiel ausschert.
Der Schlossgarten erhielt neue Möglichkeiten durch eine im vergangenen Jahr genehmigte zusätzliche Stelle für eine Baumexpertin sowie durch 300.000 Euro Sondermittel vom Landtag von Baden-Württemberg für die Jahre 2020/2021. Damit können unter wissenschaftlicher Begleitung bereits ab diesen Herbst die besonders geschädigten Buchen und Eichen im landschaftsgärtnerisch gestalteten Teil betreut werden. Gleichzeitig lässt sich damit die "historische Baumschule" reaktivieren. Hier werden künftig unter den Bedingungen des Klimawandels Jungbäume aus dem eigenen Genpool unter kontrollierter Beobachtung gezogen, die in einigen Jahren die jetzigen Altbäume ersetzen sollen. Für Hörrmann zeigt dieses Beispiel, dass "bereits überschaubare Summen sofort spürbare Linderung verschaffen und die Erhaltungschancen der historischen Gärten deutlich verbessern".



