"Blumen und Pflanzen Kottal" in Neckarelz schließt nach 123 Jahren
Eine Nachfolge-Lösung fand sich nicht - Was mit den Gebäuden und Flächen geschieht, ist noch offen

Von Heiko Schattauer
Neckarelz. Hydrokulturen, Zimmerbrunnen oder Hochbeete – Thomas und Gabriele Kottal haben alle Trends und Entwicklungen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte miterlebt. In Sachen Wachsen und Gedeihen, Hegen und Pflegen, Blumen und Pflanzen macht dem Neckarelzer Unternehmerehepaar niemand was vor. Seit 1989 führen die Kottals gemeinsam den Gärtnereibetrieb, den Franz Kottal senior im Jahr 1897 gegründet hat. Mit der vierten Generation wird die erfolgreiche Familiengeschichte allerdings enden. "Zum Jahresende werden wir unser Geschäft schließen", erklären Gabriele und Thomas Kottal: "Nach reiflicher Überlegung und mit einem lachenden und einem weinenden Auge." Eine Nachfolge-Lösung für den Floristikbetrieb konnte nicht gefunden werden, was nach dem 31.12.2020 mit Gebäuden und Fläche an der Herrenwiesenstraße geschieht, ist noch völlig offen.
Hintergrund
"Blumen und Pflanzen Kottal"
> 1897 Betriebsgründung durch Franz Kottal senior (Urgroßvater von Thomas Kottal) als Obstbaumschule.
> 1923 Übernahme durch Franz Kottal junior, Betrieb als Kunst- und Handelsgärtnerei, erste Gewächshäuser.
> 1961
"Blumen und Pflanzen Kottal"
> 1897 Betriebsgründung durch Franz Kottal senior (Urgroßvater von Thomas Kottal) als Obstbaumschule.
> 1923 Übernahme durch Franz Kottal junior, Betrieb als Kunst- und Handelsgärtnerei, erste Gewächshäuser.
> 1961 Übernahme durch Sohn Bernd Kottal. Bau weiterer Gewächshäuser und des Verkaufsgewächshauses in der Herrenwiesenstraße (1977/1979)
> 1989 Übernahme des Betriebs durch Thomas Kottal; in den Folgejahren weitere Neubauten von Gewächshäusern, Präsentations- und und Parkflächen. Zuletzt zog es durchschnittlich rund 36.000 Kunden pro Jahr zu Blumen und Pflanzen Kottal.
Alles hat seine Zeit, meinen die Kottals, die sich vor vielen Jahren schon drei klare Ziele gesetzt hatten: "Mit 50 wollten wir alle Kredite abbezahlt haben. Mit 60 wollten wir die freie Entscheidung treffen können, wie es weiter geht. Und am Ende wollten wir selbstbestimmt sagen können, wann wir aufhören", konkretisiert Thomas Kottal. Wichtig ist dem Florist- und Gärtnermeister vor allem der Aspekt der Selbstbestimmung. Man könne den eigenen Betrieb bis zum letzten Tag so führen, wie man es immer getan hat, nach den eigenen Vorstellungen und Werten. Demnach habe man auch in den vergangenen Jahren immer wieder investiert, etwa 2006 mit einem neuem Gewächshaus (Erweiterung der Topfpflanzenabteilung/Bau der Parkplätze).
"Wir lieben, was wir tun" haben sich die Kottals auf die Fahnen – und auf die Homepage – geschrieben. Und gemeinsam mit sieben Mitarbeiterinnen leben sie diese Vorgabe auch bei der täglichen Arbeit. "Wenn man gut sein will, muss eben auch viel Zeit und Engagement aufbringen", weiß Thomas Kottal, 60-Stunden-Wochen seien da für ihn und seine Frau die Regel gewesen. Zuletzt habe man man sich selbst schon ein bisschen Reduktion verordnet, lässt der Florist- und Gärtnermeister wissen – und komme "nur noch" auf etwa 55 Wochenstunden Arbeitszeit.
Apropos Zeit: Ab Januar wird man nun Zeit für Dinge haben, die in den letzten drei Jahrzehnten in selbstständiger Verantwortung eben nicht anzugehen waren. "Wir wollten schon immer zur Tulpenblüte nach Holland", erzählt Gabriele Kottal. "Zu dieser Jahreszeit ist aber in einer Gärtnerei natürlich auch immer unheimlich viel los, da konnten wir uns dann natürlich nie ausklinken", ergänzt Thomas Kottal. Gereist sind die Kottals unterdessen eben zu anderen Zeiten, regelmäßig waren die Tropen Ziel der beiden Neckarelzer. Der Blick galt dabei, man hat es schon vermutet, vor allem auch den Besonderheiten der Pflanzenwelt. So manche exotische Blume findet sich denn auch rund um das Privathaus der Kottals, auf der Terrasse kommt man sich ein wenig wie im botanischen Garten vor.
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Und ein paar Fach-Geschichten lieferten die vielen Jahre im Familienbetrieb – bei Thomas Kottal sind es insgesamt sogar 47! – natürlich auch. So gelang es dem Gärtnermeister unter anderem, den empfindlichen Zimmerhibiskus fürs Freie zu etablieren, womit auch dessen Schädlingsanfälligkeit fast gänzlich verschwand. "Im Idealfall bringt man halt Begeisterung für diesen Beruf mit", meint Thomas Kottal, für den es die schönste Seite seiner Arbeit war, Kunden mit seiner Begeisterung anzustecken.
Überhaupt, die Kunden: Die sind bei Kottal – um im floralen Bild zu bleiben – querbeet. Von jung bis alt, von seit jeher hier verwurzelt bis zugezogen, von Generation zu Generation. "Es ist schön, wenn man die Oma als auch deren Enkel zur Kundschaft zählen kann", sagt Gabriele Kottal. Ihr Mann berichtet zudem von treuen Kundenfamilien aus dem Buchener Raum, die schon zu Zeiten kamen, also Opa Franz Kottal noch sein Wissen über Obstbäume weitergab. Und die heute noch den Weg nach Neckarelz finden.
Ab Januar werden sich allerdings auch sie einen neuen Lieblingsgärtner suchen müssen. Die Geschichte vom Wachsen und Gedeihen, vom Hegen und Pflegen, von Blumen und Pflanzen – in der Herrenwiesenstraße wird sie zum 31. Dezember 2020 enden. Bedauerlich. Aber alles hat eben seine Zeit, um es mit den Worten von Gabriele und Thomas Kottal zu sagen.