Nicht zu zweit im Auto - Corona verhindert Jagd auf Raser
Die zum Blitzen notwendigen Personen konnten Abstandregeln nicht einhalten. Die Schonfrist für zu schnelle Verkehrsteilnehmer ist vorbei.

Symbolfoto: dpa
Von Christoph Moll
Neckarsteinach. Wer manchmal zu fest aufs Gaspedal drückt, hatte in den vergangenen Monaten in der Vierburgenstadt Glück: Denn wie nun bekannt wurde, konnte die Stadt wegen der Corona-Pandemie seit März dieses Jahres nicht mehr blitzen. Dies führte dazu, dass es bei der Verkehrsüberwachung große Einnahmeausfälle gibt. Bislang konnte die Stadt erst rund 34.000 Euro einnehmen – und diese überwiegend aus der Überwachung des ruhenden Verkehrs, also zum Beispiel durch Verstöße beim Parken. Für das ganze Jahr hatte die Stadt eigentlich mit Einnahmen in diesem Bereich von rund 275.000 Euro gerechnet. Der Rückgang belastet den durch die Corona-Folgen ohnehin schon gebeutelten Haushalt noch mehr.
Doch warum verhindert die Corona-Pandemie die Jagd auf Raser? "Die für die korrekte Messung notwendigen Personen durften wegen der Infektionsgefahr nicht mehr zusammen in einem Auto sitzen", erklärt Bürgermeister Herold Pfeifer auf RNZ-Anfrage. Denn mit dem Blitzen beauftragt die Stadt ein privates Unternehmen. Da es sich bei der Überwachung des fließenden Verkehrs aber um eine hoheitliche Aufgabe handelt, muss ein Beamter der Stadt dabei sein und die Messung betreuen. "Die Abstandsregeln waren nicht einzuhalten", betont Pfeifer, der deshalb zum Schutz seines Mitarbeiters und des Angestellten der beauftragten Firma das Blitzen beendete. "Die Termine für das ganze Jahr standen bereits", so Pfeifer. In der Regel blitzt die Stadt ein bis zwei Mal im Monat.
Die Schonfrist für Raser ist inzwischen vorbei. Vor zwei Wochen hat die Stadt wieder mit dem Blitzen begonnen. Dies sei dank der allgemeinen Lockerungen wieder möglich, so Pfeifer. "Die beiden Personen im Fahrzeug tragen Maske und sitzen nun etwas anders", erklärt der Bürgermeister.
Künftig will die Stadt nicht mehr auf die Blitzer-Firma angewiesen sein und selbst Tempo messen können. "Wir wollen flexibler sein", sagt Pfeifer. Eigentlich sollten drei bis vier Blitzer-Säulen – so wie die bereits bestehende am Feuerwehrhaus – aufgestellt und eine Mess-Einheit gekauft werden, die abwechselnd in den Säulen eingesetzt wird. Doch es habe Probleme mit der Stromversorgung gegeben, sodass man sich zusammen mit der Stadt Hirschhorn – mit dieser besteht ein gemeinsamer Ordnungsbehördenbezirk – für den Kauf eines eigenen Blitzer-Autos entschied. Wegen Corona gab es Verzögerungen bei der Ausschreibung, die der Landkreis Darmstadt-Dieburg als Dienstleister übernimmt. "In dem Fahrzeug kann dann unser städtischer Mitarbeiter alleine tätig sein", betont Pfeifer. Die Einnahmen – aber auch die Ausgaben – werden etwa zur Hälfte zwischen den Städten Neckarsteinach und Hirschhorn aufgeteilt. Das Fahrzeug soll möglichst noch in diesem Jahr in Betrieb genommen werden. Ein weiterer Vorteil sei, dass der Auf- und Abbau nicht mehr jeweils eine Stunde dauere, so Pfeifer.
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Der Bürgermeister, der früher Leiter des Ordnungsamtes war, ist Freund des Blitzens. "Bei unserem fest installierten Blitzer sind die Verstöße um 20 Prozent zurückgegangen", berichtet er. Insgesamt gebe es weniger Tempoüberschreitungen – abgesehen von einigen extremen Ausreißern. "Die positive Folge sind weniger Unfälle", freut sich Pfeifer.