Eberbach

Wie geht es weiter mit dem Dr.-Schmeißer-Stift?

Grünes Licht für den Weg zur Genossenschaft - Mitglieder des Vereins Stiftung Altersheim Eberbach votieren  für eine weitere Expertise

01.09.2020 UPDATE: 02.09.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 43 Sekunden
Wird das Dr.-Schmeißer-Stift vielleicht mal von einer neu zu gründenden Genossenschaft betrieben? Die Trägervereinsmitglieder liebäugeln damit, besagt die Umfrage. Foto: Hofmeyer

Von Rainer Hofmeyer

Eberbach. Gibt es nach rund zehn Jahren Leerstand und Verfall endlich einen Ausweg aus dem Dilemma um das Dr.-Schmeißer-Stift? Gibt es endlich ein Konzept, das Gebäude zu erhalten? Reicht das Geld endlich für die Sanierung und den Umbau in Betreutes Wohnen? Die aus fünf Personen bestehende Führung des Vereins Stiftung Altersheim Eberbach kommt in den nächsten Tagen zusammen. Dieses Mal geht es um das Ergebnis einer Befragung der Mitglieder, ob und wie das Haus in der Luisenstraße in eine neu zu gründende Genossenschaft eingebracht werden könnte.

Der Vorstand um Vorsitzenden Hans Wipfler hat Grünes Licht bekommen, den angedachten Weg einzuschlagen und Fachleute zu beteiligen.

Eine Entscheidung in der Sache ist das noch nicht. Es geht um Entscheidungshilfen, konkrete Vorschläge für eine kommende Mitgliederversammlung. Doch eine solche ist derzeit aufgrund der Corona-Lage nicht möglich.

Bei der stattdessen im Juni auf dem Postweg gestarteten Befragung haben insgesamt 80 Mitglieder eine Antwort zurückgeschickt. Dies entspricht nahezu der Zahl der bei realen Versammlungen Anwesenden. Im Vorstandsschreiben wurden die neuen Möglichkeiten vorgestellt.

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Eine Zweidrittel-Mehrheit hat danach votiert, "das Konzept Genossenschaft weiter zu verfolgen", mit Experten. Ein Drittel der Stimmen fiel auf Nein oder Enthaltung. Die Hälfte wäre auch bereit, eine Wohnung im Stift zu mieten.

Aus dem Verein Altersheim ist inzwischen eine Privatveranstaltung geworden. Zuvor war die Organisation der Vereinsführung Ausfluss der ursprünglichen Idee des Dr.-Schmeißer-Stifts.

Es war eine Sorge der ganzen Stadt für ihre Alten, in der zehnjährigen Vorbereitungs- und Bauphase von einem einzigartigen bürgerschaftlichen Engagement getragen - Motto: "Auch Du wirst einmal alt". Ursprünglich war der jeweilige Eberbacher Bürgermeister nach der Vereinssatzung von Amts wegen Vorsitzender. Zwei Vorstandsmitglieder wurden aus dem Gemeinderat delegiert, als ein weiteres bestimmte der Bürgermeister einen städtischen Mitarbeiter. Der Stadtkämmerer kümmerte sich sogar um die Vereinskasse. Nach einer entsprechenden Satzungsänderung im November 2013 ist die Stadt nicht mehr offiziell vertreten.

Der gerade ein Jahr davor ins Amt gewählte Bürgermeister Peter Reichert blieb noch bis November 2018 als Privatmann Vereinsvorsitzender, zog sich dann aber zurück. Kurz zuvor hatte das Stadtparlament mehrheitlich die Sorge für den Verein aufgegeben und Ausfallbürgschaften verweigert. Die Bedingungen auf dem Kreditmarkt waren damit erheblich schlechter als mit der Stadt im Rücken. Zwischenzeitlich extra eingesammelte Spenden mussten sogar zurückgegeben werden, weil die Gesamtfinanzierung für den Umbau nicht mehr gesichert war. Zusagen für Zuschüsse privater Stiftungen wurden gecancelt.

In den letzten Besprechungen des Vereinsvorstandes beim Genossenschaftsverband wurde die Möglichkeit der Übernahme des Gebäudes und des Heimbetriebes durch eine aus dem Verein heraus zu gründende Genossenschaft durchgespielt.

Nach den bisherigen Überlegungen soll der Verein als solcher ein Genossenschaftsmitglied werden, möglichst mit mehreren Stimmanteilen. Darüber hinaus können auch Privatpersonen mit einer Einlage einsteigen. Bei einer reinen Kapitalanlage bekäme man immerhin eine marktübliche Verzinsung. Es gibt Wohnungsgenossenschaften, die bis zu 2,5 Prozent ausschütten. Eine gesetzlich mögliche Nachschusspflicht der Mitglieder bei Kapitalausfällen soll durch die Satzung ausgeschlossen werden.

Geplant sind beim Umbau derzeit 34 Wohnungen. Das Dr.-Schmeißer-Stift würde auch überwiegend sein Bauvolumen behalten – vor allem in der Höhe. Die zwischenzeitlich zur Vermietung vorgesehenen Gewerbeflächen könnten für weitere Wohnungen einbezogen werden.

Mittlerweile sieht der Verein sich einem Umbaupreis von annähernd neun Millionen Euro gegenüber. Für jede geplante Wohnung könnte die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) 120.000 Euro zu einem Minuszins bereitstellen, somit über vier Millionen Euro. Die Differenz müssten die künftigen Genossenschaftsmitglieder generieren, einschließlich des Vereins, der auch über einen millionenschweren Kassenstand verfügt.

Immerhin noch zuletzt 347 Mitglieder sind der Idee des Dr.-Schmeißer-Stifts treu geblieben, nachdem um die Bürgermeisterwahl vor acht Jahren ein Höchststand von fast 500 gezählt wurde.

Zuvor hieß der Vereinsvorsitzende noch Bürgermeister Bernhard Martin, als das Dr.-Schmeißer-Stift 2010 leer geräumt und das neue "Lebensrad" bei der Güterbahnhofstraße belegt wurde – zum Großteil durch die Heimbewohner der Luisenstraße. Das nach fast 40 Jahren Betrieb sanierungsbedürftig gewordene Dr.-Schmeißer-Stift war ein Altersheim mit zuletzt 90 Betten. Das schnelle Auffüllen des Lebensrades hat sich dort betriebswirtschaftlich zwar positiv ausgewirkt.

Viele Alte rechneten mit einer Rückkehr, aber da war das alte Haus schon teilweise ausgeschlachtet worden. Beim Dr.-Schmeißer-Stift tat sich folglich für die Alten der Stadt nichts mehr wie versprochen - bis heute.

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