Mit Tränen in den Augen weiter geputzt (Update)
Die Hotel-Pleite hat die Angestellten kalt erwischt: Von heute auf morgen wurden 74 Angestellte arbeitslos.

Von Holger Buchwald
Heidelberg. Für die Belegschaft des Crowne Plaza Heidelberg war es ein Schock, als sie von der kurzfristigen Schließung des Traditionshotels erfuhr. "Unser Zimmermädchen hatte Tränen in den Augen", berichtet Silke Beaucamp aus Köln, die derzeit mit ihrer Familie in Heidelberg Urlaub macht. Erst am Donnerstagmorgen habe die Angestellte ihre Kündigung erhalten. "Und sie musste trotzdem ganz normal weiterarbeiten", so Beaucamp.
Die Kölnerin ist voller Mitleid für das Hotelpersonal. "Wir haben uns bei unserer Buchung ganz bewusst für dieses Haus entschieden, weil die Mitarbeiter so sensationell gut sind", berichtet die Urlauberin. Die Freundin ihres Sohnes war schon einmal hier und habe das Crowne Plaza eben wegen des zuvorkommenden und freundlichen Personals wärmstens weiterempfohlen. Auch die Gästebewertungen im Internet seien hervorragend gewesen. Dass man jetzt so mit den Angestellten umgehe, hätten sie wirklich nicht verdient.
Einige von ihnen konnten laut Beaucamp angesichts der Hiobsbotschaft kaum sprechen, denn sie stünden nun vor dem Nichts. In der Hotelbranche einen neuen Job zu ergattern, ist in der Corona-Krise praktisch unmöglich. Trotzdem sei das Personal hochprofessionell mit der Situation umgegangen – angefangen vom Kellner, der das Frühstück servierte, bis hin zu den Mitarbeitern an der Rezeption, die überdies noch den Ärger der Hotelgäste ausbaden mussten.
Denn auch die Besucher des Crowne Plaza wurden am Donnerstag überrascht, als sie auf einmal eine Nachricht in ihrem Zimmer vorfanden: "Aufgrund einer kurzfristigen Entscheidung des Betreibers wird das Hotel morgen, 31. Juli, geschlossen. Bitte kontaktieren Sie die Rezeption bezüglich Ihrer Zimmerreservierung." Dort teilte man den Beaucamps mit, dass sie das Hotel bis Freitag, 14 Uhr, verlassen müssten. Da sie noch bis zum Sonntag in Heidelberg bleiben wollen, wurde die Familie kostenneutral ins Qube-Hotel umgebucht.
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"Vielleicht war mal eine Fliese angebohrt und das Loch nur zugeschmiert, aber ansonsten war das Hotel extrem sauber", lobt Beaucamp das Crowne Plaza. Von einem Investitionsstau hätten die Gäste kaum etwas mitbekommen. Bis vielleicht auf die Tatsache, dass am Anreisetag vergangenen Samstag vier Zimmer wegen eines Rohrbruches nicht genutzt werden konnten. Als es wegen der Arbeiten mal kein Wasser mehr gab, habe die Direktion sofort eine Flasche Wein aufs Zimmer gebracht, berichtet die Urlauberin.
"Zum derzeitigen Stand gibt es von uns keine weiteren Mitteilungen", ließ der vorläufige Insolvenzverwalter Michael Bremen aus Düsseldorf am Freitag auf Anfrage ausrichten. Und Ingo Schorlemmer, Pressesprecher des Crowne Plaza Heidelberg, sagte: "Dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschockt sind, ist mehr als nur verständlich und bedauern wir sehr. Wir wissen, was sie für das Hotel und seine Gäste geleistet haben – und das verdient höchste Anerkennung." Die Schließung sei der Betreibergesellschaft "alles andere als leicht gefallen", so Schorlemmer weiter: "Sie war aber leider unumgänglich."
Die städtische Wirtschaftsförderung bedauert indessen die Schließung. "Wir arbeiten intensiv an einer Nachfolgelösung für das Gebäude und halten Ausschau nach potenziellen Interessenten und möglichen Nutzungsideen", so ein Stadtsprecher: Eine Hotelnutzung sei weiterhin denkbar. Gerade im Vier-Sterne-Plus-Segment gebe es noch Bedarf an zusätzlichen Zimmern. Auch Mathias Schiemer, Chef von Heidelberg-Marketing, meint: "Das Crowne Plaza wird uns sehr fehlen."
Update: Freitag, 31. Juli 2020, 20.45 Uhr
Nach 175 Jahren schließt das Hotel "Crowne Plaza"
Von Holger Buchwald
Heidelberg. Es ist eines der bekanntesten Hotels in der Heidelberger Innenstadt und ist untergebracht im ältesten Gebäude der Weststadt: das Crowne Plaza, ehemals bekannt als Hotel Schrieder, mit der renommierten Adresse Kurfürsten-Anlage 1. Doch nun hat die Corona-Krise der Vier-Sterne-Herberge den Todesstoß versetzt. Am Mittwoch wurde den 74 Angestellten verkündet, dass das Hotel bereits heute schließen wird.
Die letzten Gäste werden am heutigen Freitagnachmittag auschecken. "Vom 1. August an sind Übernachtungen nicht mehr möglich", teilt Pressesprecher Ingo Schorlemmer auf RNZ-Anfrage mit. Interessenten, die bereits für einen späteren Zeitpunkt gebucht hatten, seien bereits informiert worden. Die 74 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden nun größtenteils freigestellt – bis auf diejenigen, die für die Abwicklung des Hotels noch benötigt werden. "Wie viele Angestellte man noch wie lange braucht, ist zum derzeitigen Zeitpunkt noch unklar", so Schorlemmer.
Das Crowne Plaza in Heidelberg ist Teil der Intercontinental Hotels Group (IHG), zu der unter anderem auch die Marke "Holiday Inn" gehört. Trotzdem können die Mitarbeiter nicht so einfach in anderen Häusern untergebracht werden, zumal der Betreiber eine Tochtergesellschaft der IHG ist und nur dieses Hotel betreibt: die Tidal Heidelberg Operations GmbH & Co KG mit Sitz in Düsseldorf. Diese hat am Donnerstag Insolvenzantrag beim Amtsgericht in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt gestellt. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Michael Bremen von der Kanzlei Pluta bestellt.
Als Grund für die Schließung nennt Schorlemmer den "erheblichen Investitionsstau im Hotelgebäude". Dieser habe in Verbindung mit den Einnahmeausfällen infolge der Corona-Pandemie zum Aus geführt. "In den zurückliegenden Jahren wurden dem Verpächter immer wieder verschiedene bauliche Mängel an dem Gebäude angezeigt, jedoch nicht beseitigt", so der Pressesprecher. Und dies wiederum habe das Personal regelmäßig vor große Herausforderungen gestellt, die auch mit Mehrkosten und wegbrechenden Einnahmen verbunden waren. Als konkrete Beispiele nennt Schorlemmer regelmäßige Wasserrohrbrüche, aber auch Defizite im Brandschutz.
All diese Probleme habe es schon seit Monaten, wenn nicht Jahren gegeben, doch jetzt kam auch noch das Coronavirus hinzu: Das Crowne Plaza musste von Mitte März bis zum 2. Juli schließen, auch danach war das Haus bei Weitem nicht ausgebucht. Genaue Buchungszahlen wollte die Hoteldirektion nicht nennen. Sie spricht aber von einer "minimalen Auslastung", da die ausländischen Gäste, die in den vergangenen Jahren das Gros der Besucher ausmachten, weggeblieben sind. "Kurzfristige eigene Investitionen in das Gebäude und die Weiterführung des Hotels sind unter diesen Voraussetzungen nicht mehr möglich", so Schorlemmer. Die finanzielle Notlage sei durch die neuen Hygienebestimmungen und den größeren Personalaufwand noch schlimmer geworden.
"Wir bedauern diesen Schritt außerordentlich, sehen aber keine Möglichkeit, das Hotel in seiner bisherigen Form mit höchsten Ansprüchen an die Qualität unseres Services und an die Aufenthaltsqualität unserer Gäste weiterzuführen", so Schorlemmer. Wie überraschend die Entscheidung kam, zeigt sich auf der Homepage des Hotels. Dort warb man noch am Donnerstag mit 239 modern und hochwertig ausgestatteten Zimmern, Junior-Suiten und zahlreichen weiteren Annehmlichkeiten.
Wie es nun mit dem denkmalgeschützten Haus weitergeht, ist noch unklar. Dass dort schnell wieder ein Hotel einzieht, ist unwahrscheinlich. Zu sehr leidet die Branche unter der Krise. Das Gebäude an der Ecke Kurfürsten-Anlage/Rohrbacher Straße wurde 1836 für den Gastwirt Philipp Ludwig Ernst im Vorgriff auf die Eröffnung des Hauptbahnhofs erbaut und gilt als ältestes Haus der Weststadt. Joseph Schrieder erwarb das Hotel im Jahr 1845, es trug seinen Namen bis zum großen Umbau in den Jahren 1986 bis 1988.