Drohschreiben

"NSU 2.0"-Mail ging an Akbulut

Linke Bundestagsabgeordneteerhält Morddrohung

22.07.2020 UPDATE: 22.07.2020 18:30 Uhr 55 Sekunden
Gökay Akbulut. Foto: privat

Heidelberg/Mannheim. (make) Es ist die Nacht zum Mittwoch, als Gökay Akbulut (37) noch mal einen Blick in ihren Mail-Eingang wirft. Um Punkt Mitternacht geht bei der Linken-Abgeordnete des Wahlkreises Mannheim ein Drohschreiben ein, der Absender "NSU 2.0".

"Man ist als Politikerin ja einiges gewohnt, aber als ich die Drohungen samt Unterschrift gelesen habe, hatte ich schon Bauchschmerzen", erzählt Akbulut am Mittwochnachmittag gegenüber der RNZ. Von Abschlachten und Vergasen sei die Rede. Akbulut solle sich vor der deutschen Volksseele hüten. Die Drohungen richteten sich auch gegen ihre Familie.

Die Unterschrift des Absenders "NSU 2.0" bezieht sich auf die Terrorgruppe NSU ("Nationalsozialistischer Untergrund"), die zwischen 2000 und 2007 in Deutschland zehn Menschen ermordete. Es handelte sich um acht türkischstämmige und einen griechischstämmigen Kleinunternehmer sowie eine Polizistin.

Das Schreiben an die Mannheimerin, die als Siebenjährige aus der Türkei nach Deutschland kam, reiht sich ein in eine Serie von Drohmails, die zuletzt vor allem an Menschen mit Migrationshintergrund und Frauen des öffentlichen Lebens geschickt wurden. Neben Akbulut ging die Nachricht auch an zwei weitere Linke-Bundestagsabgeordnete mit Migrationshintergrund.

"Jeder muss für sich entscheiden, ob er oder sie das öffentlich macht", sagt Akbulut. Sie habe sich am Mittwoch direkt mit ihrem Parteivorstand darüber unterhalten. Und ging in die Offensive: "Mit dem Versuch, uns zu verletzen, werden Sie scheitern. Mit dem Versuch, uns zu stoppen, erst recht!", twitterte Akbulut. Sie habe Anzeige erstattet und die Hass-Mail an das Bundeskriminalamt (BKA) weitergeleitet, sich außerdem mit dem Polizeipräsidium Mannheim/Heidelberg in Verbindung gesetzt, sagte Akbulut.

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