Verkehr

Autobahnanschluss "Weinheim-Süd" scheint unrealistisch

Lothar Binding erkundigte sich bei Bundesverkehrsministerium - Gänshirt: Gespräch mit Regierungspräsidium soll bald stattfinden

08.07.2020 UPDATE: 09.07.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 50 Sekunden
Nach der Anschlussstelle Hirschberg kommt das Autobahnkreuz Weinheim. Eine Ausfahrt dazwischen, um den Verkehr in Großsachsen zu entlasten, sieht der Bund aber kritisch. Foto: Dorn

Von Annette Steininger

Hirschberg/Weinheim. Für Professor Ulrich Zeitel ist es ein Problem, das mit jedem Tag größer wird. Es meint damit die ständigen Staus in der Ortsdurchfahrt von Großsachsen. Daher drängt aus Sicht des Vorsitzenden des CDU-Arbeitskreises Ortsumgehung die Zeit. Er verweist auch auf einen Brief des SPD-Bundestagsabgeordneten Lothar Binding an Bürgermeister Ralf Gänshirt, der an die Gemeinderäte weitergeleitet wurde. Auch der RNZ liegt das Schreiben vor.

Daraus geht hervor, dass ein Autobahnanschluss Weinheim-Süd unrealistisch scheint. Eine potenzielle Lösung für das Verkehrsproblem, die manche – wie die Grüne Liste Hirschberg (GLH) – einer Ortsumgehungsstraße vorziehen würden, auch aufgrund des geringeren Flächenverbrauchs. Doch da sieht es düster aus.

Binding hatte – nach einem Gespräch mit Gänshirt und SPD-Fraktionsvorsitzender Eva-Marie Pfefferle – eine Anfrage an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer geschickt. "Leider können uns die aufgezeigten Perspektiven nicht zufriedenstellen", schreibt Binding dazu bedauernd. Er erhielt Antwort vom Parlamentarischen Staatssekretär Steffen Bilger, Koordinator der Bundesregierung für Güterverkehr und Logistik. Forderungen nach einer zusätzlichen Autobahn-Anschlussstelle seien dem Verkehrsministerium bekannt, schreibt Bilger. Leider gäbe es allerdings seitens des Landes Baden-Württemberg derzeit keine konkreten Planungsüberlegungen für ein solches Vorhaben.

Grundsätzlich behandele das Bundesverkehrsministerium zusätzliche Anschlussstellen an Bundesautobahnen restriktiv, da die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch diese nachteilig beeinflusst würden und mit der bestehenden Anschlussstellendichte in der Regel eine regionale Anbindung gewährleistet sei, schreibt Bilger an Binding.

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Letzteres trifft laut Staatssekretär auch auf die hiesige Region zu, die mit dem Autobahnkreuz Weinheim und der Anschlussstelle Hirschberg bereits "sehr gut" an die A5 angebunden seien. So betrage der Abstand zwischen diesen Knotenpunkten lediglich 4,5 Kilometer und läge damit bereits deutlich unter dem nach geltendem technischem Regelwerk anzustrebenden Wert von acht Kilometern. "Mit einer weiteren Anschlussstelle auf diesem hoch belasteten Streckenabschnitt der A5 würde der Verkehrsablauf empfindlich beeinträchtigt", betont Bilger.

Und die zuständige Straßenbauverwaltung des Landes Baden-Württemberg weise darauf hin, dass mit einem weiteren Anschluss die Verkehrsprobleme in Großsachsen nicht zufriedenstellend gelöst werden könnten. "Weil diese in den aus östlicher Richtung aus dem Odenwald kommenden und in die B3 einmündenden Straßen in Verbindung mit der in der Ortsdurchfahrt verlaufenden Straßenbahnlinie begründet sind."

Steffen Bilger hält es deshalb für zielführender, neben dem im Bedarfsplan für Bundesfernstraße enthaltenen sechsstreifigen Ausbau der A5, der sich auch entlastend auf die B3 auswirken würde, eine andere wirksame Maßnahme zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in Großsachsen zu entwickeln. Diese könnte dann gegebenenfalls im Wege einer Förderung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungskonzept realisiert oder von der Straßenbauverwaltung des Landes für den nächsten Bundesverkehrswegeplan angemeldet werden.

Binding regt nun aufgrund dieses Schreibens an, dass die Gemeinde weitere Gespräche mit Landesbehörden und -politikern führen sollte.

Damit scheint ein Autobahnanschluss Weinheim-Süd in weite Ferne gerückt. Eine andere potenzielle Lösung ist aber noch nicht vom Tisch: eine Ortsumgehung, wie sie bislang auch die Mehrheit im Gemeinderat verfolgt. So stellten die Fraktionen von CDU, Freien Wählern, SPD und FDP im März einen Antrag, nach dem die Verwaltung mit dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg und dem Regierungspräsidium Karlsruhe die Möglichkeiten erörtern sollte, um eine Ortsumfahrung von Großsachsen zeitnah zu realisieren. Im Mai stimmte der Gemeinderat dann mehrheitlich – mit den Gegenstimmen der GLH – dem Antrag zu.

Vorausgegangen war, wie Zeitel erläutert, ein Gespräch im Januar von Vertretern des CDU-Gemeindeverbandes Hirschberg mit dem Amtschef des Verkehrsministeriums, Ministerialdirektor Uwe Lahl. Dieser war es, der sie auf eventuelle Fördermöglichkeiten über das Regierungspräsidium aufmerksam gemacht hatte – mit vielleicht sogar bis zu 80 Prozent. Vorausgesetzt, die Gemeinde baut die Ortsumgehung selbst. Auch wenn noch keine Kosten oder eine Trassenführung feststehen: "Das wären beispielsweise bei zehn Millionen Kosten nur zwei Millionen Euro, die die Gemeinde erbringen müsste", rechnet Zeitel vor. Aus seiner Sicht ist es an der Zeit, dass der "tote Gaul" Autobahnanschluss jetzt nicht mehr geritten wird, sondern die Gespräche zur Ortsrandstraße geführt werden.

Laut Bürgermeister Ralf Gänshirt ist das weitere Vorgehen telefonisch mit einem Vertreter des Regierungspräsidiums abgestimmt worden. Sowohl die Ortsumfahrung als auch der Autobahn-Anschluss sollen bei einem Gesprächstermin erörtert werden. "Aufgrund der Coronabeschränkungen und anderer Aufgaben war ein früheres Vorgehen durch die Verwaltung nicht möglich", sagt der Bürgermeister. Er geht davon aus, "dass der Termin alsbald, spätestens nach den Sommerferien, stattfinden kann". Danach will die Verwaltung dem Gemeinderat und der Presse Auskünfte geben. Zum Brief von Binding wollte er sich daher jetzt nicht äußern.

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