Heidelberg

Die Hitzesommer haben der Stadt zugesetzt

Bäume und Blumen litten 2018 und 2019 unter Folgen des Klimawandels - Andere Pflanzenarten und mehr Gießfahrzeuge sollen helfen

06.07.2020 UPDATE: 07.07.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 2 Sekunden
Wenn es längere Zeit heiß und trocken ist, wird auch die Neckarwiese in Neuenheim von der Stadt bewässert. Das geht ohne großen Aufwand, da die Mitarbeiter das Wasser einfach aus dem Neckar pumpen können. Foto: Alex

Von Denis Schnur

Heidelberg hat sich den Kampf gegen den Klimawandel auf die Fahnen geschrieben und will mit umfassenden Maßnahmen seinen CO2-Ausstoß senken. Gleichzeitig muss sich die Stadt aber auch auf die Folgen des Klimawandels einstellen, denn die sind bereits jetzt zu spüren. Vor allem die beiden extrem heißen und trockenen Sommer 2018 und 2019 hinterließen Spuren bei Bäumen, Blumen und Wiesen in Heidelberg. Das zeigt eine Analyse, die das Forstamt kürzlich im Umweltausschuss vorgelegt hat.

Beide Sommer zeichneten sich durch überdurchschnittlich hohe Temperaturen und wenig Regen aus: 2018 war etwa das zweitwärmste Jahr seit 1881, gleichzeitig fielen 40 Prozent weniger Niederschläge als im langjährigen Durchschnitt. Dieses Wasserdefizit konnte auch von den Winterniederschlägen nicht ausgeglichen werden. Alleine diese heißen Sommermonate 2018 führten dazu, dass knapp 400 Bäume im Stadtgebiet starben. Entweder vertrockneten sie oder sie waren so geschwächt, dass sie Schädlingen wie Pilzen und Insekten und Krankheiten nicht mehr viel entgegensetzen konnten. Vor allem ältere Bäume rund um den Boxberg starben aufgrund dieser hohen Belastungen.

Dass die jüngeren Bäume im Stadtgebiet und am Straßenrand deutlich besser wegkamen, lag wohl vor allem daran, dass die Stadt in diesen beiden Jahren deutlich mehr wässerte als je zuvor. Im Schnitt 220.000 Liter verteilten die Mitarbeiter in den Sommermonaten pro Tag an die Bäume und Wiesen in Heidelberg. Dazu schaltete das Forstamt in den Schichtbetrieb um und war an Werktagen knapp 17 Stunden unterwegs. Außerdem hatte die Stadt Landwirte und Unternehmen um Hilfe gebeten.

Denn nicht nur Wiesen und Beete haben deutlich mehr Wasser gebraucht, es mussten auch deutlich mehr Bäume künstlich bewässert werden. Ging man zuvor davon aus, dass Straßenbäume in den ersten drei Jahren gegossen werden müssen, hat man dies in den letzten Jahren massiv ausgeweitet. "Fünf bis sechs Jahre müssen wir den Bäumen einfach helfen – quasi durch die Babyjahre", erklärte Ernst Baader, Leiter des Forstamtes, den Stadträten im Umweltausschuss. Die Bäume in der Bahnstadt bräuchten sogar noch länger Hilfe, da sie keinen Zugang zum Grundwasser haben, sondern quasi in riesige Kübel im Boden eingepflanzt wurden.

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Wenn man nun davon ausgehe, dass solche Sommer in Zukunft eher Regel aus Ausnahme sind – "und das müssen wir leider", so Baader –, dann müsse man als Stadt darauf reagieren. Zum einen brauche man eine viel höhere Kapazität für die Bewässerung. Mindestens ein weiteres Fahrzeug sei nötig, um den aktuellen Standard halten zu können – zumal die Stadt in den nächsten Jahren 3000 neue Bäume pflanzen will.

Wenn sie das tut, wird sie dabei ebenfalls auf den Klimawandel reagieren – und ganz neue Baumsorten wählen. Denn: "Mit den Bäumen, mit denen wir in der Vergangenheit klargekommen sind, können wir nicht in die Zukunft gehen", betont Baader. Das Standardrepertoire der Stadtplanung aus den fünfziger und sechziger Jahren sei schlicht nicht geeignet für solche Extremwetterereignisse. Stattdessen werde man auf Pflanzen zurückgreifen müssen, die bisher in anderen Klimazonen heimisch sind. Welche das sind, ist aber noch unklar. "Wir testen gerade auf 16 Probeflächen in der Stadt trockenresistente Sorten", erklärte der Leiter des städtischen Regiebetriebes Gartenbau im Ausschuss. "Denn das Schulwissen von anderen Breitengraden nutzt uns nichts. Wir können hier nur von Mutter Natur lernen."

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