Gaiberg

Der Luchs ging um und keinen interessierte es

Seltene Raubkatze riss mindestens ein Reh und ein Schaf - Gaiberger Wald war dem Tier zu klein

24.06.2020 UPDATE: 26.06.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 49 Sekunden
Eine Wildkamera bei Gaiberg fotografierte den Luchs (oben), der auch das Kamerun-Schaf Hilde (l.) riss. Deren steinernes Denkmal (r.) kam inzwischen abhanden. Fotos: privat

Von Karin Katzenberger-Ruf

Gaiberg. Ein Reh und das in der Region bekannte Kamerun-Schaf namens Hilde sind zwei Opfer eines Luchses, der im Wald von Gaiberg unterwegs war. Von der seltenen und strengstens geschützten Wildkatze gibt es sogar ein Foto, aufgenommen von einer sogenannten Wildkamera. Dieses entstand allerdings bereits vor über einem Jahr, ebenso waren damals die Kadaver des Rehs und des Schafs aufgetaucht. Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg mit Sitz in Freiburg hatte gemeldet, dass dort ein Luchs gesichtet worden sei. Dennoch hat das Tier die beim Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises angesiedelte Untere Naturschutzbehörde damals "nicht großartig beschäftigt", wie die RNZ nun auf Nachfrage erfuhr.

Der Naturschutzbund (Nabu) Rhein-Neckar wusste gar nichts von dem seltenen Tier. Und wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte man das ohnehin nicht an die große Glocke gehängt – so die Auskunft von Nabu-Geschäftsstelle und Naturschutzbehörde. Beide Institutionen wollen demnach lieber verhindern, dass Neugierige auf Spurensuche gehen. In ganz Deutschland gibt es Schätzungen zufolge übrigens nur etwa 130 Individuen, die wiederum einen großen Lebensraum brauchen und bis zu 400 Quadratkilometer durchstreifen. Der Luchs von Gaiberg wurde nur registriert, weil er die eingangs erwähnten Tiere riss und seine Beute – wie es nun mal seine Art ist – unter Zweigen versteckte. Inzwischen ist die Raubkatze vermutlich in Richtung Süden abgewandert.

Eine Wildkamera bei Gaiberg fotografierte den Luchs (oben), der auch das Kamerun-Schaf Hilde (l.) riss. Deren steinernes Denkmal (r.) kam inzwischen abhanden. Fotos: privat

"Das Tier wurde in der Schweiz gefangen und im Harz ausgewildert. Gut möglich, dass es nun wieder Richtung Heimat unterwegs ist", vermutet Dorian Jacobs vom Landratsamt. Die Spurensuche ist demnach schwierig. Aber es gibt sichere Beweise dafür, dass der Luchs das Schaf Hilde getötet hat – und dazu sogar einen Obduktionsbericht, in dem es auch um den "Drosselbiss" und damit um Bisswunden an der Luftröhre geht.

Dass Hilde sterben musste, ist nochmals eine Geschichte für sich. Anne Steffen aus Gaiberg, ist nicht nur – wie kürzlich berichtet – eine erfahrene "Rehkitz-Mama". Sie hat sich ab 2017 auch um Hilde gekümmert. Das scheue Kamerun-Schaf war in Heidelberg-Rohrbach ausgebüxt und nicht mehr einzufangen. Aber am Nikolausweg und anderswo war es gerne am Straßenrand unterwegs und daher vielen Menschen bekannt. Anne Steffen näherte sich dem Schaf mit allerlei artgerechtem Futter, kam ihrer Schilderung aber nie näher als einen Meter an das Tier heran. Hilde soll sich zwischen den Felsen am Hang jedenfalls besonders wohl gefühlt haben.

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Nach ihrem Tod setzte ihr Anne Steffen ein Denkmal in Form eines steinernen Schafs, das es in einem Gartenmarkt zu kaufen gab. Dieses Schaf hat zu ihrem Bedauern inzwischen jemand mitgenommen. Wahrscheinlich wusste der "Dieb" nicht, was er angerichtet hat – und bringt sein Beutestück möglicherweise wieder zurück? Anders als der Luchs, der Frischfleisch, aber kein Aas frisst.

Für den Nabu ist das Vorkommen der Wildkatzen in der Region indessen "ein Qualitätsmerkmal für eine intakte Natur". Dort weiß man aber auch: Der Luchs von Gaiberg musste sich einfach ein größeres Revier suchen, um eine Familie zu gründen.

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