Notfalls "auf die Barrikaden"
New Star Management weist Geldforderung der Stadt zurück

Leimen. (fre) Uwe Dannbacher ist sauer, auch wenn er in der Schriftform lieber Begriffe wie "überrascht", "enttäuscht" oder "erschrocken" verwendet. Was den Gründer der in Leimen ansässigen New Star Management GmbH so verärgert, ist ein Anwaltsschreiben im Namen der Stadt Leimen. Darin wird sein Unternehmen aufgefordert, von der Stadt bereits im Juli 2019 überwiesene 35.700 Euro zurückzuzahlen. Das Geld war die Ausfallentschädigung für zwei Aufführungen der Kuba-Show "Pasion de Buena Vista". New Star Management hatte sie am 4. Dezember 2018 an die Stadt Leimen verkauft. Jedoch hatte es die Stadt versäumt, sich die Festhalle des Zementwerks für die gekauften Tournee-Termine am 7. und 8. Februar 2020 zu reservieren.
Die vermasselten Shows hatten im Gemeinderat für gehörigen Wirbel gesorgt: Die Stadträte hatten, wie berichtet, die überplanmäßigen Ausgaben nicht abnicken wollen. Oberbürgermeister Hans D. Reinwald sah sich gezwungen, diesen Punkt von der Tagesordnung zu nehmen. Gleichzeitig wurde aus den Reihen des Gemeinderats bezweifelt, ob die New-Star-Forderung überhaupt billig sei: An einem der geplatzten Termine, am 8. Februar, war die Show-Truppe in Luxemburg aufgetreten.
Droht teurer Streit?
Dem Vorwurf tritt Dannbacher vehement entgegen, wenngleich er einen Fehler im eigenen Hause einräumt: Bei einer Ausfallentschädigung werde keine Mehrwertsteuer fällig, es gehe also um zweimal 15.000 Euro an vereinbarter Gage. Gegenüber der RNZ signalisierte er zudem, dass er mit Blick auf den Luxemburg-Auftritt gesprächsbereit sei. Nur: Luxemburg war während der Tournee ursprünglich zu einem anderen Zeitpunkt vorgesehen und kam nur durch Terminverschieben zustande, weil es keine Leimen-Shows gab, sagt Dannbacher.
Der Unternehmer, der seit 25 Jahren im Geschäft ist, sieht das Verschulden ausschließlich bei der Stadt. Als er im Juni 2019 erfahren habe, dass die Termine in der Festhalle nicht gebucht waren, habe er sich um Ausweichtermine in der Kurpfalzhalle bemüht – vergebens: Die Stadt habe schlussendlich abgewinkt.
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"Wir wollen nur, was uns vertraglich zusteht", unterstreicht der Show-Produzent, der notfalls bereit ist, "auf die Barrikaden" zu gehen. Schließlich stehe er auch gegenüber seinen kubanischen Geschäftspartnern – den Künstlern und dem für Auslandsauftritte zuständigen Kulturministerium – in der Pflicht. Selbstbewusst verweist er auf seine Vertragsklauseln: In Sachen Ausfallentschädigung hätten sie schon mehrfach der richterlichen Überprüfung standgehalten.
Jenseits der Coronakrise, die das gesamte Tourneegeschäft auf unabsehbare Zeit auf Null gestellt hat: Als Steuerzahler sei er erschrocken darüber, sagt Dannbacher, dass der ohnehin schon entstandene Schaden für die Stadt durch teure Anwälte und wohl zu erwartende Gerichtskosten in fünfstelliger Höhe noch teurer werde. Dannbacher: "Wir würden uns wünschen, dass die Stadt sorgsamer mit öffentlichen Mitteln umgeht."
Update: Sonntag, 24. Mai 2020, 19.30 Uhr
Konzert-Kosten holen die Stadt ein
Von Thomas Frenzel
Leimen. Es war groß gedacht, zu groß für die Große Kreisstadt: das Kulturkonzept, das vor einem Jahr für Schlagzeilen gesorgt hatte. In Zusammenarbeit mit der örtlichen Eventagentur "New Star Management" der Familie Dannbacher hatte die Stadt Stars wie André Rieu oder Bonnie Tyler nach Leimen holen und auch Open-Air-Konzerte im Otto-Hoog-Stadion bescheren wollen. Nach massivem Gegenwind auch des kulturtreibenden Ehrenamts verschwand das mit starken sechsstelligen Summen verbundene Konzept sang- und klanglos in der Schublade.
Jetzt holte es die Stadtspitze wieder ein: Bei der zurückliegenden Corona-Sitzung des Gemeinderats in der St. Ilgener Aegidiushalle sah sich Oberbürgermeister Hans D. Reinwald gezwungen, die geldwerte Vorgeschichte jenes Kulturkonzepts von der Tagesordnung zu nehmen. Wegen weiteren Gesprächsbedarfs, wie es mit Nachdruck diplomatisch formuliert wurde.
Hintergrund
Stadträte übten Kritik an "verdummbeutelten" Konzerten
Leimen. (fre) 35.700 Euro für zwei Konzerte, über die der Gemeinderat offenbar nicht informiert war und die dann auch gar nicht stattgefunden hatten (vgl. Artikel oben). Diese überplanmäßigen
Stadträte übten Kritik an "verdummbeutelten" Konzerten
Leimen. (fre) 35.700 Euro für zwei Konzerte, über die der Gemeinderat offenbar nicht informiert war und die dann auch gar nicht stattgefunden hatten (vgl. Artikel oben). Diese überplanmäßigen Ausgaben waren mit den gewählten Bürgervertretern nicht zu machen. Sie hielten mit ihrem Unmut nicht hinterm Berg.
> Ralf Frühwirt (GALL) war über diese Konzertposition "extrem gestolpert". Er habe versucht, die Angelegenheit zu rekonstruieren – vergebens. In seinen Unterlagen sei er nur auf das schlussendlich abgeblasene Kulturkonzept gestoßen. Bei den beiden Konzerten sei "hinter dem Rücken des Gemeinderats" gearbeitet worden. Selbst wenn alles von der städtischen Hauptsatzung abgedeckt sei, "woran wir unsere Zweifel haben", gehe es um das Geld des Steuerzahlers, das hier "verdummbeutelt" worden sei. Wenn die Eigenschadensversicherung der Stadt eine Begleichung verweigere, müsse sie triftige Gründe dafür haben. Die wüsste man gerne. Jedenfalls sei zu klären, "wie das Geld wieder hereinkommt".
> Richard Bader (CDU) zufolge habe der OB "in bester Absicht" gehandelt, um "in Leimen zwei ansprechende Veranstaltungen zu bieten". Der OB habe Fehler in der Verwaltung eingeräumt, die sich vielleicht ja auch im Nachhinein noch heilen ließen.
> Klaus Feuchter (FDP) bezeichnete eine Zahlung an die Konzertagentur und den damit verbundenen Vertrag als "unbillig": Am 8. Februar 2020, also just an einem der beiden geplatzten Leimen-Termine , sei die "Pasion de Buena Vista"-Truppe im Luxemburgischen Soleuvre aufgetreten. Dass die vereinbarten 15.000 Euro pro Konzert bei 60-prozentigem Vorverkauf kostendeckend gewesen wären, wagte er massiv zu bezweifeln; in der Rechnung fehlten Werbung, Saalmiete und Vorverkaufsgebühren. Die jetzt geforderte Summe sei mehr, als Leimens kulturtragenden Vereinen in den vergangenen zehn Jahren von der Stadt gezahlt worden sei.
> Rudolf Woesch (FW) wollte vor einer Abstimmung die Haftungsfrage geklärt wissen. Das galt auch für die Verantwortlichkeit und offene Fragen in Bezug auf die städtischen Eigenhaftpflicht.
> Peter Sandner (SPD) machte es nach all diesen Vorrednern sehr kurz: "Wir sollten das Thema zurückstellen und es in aller Ruhe diskutieren."
Konkret ging es im Rat um zwei Aufführungstermine der Kuba-Show "Pasion de Buena Vista", mit der die New-Star-Agentur seit 2009 auf dem gesamten europäischen Kontinent unterwegs ist. In der Festhalle des Zementwerks hätten die Musikabende am 7. und 8. Februar 2020 über die Bühne gehen sollen. Einen entsprechenden Vertrag hatte die Stadtspitze im Dezember 2018 mit New Star geschlossen. Doch daraus wurde nichts: Die Stadt hatte es versäumt, sich die Aufführungstermine in der Festhalle verbindlich zu sichern – die beiden Kuba-Shows, bei denen die Stadt als örtlicher Veranstalter aufgetreten wäre, fielen ins Wasser.
Und somit ging es in der Aegidiushalle um zweimal 15.000 Euro plus 19 Prozent Mehrwertsteuer. Also um 35.700 Euro. Eine derartige Festgage war mit der New-Star-Agentur vereinbart worden und sollte dann im Zuge mit dem – dann ja beerdigten – Kulturkonzept verrechnet werden. Als "überplanmäßige Ausgabe" sollten diese Buena-Vista-Gagen nun bereitgestellt werden.
Dass diese Ausgaben wohl nicht so einfach durchgewinkt würden, kündigte sich bereits in der Bürgerfragestunde an. Ein Fragesteller wollte wissen, ob es denn rechtens sei, wenn augenscheinlich am Gemeinderat vorbei mit einer Konzertagentur fünfstellige Verträge abgeschlossen würden. Dies sei mit der städtischen Hauptsatzung vereinbar, lautete die kurze OB-Antwort.
Etwas offener wurde der Rathauschef, als der Tagesordnungspunkt selbst aufgerufen wurde. Da sprach er von einer "Fehlleistung, da gibt es nichts zu beschönigen". Er sei von zwei guten Konzerten für Leimen ausgegangen, sagte Reinwald, zumal sie risikofrei erschienen seien: Bei einem Kartenvorverkauf von gerade mal 60 Prozent wären alle Kosten abgedeckt gewesen. "Leider Gottes" wurde durch einen Fehler seitens der Verwaltung die Konzerthalle nicht reserviert, weshalb vertragsgemäß die vereinbarte Gage als Ausfallentschädigung zu zahlen sei. Auch wenn die Versicherung der Stadt bezüglich einer Kostenübernahme abgewinkt habe, so hoffe er, den Schaden für die Stadt minimieren zu können – sei es in Bezug auf die Schadenshöhe bei der New-Star-Agentur, sei es bei dem zuständigen städtischen Mitarbeiter, dessen private Haftpflichtversicherung vielleicht einspringen müsse. Reinwald: "Ich will mich in aller Form entschuldigen."
Die harsche Kritik aus den Reihen des Gemeinderats konnte diese Entschuldigung nicht bremsen. Und als sich in der Diskussion zunehmend abzeichnete, dass es für die überplanmäßigen 35.700 Euro keine Mehrheit geben würde, zog der OB vor der Abstimmung diese Position zurück. Es war Klaus Feuchter (FDP), der dieses Zurückziehen im Protokoll vermerkt wissen wollte.
Stand: Dienstag, 19. Mai 2020